Zigarren am Himmel

Von Mathias Schulenburg |
Bevor Flugzeuge zum Massentransportmittel wurden, besorgten Luftschiffe das aeronautische Passagiergeschäft in kleinem, aber feinem Rahmen. Die erste Gesellschaft, die diesen Luftverkehr im großen Stil zu organisieren versuchte, war die Deutsche Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft DELAG.
Eigentlich war die Gründung der Deutschen Luftschifffahrtsaktiengesellschaft
DELAG, der ersten Fluggesellschaft der Welt, am 16. November 1909 einer Pechsträhne zu verdanken, die so schwarz war, dass sie zu Kinderspott verführte:

„Zeppelin hin, Zeppelin her
Zeppelin hat kein Luftschiff mehr.
Zeppelin hoch, Zeppelin nieder,
Zeppelin hat sein Luftschiff wieder.
Zipp – Zapp – Zeppelin
‚s Luftschiff ist schon wieder hin.“


Nach dem Unglück von Echterdingen aber fand die deutsche Öffentlichkeit, Graf von Zeppelin habe nun genug gelitten und verschaffte ihm in einer einzigartigen Spendenaktion die Mittel, endlich praxistaugliche Luftschiffe zu bauen. Der Graf bedankte sich artig:

„Meine Luftschiffe werden bald zu den betriebssichersten Fahrzeugen zählen, mit welchen weite Reisen bei verhältnismäßig geringster Gefahren für Leib und Leben der Insassen ausführbar sind.“

Der Graf gründete die „Luftschiffbau Zeppelin GmbH“, und ein Jahr später trat die DELAG in Frankfurt am Main als Tochtergesellschaft ins Leben.

Die DELAG wollte mit ziviler Luftschifffahrt Geld verdienen und setzte den Aufbau eines innerdeutschen Flugnetzes in Gang. Zunächst wurde eine Reihe von Hangars und Landeflächen gebaut, unter anderem nahe Baden-Baden, Dresden, Frankfurt, Gotha, Düsseldorf, Leipzig, Potsdam. Ein Liniendienst aber kam nicht zustande; die DELAG beschränkte sich vielmehr auf die Organisation von Rundfahrten und beförderte dabei auf 1500 Flügen über 34.000 Passagiere, ohne dass es auch nur einen Verletzten gegeben hätte.

Totalausfälle aber hatte die DELAG durchaus: Schon beim zweiten Passagierflug ging das Luftschiff LZ-7, genannt Deutschland, wegen schlechten Wetters und eines Maschinenschadens über dem Teutoburger Wald zu Boden – ausgerechnet mit 20 Pressevertretern an Bord, die aber alle unversehrt blieben.

Dann kam der Erste Weltkrieg, und die inzwischen zahlreichen deutschen Zeppeline trugen keine Passagiere mehr, sondern Bomben nach London und Paris. Der erste Angriff auf London war mit 22 Toten und einem Sachschaden von zehn Millionen Goldmark zugleich der schlimmste. Die Flugzeuge der Kriegsgegner holten schließlich auf und machten die Luftschiffe unwirksam, indem sie sie mit Bordgeschützen in Brand schossen. Das war möglich, weil die Zeppeline hochentzündlichen Wasserstoff als Traggas enthielten und die Flugzeuge schließlich auch die großen Höhen erreichen konnten, die zuvor allein den Luftschiffen vorbehalten waren.

Nach dem Krieg versuchte die DELAG, ihre Aktivitäten mit neugebauten Luftschiffen wieder aufzunehmen, die allerdings als Reparation an Italien und Frankreich gingen.

1926 wurden die Bedingungen des Versailler Vertrages gelockert und das raffinierteste und erfolgreichste Luftschiff, über das die DELAG je verfügt haben sollte, wurde gebaut und in Betrieb genommen: das LZ-127, zu Ehren des inzwischen verstorbenen Pioniers Graf Zeppelin genannt. Dieses Luftschiff war so gut, dass es regelmäßige Atlantiküberquerungen unternehmen konnte – wenn auch nur mit jeweils 20 Passagieren, für deren Transport eine vierzigköpfige Mannschaft vonnöten war – auch eine Reise um die Welt in zwölfeinhalb Tagen gelang.

Doch dann fing Anfang Mai 1937 das Riesenluftschiff Hindenburg am amerikanischen Landeplatz Lakehurst Feuer und verbrannte. Das war das Ende der großen deutschen Luftschiffe. Auch LZ-127 Graf Zeppelin wurde danach aus dem Dienst genommen und zu einem Museum umgebaut. Damit war auch die DELAG am Ende.

Der Mythos aber lebt weiter, in Deutschland wie anderswo, denn die Geschichten von den Zigarren am Himmel – vom Krieg sprach man nicht –waren einfach zu schön. Sie hatten schließlich sogar Fenster, die man während der Fahrt öffnen konnte, um eine Meeresbrise einzulassen!