Zerstörerische Machtspiele

Von Christian Berndt |
Für seinen dritten Spielfilm "Unter dir die Stadt", der in der Frankfurter Hochfinanz spielt, hat Christoph Hochhäusler ausführlich unter Bankern recherchiert. Herausgekommen ist ein Beziehungsthriller, der von einer extrem abgehobenen Welt erzählt.
"Tut mir leid, dass ich am Telefon nicht konkreter werden konnte. – Auf jeden Fall haben Sie mich neugierig gemacht. – Wir planen einen großen strategischen Zukauf, der uns national zur Nummer Zwei macht und europaweit vom Volumen her unter die ersten Fünf bringen wird."

Hoch über den Dächern Frankfurts, hinter den gläsernen Fassaden der Wolkenkratzer, werden Entscheidungen von weltweiter Bedeutung getroffen. Die versammelten Top-Manager haben eine Macht, die man nicht sieht, die aber umso wirkungsvoller ist. Für den neuen Angestellten Oliver ist mit dem Job ein Traum in Erfüllung gegangen. Seine Frau Svenja allerdings fremdelt noch mit der Finanz-High-Society, zu der man nun Zugang hat:

"Da bist du ja. – Willst du irgendwie noch lange bleiben? – Wir sind doch gerade erst gekommen. Habt ihr euch nicht gut unterhalten? – Doch, doch. Die hat mich zu diesem Förderkreis eingeladen. – Ist doch super! – Das ist ein Ehefrauen-Abschiebebahnhof. – Ach Quatsch. Geht da ruhig mal hin, ist doch toll."

Der sterile Kultur-Schick der Frankfurter Finanzwelt ist nichts für Svenja, die Nicolette Krebitz so undurchdringlich wie unberechenbar spielt. Die junge Frau beginnt ausgerechnet eine Affäre mit Roland Cordes, dem Chef ihres Mannes.

"So groß bist du gar nicht. Schläfst du jetzt mit mir? Weißt du noch, wie das geht? – Ausziehen ist doch richtig, oder?"

Den reiferen Machtmenschen und die gelangweilte Ehefrau reizt das Spiel mit dem Feuer. Doch aus der Affäre der zwei kraftvollen Temperamente entwickelt sich ein selbstzerstörerischer Zweikampf. Christoph Hochhäusler inszeniert "Unter dir die Stadt" als Machtstudie einer Managerwelt, in der sich das so abstrakte wie irrationale Spiel der Finanzspekulation in einem Beziehungsdrama von geradezu archaischer Wucht entlädt: Um freie Bahn zu haben, versetzt Cordes Svenjas Mann auf einen gefährlichen Posten in Indonesien. Ein Job, der den Vorgänger das Leben gekostet hat:

"Stimmt es, dass du Oliver weggeschickt hast. – Es war nicht so, wie du denkst. – Wer bist du denn? – Jetzt hast du Angst vor mir. – Ich will dich nie wieder sehen."

Und doch schlafen die beiden wieder miteinander. Logik gibt es in dieser Welt der Wolfsmoral nicht – nur den Kampf: jeder gegen jeden:

"Ich hab keine Angst vor dir. – Das solltest du aber."

Linktipp:
"Getroffen haben wir uns mit Bankern aller Couleur" - Interview mit Regisseur Christoph Hochhäusler (DKultur)
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