Zeichnen mit dem Hochdruckreiniger

Von Martin Koch |
Saubermachen als Kunst - auf diese einfache wie ungewöhnliche Idee ist <papaya:link href="http://www.klaus-dauven.de" text="Klaus Dauven" title="Klaus Dauven" target="_blank" /> eher zufällig gekommen. Mit einem Hochdruckreiniger verwandelt der 41-Jährige schmutzige Flächen in Kunstwerke. Sein jüngstes und zugleich spektakulärstes Projekt: eine 3000-Quadratmeter-Zeichnung an der Oleftalsperre in der Eifel.
Bevor Klaus Dauven anfängt zu zeichnen, zieht er sich einen Overall und Gummistiefel an. Konzentriert richtet der durchtrainierte Mann mit den kurzen dunklen Haaren die Düse seines Hochdruckreinigers auf eine bemooste Hauswand. Mit dem rechten Fuß drückt er eine Schablone mit den Umrissen Afrikas gegen die Mauer und lässt den Wasserstrahl an den Kanten entlangfahren.

"Man muss eben drauf achten, dass der Wasserstrahl möglichst senkrecht da drauftrifft, weil sonst kann man hinter die Schablone geraten und dann wird die Kontur nicht mehr so scharf abgebildet."

Wenige Minuten später ist die Hauswand hell und sauber – bis auf den Rest von Moos und Flechten, gestochen scharf in der Form von Afrika.
Seit zehn Jahren hat sich Klaus Dauven dem "Zeichnen durch Saubermachen" verschrieben. Zuerst mit der Drahtbürste, später auch mit dem Hochdruckreiniger hinterließ er auf immer mehr Tunnelwänden, Schaltkästen und Betonpfeilern im Kölner Raum seine Anti-Graffiti. Bei der Frage, was denn die Behörden dazu sagen, grinst der 41-Jährige wie ein großer Junge und sagt:

"Ich hab nie gefragt – wenn man fragt, bekommt man Antworten, und dann kann's kompliziert werden. Aber mein Grundgedanke war, dass Saubermachen in Deutschland erlaubt ist oder erwünscht ist."

Vielleicht hat er auch deshalb noch nie Probleme von offizieller Seite bekommen, weil seine Werke vergänglich sind:

"Also ich hab Arbeiten, die sind nach zehn Jahren fast verschwunden, manche sind sogar nach einem Jahr schon wieder verschwunden. Aber das gehört dazu. Ich find das nicht besonders schade, ich find das eher interessant zu beobachten, was da passiert und im Normalfall erneuere ich die Arbeiten auch nicht."

Der Nachwelt erhalten bleiben sie trotzdem: durch professionelle Fotografien, die Klaus Dauven von allen seinen "Zeichnungen im Außenraum", wie er sie selber nennt, machen lässt. Die Fotos präsentiert er dann als Kataloge oder verkauft sie als großformatige Kopien. Sehr häufig verwendet er Motive aus der Natur – und das schon von Jugend an:

"Wir waren viel in den Ferien und haben viel in der Natur gemacht, Kanu fahren und so. Und ich denke mal, mein Faible für Natur, das ich heute in der Kunst auch habe, kommt auch aus der Erziehung oder Sozialisierung her."

Die größte Herausforderung seiner Karriere hat sich der Hochdruck-Künstler in diesem Frühjahr gestellt: eine 3000-Quadratmeter-Zeichnung auf der verwitterten Staumauer der Oleftalsperre in der Eifel!

"Der erste Tag war schon sehr aufregend, weil man auch überhaupt nicht wusste, ob die ganze Sache funktioniert, ob der Kontrast ausreicht und die Zeichnung überhaupt von unten gut zu sehen ist. Das war schon toll, vor allem, wo da ein Jahr Planung vor war und dann klar war: das wird jetzt was, dass man da tatsächlich ne Zeichnung hinmacht."

Bis zu 70 Meter hoch sind die einzelnen Motive, alles Tiere der Region: ein Bussard, ein Eichhörnchen, ein Reh – und ein röhrender Hirsch, wie er in vielen Wohnzimmern in der Eifel hängt. Diesen Seitenhieb auf seine gutbürgerliche Heimat konnte er sich einfach nicht verkneifen, sagt Klaus Dauven.

"Ich hätt jetzt auch keine andere Hirschsilhouette nehmen wollen, ich wollte den haben, um auch etwas Witz und Ironie da reinzubringen."

Ohne fachkundige Hilfe hätte er dieses Mammutprojekt nicht stemmen können: Ein Vermessungsbüro projizierte mit Lasergeräten Punkte auf die Mauer, an denen entlang Klaus Dauven die Konturen mit einem professionellen Hochdruckreiniger zeichnete. Beim Reinigen der großen Flächen halfen ihm dann zwei Industriekletterer. Bei der Aktion kam ihm seine Fähigkeit zum Teamwork zugute, die er schon im Elternhaus als zweiter von vier Söhnen gelernt hat:

"Nach dem ersten Tag war klar, dass das gut funktionieren würde und das hat mir persönlich sehr viel Spaß gemacht, weil Kunst sonst ein relativ einsames Geschäft ist."

Mit der Oleftalsperre hat er sich in der Kunstszene etabliert: Klaus Dauven – der Name steht für Zeichnen durch Saubermachen. Sein Großprojekt hat aber auch bei seiner 15-jährigen Tochter Johanna und dem 18 Jahre alten Sohn Max Wirkung gezeigt, erzählt er mit einem Schmunzeln:

"Kinder halten ihre Eltern ja immer für normal, für die war das mal ein Punkt zu merken, dass ich nicht normal bin, sondern dass nicht alle solche Sachen machen. Das haben die einmal verstanden und finden das toll, weil da auch viel für die mit dranhängt, so Pressegeschichten, dann sind die immer stolz."

Und staunen immer wieder, welche Reinigungsgeräte ihr experimentierfreudiger Vater sonst noch für seine Zeichnungen zweckentfremdet:

"Ein kleines Medikamentenröhrchen hab ich hier, das verkleinert eben den Querschnitt der Düse, oder ich hab hier nen Lampenschirm und nen Kochtopf, aufgebohrt und dann solche Staubsauger-Adapter anmontiert mit Klebeband, damit ich dann die Strukturen absaugen kann."

Und wenn Staubsauger und Hochdruckreiniger mal gerade nicht zur Hand sind, nimmt Klaus Dauven die Wattestäbchen aus dem Kosmetikkoffer und zeichnet den Figuren auf verdreckten Verkehrsschildern Gesichter und Kleidung. Wenn er schnell genug ist ..:

"Ich hatte in Köln mal ein blaues Schild mit nem Reiter, komplett verdreckt, und hab dann aber viel zu lange gewartet, und dann hat die Reitervereinigung oder die den Weg betreuen, das Schild saubergemacht, und zwar komplett saubergemacht – und da war ich wirklich richtig unglücklich, das war wirklich übel."