Zeichen setzen mit Musik

Von Alexander Göbel · 27.11.2012
Sie galten lange als musikalische Rivalen: Alpha Blondy und Tiken Jah Fakoly, zwei der größten Reggae-Musiker Afrikas. Jetzt war es ausgerechnet die Politik, die die beiden wieder zusammengeführt hat, denn ihre Heimat, die Elfenbeinküste, durchlebte mit einem vergifteten Wahlkampf und anschließendem Bürgerkrieg eine harte Zeit. Gemeinsam haben sich die Musiker nun auf die Bühne gestellt.
"Es ist Zeit für Versöhnung. Zeit, um eine Nation zu schaffen - wir haben keine Zeit mehr für Hass oder Rache."

Tiken Jah Fakoly und Alpha Blondy singen gemeinsam vom Frieden: Die zwei Reggae-Giganten der Elfenbeinküste schreiben Musikgeschichte.

"Ich hätte niemals Versöhnung predigen können, bevor Alpha und ich uns nicht ausgesprochen und uns die Hand gegeben haben. Das haben wir jetzt endlich geschafft. Nur so konnten wir die Menschen dazu auffordern, das auch zu tun!"

Lange Jahre waren sich die beiden Musiker spinnefeind. Alpha Blondy galt als Unterstützer von Ex-Präsident Laurent Gbagbo. Tiken Jah Fakoly warb für dessen Widersacher Alassane Ouattara. 2002 musste Tiken Jah Fakoly ins Exil nach Mali fliehen, der Bürgerkrieg brach aus, das Land zerfiel in Nord und Süd. Jahrelang lieferten sich auch die beiden Reggae-Stars einen "Krieg der Worte", beschimpften sich als Heuchler und Opportunisten. Ein tiefer Riss ging durch die Côte d'Ivoire, und er hatte auch die Musikszene erfasst.

Auf dem Tiefpunkt ist die Elfenbeinküste im Frühjahr 2011. Nach der Präsidentschaftswahl will der unterlegene Gbagbo den Weg für seinen Nachfolger Ouattara nicht freimachen: Mehr als 3000 Menschen sterben in wochenlangen Gefechten. Bis heute ist der Hass zwischen Gbagbos und Ouattaras Lager noch immer groß: Grund genug für die Musiker der Elfenbeinküste, endlich ein Zeichen zu setzen: mit einer Karawane der Versöhnung, einer Megatour mit Bands wie Magic System und Meivay - mit zwei großen Namen: Alpha Blondy und Tiken Jah Fakoly. Der Musikjournalist Lucien Mambo:

"Klar, uns war bewusst, dass da zwei Musik-Giganten der Elfenbeinküste aufeinandertrafen, und wir waren gespannt, was passieren würde. Sie haben tatsächlich ihr Kriegsbeil begraben und sich die Hand gegeben - ein wichtiges Symbol für alle Ivorer. Die Menschen müssen nun selbst Frieden schließen - und ich meine nicht irgendwelche Lippenbekenntnisse, sondern Frieden, der von Herzen kommt."
Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Der von Präsident Ouattara eingesetzten Wahrheits- und Versöhnungskommission wirft das Gbagbo-Lager vor, nicht neutral zu sein, und während Gbagbo in einer Zelle in Den Haag auf seinen Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof wartet, kommt es in seiner Heimat weiter zu Gewalt und Polizeiwillkür. Trotz allem - oder gerade deswegen: Tiken Jah Fakoly glaubt an die Kraft der Musik. Wenn er sich mit seinem Ex-Erzfeind versöhnen kann - dann können das die anderen auch:

"Kultur spielt doch eine große Rolle! Alle hören Musik, und darüber erreichen wir einfach die Menschen. Man vertraut uns, weil wir etwas zu sagen haben, weil wir glaubwürdig sind, wenn wir von Versöhnung reden. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten. Denn ohne Versöhnung gibt es in diesem Land auch keine Entwicklung."

Links auf dradio.de:

Strom & Wasser feat. The Refugees - Bandchef Heinz Ratz hat junge Musiker in der Flüchtlingsunterkunft gefunden
Tiken Jah Fakoly
Tiken Jah Fakoly© picture alliance / dpa / Frederic Delhay
Mehr zum Thema