Zehn Jahre Nichtraucherschutzgesetz

Raucher in der Defensive

Der Rauch einer brennenden Zigarette aufgenommen am 19.11.2015 in Lauingen.
Gesundheitsrisiko Rauchen © dpa / Karl-Josef Hildenbrand
Dirk Schindelbeck im Gespräch mit Katrin Heise · 30.06.2018
Seit zehn Jahren gilt deutschlandweit ein strenger Nichtraucherschutz. Auch Jugendliche greifen immer seltener zum Glimmstengel. Wer heute raucht, müsse hartgesotten sein, sagt der Kulturwissenschaftler Dirk Schindelbeck.
"Nikotin macht Küsse so sexy" – mit solchen Slogans kämpfte die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung schon in den 70er-Jahren gegen ungezügelten Tabakkonsum. Doch erst vor zehn Jahren, am 1. Juli 2008, trat deutschlandweit das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft.
Seither ist nicht nur die Luft in allen öffentlichen Gebäuden, Restaurants und auch vielen Kneipen erheblich besser. Auch hat sich in der Altersgruppe der Zwölf- bis Siebzehnjährigen die Zahl der Neu-Raucher drastisch reduziert: Nur noch sieben Prozent der Teenager greifen zur Zigarette.

Die Zigarette ist kein Initiationsritus mehr

Der Kulturwissenschaftler und Ex-Raucher Dirk Schindelbeck hat sich im Rahmen des Forschungsprojekts "PolitCigs: Die Kulturen der Zigarette und die Kulturen des Politischen" ausführlich mit dem Image des Rauchens in der Geschichte befasst. Das Rauchen habe heute seine frühere Bedeutung als Initiationsritus in die Erwachsenenwelt verloren, sagte Schindelbeck im Deutschlandfunk Kultur.
Seit den 70er-Jahren wurden die Werbemöglichkeiten für Tabak und Zigaretten zusehends eingeschränkt. Seitdem falle es der Tabakindustrie auch immer schwerer, eine positive Imagepolitik zu betreiben, so Schindelbeck:
"Heute gibt es nur noch Plakatwerbung, alles andere darf ja nicht mehr sein. Wenn Sie sich alte Zeitschriften anschauen – die sind ja im Grunde von vorne bis hinten voll mit Zigarettenwerbung. Wenn Sie einen 'Stern' oder einen "Spiegel' aus dieser Zeit aufschlagen, stoßen sie auf mindestens sechs, sieben, zehn Zigarettenwerbungen. Die stachen heraus, die waren sehr bunt, die waren sehr teuer – die haben auch Lebensgefühl vermittelt."

Raucher müssen heute hart gesotten sein

Das war einmal. Das Gesamtpaket aus gesetzlichen Verboten und abschreckenden Fotos auf den Zigarettenpackungen zeige heute starke Wirkung, sagt Schindelbeck. Angesichts einer immer stärkeren Einschränkung der Orte, an denen geraucht werden dürfe, habe sich die Situation der offensiv Rauchenden in eine Defensivposition verkehrt. Um sich davon nicht beeindrucken zu lassen, müsse man als Raucher "schon sehr hartgesotten sein und sehr, sehr von der Sucht abhängig."
(mkn)
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