Zehn Jahre Dresdner Sinfoniker

24.10.2008
Seit ihrer Gründung vor 10 Jahren sorgen die Dresdner Sinfoniker immer wieder mit spektakulären Projekten für Aufsehen. Ob sie etwa das Orchester mit den Pet Shop Boys auf den Balkonen eines Hochhauses platzieren, Rammstein-Songs in ein orchestrales Gewand kleiden oder einen Abend mit Musik aus Mittelasien oder dem Orient bestreiten - die Dresdner Sinfoniker sind Garant für Überraschungen.
Gegründet wurde das Orchester von engagierten Musikern, die neue Zugänge zur Neuen Musik schaffen möchten, eine Verbindung von Klassik, Jazz, Pop und Rock anpeilen - oberflächliche Fusionen und Kompromisse sind dabei ausgeschlossen. Die Sinfoniker sehen sich erst am Anfang einer großen Entwicklung, die auf multimediale Themen abzielt und auf eine dichte internationale Vernetzung setzt.

Jens-Uwe Sommerschuh schrieb über das Jubilkäumskonzert vom 6. September in der Sächsischen Zeitung:
"... Ihre Heim-Auftritte vereinen stets große Teile der hiesigen Band-, Bühnen- und Kunstszene, und auch wer kein Stammhörer zeitgenössischer Musik ist, fremdelt hier nicht, sondern ist neugierig offen und ergötzt sich am Detail - am Sonnabend die mit Beifall nicht geizende Mehrheit. Als die Ü-Technik ausgestöpselt und abgeräumt ist, geht es ans Eingepackte. Zunächst gibt es 'Excantare fruges' von Torsten Rasch, das 'Aussingen der Früchte'. Rasch, bekannt durch seine Rammstein-Orchester-Arrangements, hat hier altägyptische Rituale verarbeitet. Folgen von Terzen, Ganz- und Halbtonschritten verdichten sich zu Klangballungen, die aufgehen wie Hefeteig und schrumpfen wie Hoffnungen. Dirigent Olari Elts, in Fleisch und Blut und Frack zugegen, zelebriert mit den hellwachen Sinfonikern die Dynamik von Werden und Vergehen. Was ewigen Atem birgt, lässt sich auch in Kürze sagen. Fortan knistert es im Saal. Es folgt mit 'Noctámbulos' die von Enrico Chapela für diesen Anlass notierte Orchester-und-Rockband-Version seiner Kammersuite 'Lo nato es neta'. Der wilde Groove aus Percussion, Bläsern und Streichern ist suggestiv, zuweilen brachial. Schub und Sog wechseln unstet, selbst die Musiker scheinen von den Wellen, die sie aufwerfen, hin- und hergerissen. In den Tutti verwirbeln die Bläser die schemenhaften Strukturen derart, dass sich im Publikum diffuse Sehnsucht breitmacht nach Sanftheit, die sich nicht einlöst, oder nach Rückkehr fester Rhythmen, und da kann geholfen werden. Doch dann gellt Jens Leglers E-Gitarre, als brenne das Zappa-Zimmer eines 70er-Jahre-Museums. Klangliches Glanzstück des Abends ist Erkki-Sven Tüürs Sinfonie Nr. 5 für Bigband und Orchester. Keiner muss Tüürs mathematische Codes kennen, um zu spüren, dass hier nichts willkürlich gesetzt ist. Silbrige Streicherschichtungen eröffnen weite Ebenen, die ein Karnevalszug des Bigbandblechs kreuzt, bevor der Gitarrist unter Strom seinen Merlins-Tanz hinzappelt. Auch hier ein Hauch von Ironie: Wenn endlich die ölige, bröcklige Phrasierung der E-Gitarre verstummt, klingen die Streicher wie neugeboren, zart und rein. Sag ich doch, denkt der Schöpfer. Tüürs Sinfonie fordert sinnliches, intelligentes Lichtspiel und treibt das grandiose Ensemble in Grenzbereiche. Das Orchester ist der Star, illuster sind seine Gäste."



Kulturpalast Dresden
Aufzeichnung vom 6.9.2008

"10 Jahre Dresdner Sinfoniker"


Torsten Rasch
"excantare fruges" für Orchester

Enrico Chapela
"Noctámbulos", Konzert für Rocktrio und Orchester (Uraufführung)

ca. 21 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Erkki-Sven Tüür
Sinfonie Nr. 5 für Big Band und Orchester

Jens Legler, E-Gitarre
Jesús Lara, Bassgitarre
Luis Miguel Costero, Drums
Berlin Jazz Orchestra
Dresdner Sinfoniker
Leitung: Olari Elts