Zaubergärten und Zeitgenössisches
Von Zäunen und Hecken bis zum Zaubergarten, vom Garten als Labor bis zur Dschungelwelt: Mit der zeitgenössischen Kunstausstellung "Garten Eden" präsentiert sich die erweiterte <papaya:link href="http://www.kunsthalle-emden.de" text="Kunsthalle Emden" title="Kunsthalle Emden" target="_self" />. Nach 20 Monaten Umbauzeit sind dort nun die Stiftung Henri und Eske Nannan und die Schenkung Otto van de Loo vereint.
Zum Auftakt in den grauen Wintermonaten verwandelt die Schau "Garten Eden - Der Garten in der Kunst seit 1900" das schneeweiße Haus bis zum 30. März in ein Paradies der Farben. Erstmals unternimmt nun eine Ausstellung eine ausgedehnte Wanderung durch den Garten in der Kunst vom Beginn der Klassischen Moderne bis in die unmittelbare Gegenwart.
Sie vereint 200 Werke von rund 106 internationalen Künstlern aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Fotografie, Videokunst und Installation zu einem repräsentativen Überblick. Unter den Künstlern finden sich ebenso berühmte Klassiker wie Paul Cézanne, Claude Monet, Max Liebermann oder Paul Klee als auch Künstler jüngerer Generationen wie David Hockney, Fischli und Weiss, Lee Friedlander oder Stan Douglas. Alle gemeinsam frönen sie im Verein mit dem Publikum der Devise des Gartenarchitekten Dieter Kienast: "Der Garten ist der letztes Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am seltensten und kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum."
Henri Nannen, als Herausgeber der Illustrierten "Stern" Meinungsmacher der Republik, war in mancher Hinsicht ein großer Mann - nicht nur, was die Auflage seiner Blätter betraf. In seiner Geburtsstadt Emden allerdings machte er davon nicht viel her, gab sich hanseatisch bescheiden - und band niemandem auf die Nase, dass er erlesene Kunst sammelte.
"1986 baute Henri Nannen ein Haus für seine Bilder, und das fügte sich wunderbar in die Bebauung ein. Das wurde dann im Jahr 2000 in der Ausstellungsfläche verdoppelt. Das erzeugte natürlich städtebaulich Probleme, Probleme mit der Nachbarschaft. Das führte zu einem Baustopp von etwa einem Jahr."
Im Rückblick markiert Axel Venneberg das rasante, nicht immer problemlose Wachstum der Nannen-Stiftung, die ganz schlicht "Kunsthalle Emden" heißt. Der Architekt, im Büro seines Lehrmeisters Friedrich Spengelin bereits bei der Errichtung des Bilderhauses mit von der Partie, verantwortet nun den jüngsten Entwicklungssprung hin zum Museum mit internationalen Standards, nicht nur, wenn es um Klimatisierung und konservatorische Vorgaben, also um bloße Technik geht:
"Wir haben durch das gläserne Foyer ein Schaufenster zur Stadt und wir holen die Stadt auch hinein, genauso, wie wir jetzt auch das Ende der Fußgängerzone mit diesem Panorama krönen. Die Hahn’sche Insel ist mittlerweile zu einem Skulpturenpark geworden und das wird städtebaulich und auch räumlich ein kultureller Treff werden."
Das enorm vergrößerte, aber eben auch sehr transparente Gebäude wird auch jene Nachbarn überzeugen, die den anheimelnden Charakter der Wohngegend gefährdet sahen. Und das Publikum strömte ohnehin immer zahlreicher in die Kunsthalle im hohen Norden. Viele schätzten gerade die intime Atmosphäre einer Privatsammlung, die nicht zuletzt durch niedrige Decken und verwinkelte Räume betont wurde. Nun ist alles anders, der Rundgang beginnt in einem lichten Foyer unter zwei großen Pultdächern mit meterhohen Panoramafenstern:
"Wir haben da in den letzten Tagen wunderbare Kumuluswolken auf blauem Grund gehabt. Das ist wirklich wie ein gerahmter Himmel dieses riesige Fenster."
Für Nils Ohlsen, den künstlerischen Leiter, scheinen paradiesische Zustände anzubrechen: Mit einer großen Schau zum Thema "Garten Eden" eröffnet er die neu gestaltete Kunsthalle. Auf Handzetteln, Plakaten und als Umschlagmotiv des Katalogs prangen vor dezent dunklem Hintergrund allerlei Tulpen - das meterhohe Original der Brasilianerin Luzia Simons eröffnet direkt unter der himmelhohen Aussicht den Ausstellungsreigen. Als sinnreiche Anspielung auf Emdens kulturelle Glanzzeit um 1700:
"Wo es ja diese Tulpenmanie gab im 17. Jahrhundert, heute sind das industriell gezüchtete Pflanzen. Da sind also wirklich zwei Eckpunkte gezeigt. Es sind eingescannte Blumen, die auf einem hochauflösenden Scanner drapiert wurden. Sie sehen aus wie ein klassisches Barockgemälde, wie ein Brueghel. Es sind aber wirklich High-Tech-Resultate."
Mit High-Tech im Gebäude kann Ohlsen, der bereits erfolgreiche Einzelausstellungen zu Slevogt oder Munch verantwortete, nun so richtig mitmischen im internationalen Leihverkehr. In solch einem Museum wird "Garten Eden" auch zur Metapher für ungebärdige Fülle, für Überfluss an Fläche, die bespielt sein will. Vor allem die Fotografie als zeitgenössische Kunst drängt sich in den Vordergrund, droht, viele der ebenfalls vertretenen Garten-Klassiker wie die Maler Pissaro, Monet, Liebermann und selbst kleine Kostbarkeiten eines Paul Klee in den Schatten zu stellen. Aber das hat Methode:
"Fotos von Künstlerinnen wie Rosemary Laing sind heute einfach mindestens zwei Meter breit. Und Videoinstallationen, die wir hier auch zeigen sind bis zu neun Meter breit. Das Format wird offenbar immer größer - aber ich denke, das kommt dem Thema ’Garten’ entgegen. Der Garten ist im Grunde das größte Kunstformat, was es vielleicht neben den Pyramiden überhaupt gibt."
Rosemary Laing kommt aus Brisbane in Australien, zählt zu jenen jungen Künstlern, deren Namen die Kuratoren selbst vor Jahresfrist nicht kannten. Auch das dem Thema "Garten" geschuldet:
"Vor zwanzig, dreißig Jahren hätte wahrscheinlich niemand einen Schrebergarten freiwillig beackert. Heute ist das in Berlin wieder richtig in, Akademikerfamilien und so weiter stehen Schlange nach diesen kleinen Parzellen."
Denn im Grünen findet sich, wie auch auf idyllischen Gemälden eines Heinrich Vogeler oder auf den skurrilen Selbstinszenierungen des Fotografen Lee Friedlander, immer irgendein Schlüssel für das Verständnis der gar so verwirrenden Gegenwart:
"Der Garten ist, das habe ich den letzten Jahren bei der Vorbereitung gemerkt, im Grunde ein Zeitgeist-Thema: Garten wird heute als Modell benutzt für Gesellschaft, für urbane Strukturen, für den Umgang mit unseren Ressourcen, unseren Flächen."
Der langsam, doch beharrlich gedeihende Garten war auch ein Leitbild für die langwierige Vorbereitung dieser Schau mit immerhin 200 Werken von über 100 Künstlern:
"Wir sind zwei fest angestellte Kunsthistoriker und eine Volontärin. Also, zu dritt hat man da schon sehr viel Arbeit, man muss sehr viel Idealismus mitbringen."
Und natürlich auch ein Konzept: Von "Zäunen und Hecken" bis zum "Zaubergarten", vom Garten als Labor oder Archiv bis hin zur Konfrontation des gefährlichen Dschungels mit dem gefälligen Paradies reicht die Palette der manchmal fast allzu eifrig illustrierten Themen. Interessant natürlich vor allem die "Dritte Natur", denn diese Überformung durch künstlerische Eingriffe betrifft ja auch das eigene Haus, die jüngste Arbeit des Architekten:
"Es hat natürlich dazu geführt, dass die Keimzelle, die Henri Nannen damals gelegt hat, in einer einfachen Bauweise, die sich an skandinavischen Elementen orientierte, überformt wurde. Durch weiße Flächen, durch interessante, flutende Räume, so dass eine Einheit, ein Raumkontinuum entstand. Wir haben da lange drüber nachgedacht, Frau Nannen und ich. Und wir haben gesagt: Henri Nannen hätte auch diesen Schritt getan, er wäre nicht stehengeblieben. Henri Nannen war wirklich einer, der am Puls der Zeit war - und er hat immer nach vorne gedacht."
Sie vereint 200 Werke von rund 106 internationalen Künstlern aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Fotografie, Videokunst und Installation zu einem repräsentativen Überblick. Unter den Künstlern finden sich ebenso berühmte Klassiker wie Paul Cézanne, Claude Monet, Max Liebermann oder Paul Klee als auch Künstler jüngerer Generationen wie David Hockney, Fischli und Weiss, Lee Friedlander oder Stan Douglas. Alle gemeinsam frönen sie im Verein mit dem Publikum der Devise des Gartenarchitekten Dieter Kienast: "Der Garten ist der letztes Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am seltensten und kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum."
Henri Nannen, als Herausgeber der Illustrierten "Stern" Meinungsmacher der Republik, war in mancher Hinsicht ein großer Mann - nicht nur, was die Auflage seiner Blätter betraf. In seiner Geburtsstadt Emden allerdings machte er davon nicht viel her, gab sich hanseatisch bescheiden - und band niemandem auf die Nase, dass er erlesene Kunst sammelte.
"1986 baute Henri Nannen ein Haus für seine Bilder, und das fügte sich wunderbar in die Bebauung ein. Das wurde dann im Jahr 2000 in der Ausstellungsfläche verdoppelt. Das erzeugte natürlich städtebaulich Probleme, Probleme mit der Nachbarschaft. Das führte zu einem Baustopp von etwa einem Jahr."
Im Rückblick markiert Axel Venneberg das rasante, nicht immer problemlose Wachstum der Nannen-Stiftung, die ganz schlicht "Kunsthalle Emden" heißt. Der Architekt, im Büro seines Lehrmeisters Friedrich Spengelin bereits bei der Errichtung des Bilderhauses mit von der Partie, verantwortet nun den jüngsten Entwicklungssprung hin zum Museum mit internationalen Standards, nicht nur, wenn es um Klimatisierung und konservatorische Vorgaben, also um bloße Technik geht:
"Wir haben durch das gläserne Foyer ein Schaufenster zur Stadt und wir holen die Stadt auch hinein, genauso, wie wir jetzt auch das Ende der Fußgängerzone mit diesem Panorama krönen. Die Hahn’sche Insel ist mittlerweile zu einem Skulpturenpark geworden und das wird städtebaulich und auch räumlich ein kultureller Treff werden."
Das enorm vergrößerte, aber eben auch sehr transparente Gebäude wird auch jene Nachbarn überzeugen, die den anheimelnden Charakter der Wohngegend gefährdet sahen. Und das Publikum strömte ohnehin immer zahlreicher in die Kunsthalle im hohen Norden. Viele schätzten gerade die intime Atmosphäre einer Privatsammlung, die nicht zuletzt durch niedrige Decken und verwinkelte Räume betont wurde. Nun ist alles anders, der Rundgang beginnt in einem lichten Foyer unter zwei großen Pultdächern mit meterhohen Panoramafenstern:
"Wir haben da in den letzten Tagen wunderbare Kumuluswolken auf blauem Grund gehabt. Das ist wirklich wie ein gerahmter Himmel dieses riesige Fenster."
Für Nils Ohlsen, den künstlerischen Leiter, scheinen paradiesische Zustände anzubrechen: Mit einer großen Schau zum Thema "Garten Eden" eröffnet er die neu gestaltete Kunsthalle. Auf Handzetteln, Plakaten und als Umschlagmotiv des Katalogs prangen vor dezent dunklem Hintergrund allerlei Tulpen - das meterhohe Original der Brasilianerin Luzia Simons eröffnet direkt unter der himmelhohen Aussicht den Ausstellungsreigen. Als sinnreiche Anspielung auf Emdens kulturelle Glanzzeit um 1700:
"Wo es ja diese Tulpenmanie gab im 17. Jahrhundert, heute sind das industriell gezüchtete Pflanzen. Da sind also wirklich zwei Eckpunkte gezeigt. Es sind eingescannte Blumen, die auf einem hochauflösenden Scanner drapiert wurden. Sie sehen aus wie ein klassisches Barockgemälde, wie ein Brueghel. Es sind aber wirklich High-Tech-Resultate."
Mit High-Tech im Gebäude kann Ohlsen, der bereits erfolgreiche Einzelausstellungen zu Slevogt oder Munch verantwortete, nun so richtig mitmischen im internationalen Leihverkehr. In solch einem Museum wird "Garten Eden" auch zur Metapher für ungebärdige Fülle, für Überfluss an Fläche, die bespielt sein will. Vor allem die Fotografie als zeitgenössische Kunst drängt sich in den Vordergrund, droht, viele der ebenfalls vertretenen Garten-Klassiker wie die Maler Pissaro, Monet, Liebermann und selbst kleine Kostbarkeiten eines Paul Klee in den Schatten zu stellen. Aber das hat Methode:
"Fotos von Künstlerinnen wie Rosemary Laing sind heute einfach mindestens zwei Meter breit. Und Videoinstallationen, die wir hier auch zeigen sind bis zu neun Meter breit. Das Format wird offenbar immer größer - aber ich denke, das kommt dem Thema ’Garten’ entgegen. Der Garten ist im Grunde das größte Kunstformat, was es vielleicht neben den Pyramiden überhaupt gibt."
Rosemary Laing kommt aus Brisbane in Australien, zählt zu jenen jungen Künstlern, deren Namen die Kuratoren selbst vor Jahresfrist nicht kannten. Auch das dem Thema "Garten" geschuldet:
"Vor zwanzig, dreißig Jahren hätte wahrscheinlich niemand einen Schrebergarten freiwillig beackert. Heute ist das in Berlin wieder richtig in, Akademikerfamilien und so weiter stehen Schlange nach diesen kleinen Parzellen."
Denn im Grünen findet sich, wie auch auf idyllischen Gemälden eines Heinrich Vogeler oder auf den skurrilen Selbstinszenierungen des Fotografen Lee Friedlander, immer irgendein Schlüssel für das Verständnis der gar so verwirrenden Gegenwart:
"Der Garten ist, das habe ich den letzten Jahren bei der Vorbereitung gemerkt, im Grunde ein Zeitgeist-Thema: Garten wird heute als Modell benutzt für Gesellschaft, für urbane Strukturen, für den Umgang mit unseren Ressourcen, unseren Flächen."
Der langsam, doch beharrlich gedeihende Garten war auch ein Leitbild für die langwierige Vorbereitung dieser Schau mit immerhin 200 Werken von über 100 Künstlern:
"Wir sind zwei fest angestellte Kunsthistoriker und eine Volontärin. Also, zu dritt hat man da schon sehr viel Arbeit, man muss sehr viel Idealismus mitbringen."
Und natürlich auch ein Konzept: Von "Zäunen und Hecken" bis zum "Zaubergarten", vom Garten als Labor oder Archiv bis hin zur Konfrontation des gefährlichen Dschungels mit dem gefälligen Paradies reicht die Palette der manchmal fast allzu eifrig illustrierten Themen. Interessant natürlich vor allem die "Dritte Natur", denn diese Überformung durch künstlerische Eingriffe betrifft ja auch das eigene Haus, die jüngste Arbeit des Architekten:
"Es hat natürlich dazu geführt, dass die Keimzelle, die Henri Nannen damals gelegt hat, in einer einfachen Bauweise, die sich an skandinavischen Elementen orientierte, überformt wurde. Durch weiße Flächen, durch interessante, flutende Räume, so dass eine Einheit, ein Raumkontinuum entstand. Wir haben da lange drüber nachgedacht, Frau Nannen und ich. Und wir haben gesagt: Henri Nannen hätte auch diesen Schritt getan, er wäre nicht stehengeblieben. Henri Nannen war wirklich einer, der am Puls der Zeit war - und er hat immer nach vorne gedacht."