Zweifel an Naidoos Abkehr von Rechts

"Ein Ausstiegsprozess ist lang"

06:42 Minuten
Der Sänger Xavier Naidoo singt mit dunkler Sonnenbrille im Gesicht live beim Giessener Kultursommer 2019 in ein Mikrofon.
Xavier Naidoo gibt sich geläutert. Aber wie viel innere Überzeugung steckt wirklich hinter seiner per Video verbreiteten Abkehr von Rechten und Verschwörungsideologen? © picture alliance / Kadir Caliskan
Jan Riebe im Gespräch mit Gesa Ufer · 20.04.2022
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Nach Jahren des Abdriftens nach rechts und der zunehmenden Radikalisierung hat Xavier Naidoo nun in einem Video Abbitte geleistet. Der Rechtsextremismusexperte Jan Riebe findet die plötzliche Distanzierung des Musikers nicht glaubhaft – und sehr unkonkret.
Xavier Naido hat sich über Jahre hinweg radikalisiert, sich homophob und antisemitisch geäußert. Er war auf Demos von Reichsbürgern präsent und schlug sich auf die Seite von Corona-Leugnern, verbreitete gar selbst Verschwörungsmythen.
Damit soll nun Schluss sein. In einem dreiminütigen Video leistet der Musiker Abbitte: Er habe sich verrannt, sei instrumentalisiert worden. Der furchtbare Krieg in der Ukraine habe ihn dazu gebracht, einiges zu überdenken. Tatsächlich stammen Naidoos Frau und deren Familie aus der Ukraine.

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Abgesehen von einer persönlichen Betroffenheit: Diese plötzliche Distanzierung eines Verschwörungsideologen nach Jahren der Radikalisierung verblüfft nicht nur seine (rechten) Fans.

Skepsis gegenüber Naidoos Abbitte

Auch der Rechtsextremismusexperte Jan Riebe zeigt sich einigermaßen erstaunt über Naidoos Videobotschaft. Der Bildungsreferent der Amadeu Antonio Stiftung ist skeptisch, ob tatsächlich eine ernsthafte Umkehr dahintersteckt – oder ob Naidoo sich damit nicht einfach nur das Entree für seine Rückkehr auf die Konzertbühnen verschaffen will.

Der Journalist und Buchautor Andreas Speit ist ebenfalls überrascht von Xavier Naidoos weltanschaulicher Kehrtwende. Allerdings hält er es für möglich, dass der Musiker in der aktuellen Situation tatsächlich etwas zur Besinnung gekommen sein könnte - nicht zuletzt, weil er mit einer Ukrainerin verheiratet ist und ablehnt, was in der Putin-Versteher-Blase verbreitet wird.

In diesem Milieu habe Naidoo sich selbst bis vor kurzem noch bewegt, betont Speit. Und es bleibe abzuwarten, wie ernst es ihm tatsächlich mit einer nachhaltigen Distanzierung sei.

Denn: Wer ernsthaft aus der rechten Ecke aussteigen wolle, vollziehe diesen Prozess erfahrungsgemäß in kleinen Schritten, reflektiert und das über mehrere Jahre, betont Riebe: „Ein Ausstiegsprozess aus antisemitischen Weltvorstellungen ist lang.“

Plötzliche Läuterung ist wenig glaubhaft

Und: „Ich fürchte oder bin mir eigentlich sicher, dass er immer noch Verschwörungsideologe ist und auch noch die antisemitischen Positionen vertritt, die er noch vor ein paar Monaten vertreten hat.“
Vor diesem Hintergrund sei ein Ausstieg oder eine Art Läuterung nicht glaubhaft, auch wenn der Ukrainekrieg Naidoo sicherlich dazu gebracht habe, genauer auf Positionen und Meinungen dazu von (ehemaligen) Freunden und Wegbegleitern zu schauen.

Er bleibt unkonkret

Was Jan Riebe an Naidoos Wortwahl im Video stört: Er bleibe unkonkret, sage nicht, wo genau er sich verrannt habe und inwiefern er instrumentalisiert worden sei. „Damit schafft er keine Fakten.“ Riebe ist überzeugt: „Er kann damit leicht wieder zurückrudern und auch wieder in die Szene zurückkommen.“
(mkn)

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