Wunsch nach Helden in der Politik

"Klassisch männlich konnotiert"

Emmanuel Macron beim französischen Nationalfeiertag am 14. Juni 2017 blickt aus seiner Staats-Limousine
Emmanuel Macron beim französischen Nationalfeiertag: Er ist momentan der Superheld der französischen Politik © Picture Alliance / Dpa / Denis Allard
Jenny Friedrich-Freksa im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
Helden haben Konjunktur, sagt die Kulturjournalistin Jenny Friedrich-Freksa. Sie deutet das Heldenbedürfnis - auch in der deutschen Politik - als Zeichen der Unsicherheit. Und wirklich nachhaltig wirkten Helden im Übrigen auch nicht.
Macron in Frankreich, Kurz in Österreich, Lindner und die FDP: Drei erfolgsverwöhnte Männer, die sich ein bisschen größer machen und wirken als sie eigentlich sind. Und viele im Publikum goutieren das.
In Ländern, in denen es Gleichheit und Demokratie gebe, würden Helden eigentlich weniger gebraucht, sagt die Kulturjournalistin Jenny Friedrich-Freksa im Deutschlandfunk Kultur. Trotzdem nehme das Helden-Bedürfnis zu.
Das politische Heldentum ist Friedrich-Freksa zufolge "klassisch männlich konnotiert". Populistische Politiker seien kämpferisch, laut und stark - und das Bedürfnis nach ihnen ein Zeichen von Unsicherheit in der Bevölkerung. Frauen würden bei so einem Verhalten im Übrigen sehr schnell kritisiert.
Merkel steht auf der Bühne und spricht zu den Delegierten. Sie ist aus der Ferne fotografiert, der Blick auf sie wird durch die Schatten von Zuschauern eingeschränkt.
CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag in Berlin: Anti-Heldin im Rampenlicht© AFP/Stefanie LOOS
"Angela Merkel ist das Gegenteil", sagte Friedrich-Freksa. Sie suche nach Breite und Konsens. "Nicht-Heldentum" sei nachhaltiger, so die Kulturjournalistin. Und letztlich erfolgreicher. Denn es böte die Möglichkeit, viele Leute einzubinden, "die unterschiedlich denken". Darum käme man auch kaum herum: Weder in der eigenen Familie noch in einer Demokratie.

Des einen Held, des anderen Schurke

Warum streben dann Politiker überhaupt noch den Helden-Status an? Weil man damit "kurzfristig sehr erfolgreich sein" könne, sagte Friedrich-Freksa. Es könne einen Einzelnen sehr schnell "hochziehen", sei aber als Modell für Demokratien nicht wirklich "funktionsfähig".
Einer, der in die Helden-Richtung "schielt", ist für sie der designierte Gesundheitsminister Jens Spahn, auch als "Merkel-Kritiker" bekannt. Spahn sei schon zwei Mal bei Sebastian Kurz gewesen, zuletzt beim Opernball in Wien: "Und ich glaube, da gibt es eine gewisse Bewunderung" für den "Politiker als Held des kleinen Mannes".
Jens Spahn ist Mitglied im Präsidium der CDU und Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Jens Spahn: Auf der Suche nach dem Heldentum?© Imago
Doch solange Merkel noch die Zügel in der Hand hält, kann Spahn nicht Kurz werden. Und überhaupt: Als Held ist man ohnehin nur für einen Teil der Bevölkerung Projektionsfläche. Denn "des einen Held ist des anderen Schurke", zitierte Friedrich-Freksa eine alte Volksweisheit. (ahe)
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