Wozu ist die Taufe gut?

Von Andreas Malessa · 09.10.2010
Schon im Neuen Testament selbst gibt es verschiedene Deutungen der Taufe. Nur eine nicht: Das rituelle Untertauchen oder Begießen eines Menschen sei eine "Ewiges Leben"-Versicherung, eine spirituelle Schluckimpfung gegen das Böse.
Mann: "In meiner Kindheit wurde der Druck zur Taufe dadurch erhöht, indem man gesagt hat, man muss das möglichst schnell machen. Damit – wenn das Kind durch einen Unfall oder eine Krankheit früh stirbt – damit's nicht in der Hölle landet, sondern in den Himmel kommt."

Frau: "Um in den Himmel zu kommen? Seh' ich keinen Grund, dass die Taufe ne Rolle spielt."

Das ist die Frage: Wozu ist die Taufe gut?

Johannes der Täufer predigte in der Wüste: "Kehrt um, denn das Reich Gottes ist nahe." Da zogen viele zu ihm hinaus, bekannten ihre Sünden und ließen sich von ihm im Jordan taufen."

So steht's im Matthäus-Evangelium Kapitel 3 über den Bußprediger und "Täufer" Johannes. Demnach wäre die Taufe das äußere Zeichen eines Gesinnungswandels, ein Symbol für das Abwaschen der Sünden durch Gott?

Da fragte Nikodemus: "Wie kann ein Mensch neu geboren werden, wenn er alt ist?" Und Jesus antwortete ihm: "Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen."

So steht's im Johannes-Evangelium Kapitel 3. Demnach wäre die Taufe das Zeichen einer spirituellen Neugeburt des Menschen. Nachdem er körperlich und seelisch zur Welt kam, kommt er nun auch geistlich zur Welt?

Mann: "Ja ich denk, wenn man sich taufen lässt, wird man in den Himmel aufgenommen."

Frau: "Oh Gott, hör'n se auf. Weiß ich nicht, weiß ich nicht."

Mann: "Die Taufe ist sozusagen die Eintrittskarte für spätere selig machende Dinge."

Schon im Neuen Testament selbst gibt es verschiedene Deutungen der Taufe. Nur eine nicht: Das rituelle Untertauchen oder Begießen eines Menschen sei eine "Ewiges Leben"-Versicherung, eine spirituelle Schluckimpfung gegen das Böse. Professor Peter Bubmann, praktischer Theologe und Religionspädagoge an der Universität Erlangen dazu:

"Ja, in der Tat gibt es ein solches, etwas verdinglichendes, Verständnis von Taufe, fast magisch verstanden: Hauptsache, die Kinder sind getauft und dann kann ihnen nichts mehr passieren, weil sie dann im Machtbereich Gottes sind.

Daran ist natürlich einerseits etwas Richtiges: Die Taufe ist das zentrale Symbol der Zugehörigkeit zu Gott. Andrerseits wird verwechselt: Es ist kein magisches Ritual, was nun auf alle Zeit vor irgendwelcher Unbill schützen würde."

Wenn die Taufe nicht die Eintrittskarte zur ewigen Seligkeit ist – warum lässt man sie dann an sich oder seinen Kindern durchführen?

"Durch diese Handlung kommt zum Ausdruck das Zentrum unseres Glaubens: Dass wir von Gott angenommen sind. Dass wir eine Chance auf ein gutes, gelingendes Leben haben von Anfang an. Dass wir zur Gemeinde der Christen dazugehören können und dürfen. Bei der Taufe passiert also zunächst etwas an dem Getauften, was nicht aus ihm selber kommt, sondern was ihm zugesprochen wird. Er wird gesegnet, ihm wird zugesagt, er gehört zu der Gemeinschaft der Christinnen und Christen.

Sie ist aber – und das muss man als Grenzbehauptung sagen dürfen – nicht heilsnotwendig, das heißt, auch Nichtgetaufte können von Gott angenommen werden, es gibt ja verschiedene Umstände, warum jemand nicht getauft wird. Zum Beispiel, wenn jemand als kleines Kind stirbt, ohne überhaupt bewusst etwas vom christlichen Glauben mitbekommen zu haben."

Und Jesus sprach zu ihnen: "Gehet hin und macht alle Völker zu Jüngern und tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich Euch geboten habe."

So steht's im Matthäus-Evangelium Kapitel 28. Demnach ist die Taufe jenes Zeichen der Zugehörigkeit, von dem Professor Peter Bubmann sprach, darüber hinaus aber offenbar noch mehr:

"Zum anderen aber gehört, jedenfalls in den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirchengeschichte dazu, dass die Taufe auch ein Akt der Getauften selber ist! Indem sie sich nämlich bekennen zum Glauben. Das Bekenntnis spielt da eine noch größere Rolle, als es das heute tut."

Aber mit der Taufe eine Überzeugung dokumentieren und ein öffentliches Bekenntnis ablegen - das können doch nur Erwachsene?!

"Die Erwachsenentaufe ist das ursprüngliche Modell der Taufe gewesen und es wäre seitens eines Theologen töricht, gegen die Erwachsenentaufe zu argumentieren. Auch Karl Barth, der größte Theologe des 20. Jahrhunderts deutscher Sprache, hat sich für die Erwachsenentaufe stark gemacht.

Andererseits: Die Einrichtung der Kindertaufe hat ein Element betont, was in besonderer Weise die Logik unseres Glaubens zum Ausdruck bringt: Dass man nämlich voraussetzungslos zu Gott gehört und dass dieser Segen uns schon immer zugesprochen ist. Und das kommt in dieser Symbolhandlung an Kindern deutlicher zum Ausdruck, als wenn Erwachsene sich taufen lassen."

Um das "Angenommen-sein-von-Anfang" zu betonen, haben die Kirchen sich für die Kindertaufe und gegen den Bekenntnischarakter der Taufe entschieden?

"Richtig. Und deswegen muss beides zusammen gehören: Die Taufe von Kindern und die spätere Konfirmation. Wo das auseinandergerissen wird, besteht ein Defekt in der Tauftheologie."

Darin unterscheiden sich die beiden großen Volkskirchen von den sogenannten "evangelischen Freikirchen", die erst dann jemanden taufen, wenn er oder sie freiwillig den Taufwunsch und ein Bekenntnis zu Christus äußert. Was den Vorteil einer bewussten Entscheidung hat, aber den Nachteil, dass die Taufe lediglich als Eintrittskarte in die Gemeinde dient. Aber vielleicht gab's ja beides – Erwachsenen- und Kindertaufe – schon vom Anfang des Christentums an?

Petrus sagte: "Wie können wir ihnen jetzt noch die Taufe verweigern, wo auch sie, die Nichtjuden, den Heiligen Geist empfangen haben?!" Und er ließ alle, die in Haus und Familie des römischen Hauptmanns Kornelius versammelt waren, auf den Namen Jesu Christi taufen."

So steht's in der Apostelgeschichte des Lukas, Kapitel 10. Zurückgeben kann man das Symbol der voraussetzungslosen Gnade Gottes übrigens nicht: Jedem Deutschen ab dem 14. Lebensjahr ist es vom Gesetzgeber her gestattet, aus seiner Kirche auszutreten. Seine Taufe jedoch – die ist dadurch weder staatskirchenrechtlich noch theologisch annulliert.
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