"Wozu brauchen wir Fleisch von geklonten Tieren?"
Die Professorin für Ethik in den Biowissenschaften, Eve-Marie Engels, lehnt den Plan der Europäischen Union ab, den Verkauf von Fleisch geklonter Tiere zu erlauben. Bevor ein lebensfähiges Tier geklont werde, müssten zuviele andere sterben.
Liane von Billerbeck: In den USA findet man es absolut unbedenklich, die US-Gesundheitsbehörde sagte schon 2008, Fleisch von geklonten Tieren könne man ebenso essen wie normales, und löste damals Aufregung in Europa aus, denn bislang gab es in Europa derlei Tiere nur in der Forschung. Ihr Fleisch, die Milch und die Eier gingen jedoch nicht über den Ladentisch.
Noch nicht, denn nun will die EU-Kommission derlei Produkte unter Auflagen auch in Europa zulassen. Das EU-Parlament hat indes Bedenken. Heute beschäftigt man sich im Deutschen Ethikrat mit dem Thema. Eine Expertin, die dort gehört wird, ist Eve-Marie Engels, Professorin für Ethik in den Biowissenschaften an der Universität Tübingen. Und mir ihr bin ich jetzt telefonisch verbunden. Ich grüße Sie!
Eve-Marie Engels: Ich grüße Sie auch!
von Billerbeck: In den USA hat die Gesundheitsbehörde FDA Fleisch von Klontiernachfahren als unbedenklich eingestuft, nun wollen auch die europäischen Agrarminister, dass wir solches Fleisch bekommen, und das soll als neuartiges Lebensmittel einer strengen Prüfung unterzogen werden. Was spricht denn dagegen, wenn das Fleisch solcher Tiere auch auf unseren Tischen landet?
Engels: Ich habe verschiedenartige Bedenken. Ich habe zum einen tierethische Bedenken. Das Klonen von Säugetieren – und wir haben es ja jetzt hier mit Säugetieren zu tun – stellt uns vor zentrale Probleme, vor zentrale tierethische Probleme.
Es ist nämlich so, dass bis jetzt die Effizienzrate doch sehr gering ist. Wir wissen, dass es sehr, sehr viele Versuche benötigte, um das Klonschaf Dolly auf die Welt zu bringen. Der Grund, warum es so kompliziert ist, Tiere zu klonen, liegt daran, dass wir es dann beim Klonen mit einer eingeschlechtlichen oder ungeschlechtlichen Vermehrung von Tieren zu tun haben, die sich unter natürlichen Bedingungen zweigeschlechtlich vermehren. Also unter natürlichen Bedingungen gehört eine Eizelle dazu und eine Samenzelle, und deren Chromosomen werden dann neu kombiniert. Bei Klontieren ist das ganz anders, das heißt also, man versucht also die Natur, also die natürlichen Reproduktionsmechanismen auszuhebeln, und das führt zu Problemen. Und man weiß auch bei den Tieren, die man bisher jetzt "erfolgreich", in Anführungszeichen, geklont hat, gab es einen sehr hohen Tierverbrauch, bevor ein lebensfähiges Tier geklont werden konnte.
von Billerbeck: Ich hab gelesen, es kostet 15.000 bis 25.000 Dollar, so ein Tier – eine Kuh, ein Schwein, ein Schaf – zu klonen. Nun wissen wir, wenn wir uns allein die Proteste der Milchbauern ansehen, dass wir hier auf Milchseen sitzen. Wer hat denn nun ein Interesse daran, die Milch, das Fleisch oder die Eier von Nachfahren geklonter Tiere auf unsere Teller zu bringen, wenn das so teuer ist?
Engels: Ja, diese Frage, die ist sehr berechtigt. Die Wissenschaftler gehen ja jetzt davon aus, dass man aus diesen Klontieren selbst, aus den Nachfahren dieser Klontiere, Fleisch herstellen kann, im Grunde genommen standardisiertes Fleisch. Wenn man also einmal ein Tier besonders erfolgreich geklont hat, vielleicht mit besonders erfolgreichen Geschmacksnuancen oder was auch immer, dass man das also dann auch sehr häufig reproduzieren kann. Ich gehe davon aus …
von Billerbeck: Klingt doch gut erst mal. Was spricht dagegen?
Engels: Diese am Anfang erwähnten tierethischen Gründe sprechen dagegen, aber ich denke, es spricht auch dagegen, es sprechen sozialethische Gründe dagegen. Erstens Mal, falls dieses Fleisch besonders teuer ist, wozu sollte man Tiere jetzt zusätzlich noch quälen, sie Leiden unterwerfen nur für den Gaumenschmaus?
Meine Auffassung ist, dass man unter sozialethischen Aspekten – sowohl was den nationalen Raum betrifft als auch die globale Situation – aus sozialethischen Aspekten auch Bedenken gegen Klonfleisch im Laden haben sollte, denn die Hungersnot in der Weltbevölkerung ist so groß, es gibt so viele arme Länder, wo die Menschen wirklich verhungern, und bei uns ist es so oder da spricht man dann noch darüber, ob man jetzt auch sogar noch Klonfleisch herstellen sollte. Ich bin strikt dagegen.
von Billerbeck: Der Biotechnologie-Professor Eckhard Wolf, das ist derjenige, dessen Team die Klonkuh Uschi gezüchtet hat, der hat hier bei uns im Deutschlandradio gesagt, dass es gar nicht darum ginge, Fleisch und Wurst aus den Nachfahren solcher geklonter Tiere herzustellen, sondern darum, dass es in Ausnahmefällen darum ginge, die Samen beispielsweise gegen bestimmte Krankheiten besonders widerstandsfähiger geklonter Bullen einzufrieren, um die eben im Notfall zur Verfügung zu haben, wenn andere Tiere von solchen Krankheiten befallen werden. Könnten Sie mit solchen Ausnahmegenehmigungen leben?
Engels: Ich halte das für ehrlich gesagt einen Vorwand. Wozu sollte man denn jetzt so eine unglaublich aufwendige Technik betreiben und fördern, für solche Ausnahmegenehmigungen? Und warum … man muss ja auch erst mal fragen, warum sollten denn die Tiere jetzt so krank werden. Was sind das für Krankheiten, wodurch sind diese Krankheiten bedingt? Sind diese Krankheiten möglicherweise bedingt durch eine ohnehin sehr schlechte Tierhaltung, gegebenenfalls durch Massentierhaltungen?
Das heißt also, diese industrielle Tierproduktion und Verwertung führt uns in große Probleme, und diese großen Probleme sollen jetzt behoben werden durch unter Umständen noch größere problematische Verfahren. Also aus diesen verschiedenen Gründen bin ich dagegen.
von Billerbeck: Der schon erwähnte Tierzüchter Eckhard Wolf, der hat gesagt, dass es sich nicht nachweisen lässt, ob ein Tier geklonte Vorfahren hat oder nicht. Angenommen es ist so und es lässt sich nicht nachweisen, wie lässt sich denn künftig verhindern, dass unter falschem Etikett solche Tiere oder deren Fleisch, also dass Nachfahren geklonter Tiere gewonnen wurde, doch auf den europäischen Ladentisch kommt, denn in den USA ist das ja genehmigt?
Engels: Man müsste dann ganz strenge Forderungen aufstellen, dass sich ganz genau rekonstruieren lässt, jeder einzelne Schritt, von der Produktion des Tieres und des Lebensmittels bis hin in den Laden. Das müsste man fordern dann, also dass es ganz genau konstruierbar ist. Sonst würde ich sagen, ist es auch aus diesem Grunde ethisch nicht vertretbar, das hier auf den deutschen Tisch zu bringen.
von Billerbeck: Sie haben nun eine Fundamentalposition, Sie sagen gar nicht zulassen, trotzdem gibt es ja in solchen Auseinandersetzungen, gerade in der EU, Sie kennen die Kompliziertheit solcher Prozesse, ist es da möglicherweise nicht besser, statt ein grundlegendes Verbot der Zulassung von Nachfahren geklonter Tiere zu fordern, doch die gesetzlichen Regelungen zu verschärfen, um die Gefahren einzudämmen?
Engels: Ja, aber was würde eine Verschärfung der gesetzlichen Regelungen mit sich bringen, wenn es nicht auch ein Verbot wäre. Also was verstehen Sie jetzt unter einer Verschärfung der gesetzlichen Regelungen ...
von Billerbeck: Na, beispielsweise …
Engels: … wenn es kein Verbot ist?
von Billerbeck: Beispielsweise die Sicherheitsüberprüfungen für solche Tiere, dass man eben als Verbraucher sicher ist, dass die Tiere nicht krank sind et cetera.
Engels: Aber der Verbraucher sollte sich doch erst mal fragen, wozu brauchen wir diese Tiere überhaupt? Wozu brauchen wir Fleisch von geklonten Tieren? Also ich würde zunächst mal sagen, nein, das sollte verboten werden, wir brauchen es nicht, es ist überflüssig.
von Billerbeck: Sagt Eve-Marie Engels, Bioethikerin von der Universität Tübingen. Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!
Engels: Ja, gerne.
Noch nicht, denn nun will die EU-Kommission derlei Produkte unter Auflagen auch in Europa zulassen. Das EU-Parlament hat indes Bedenken. Heute beschäftigt man sich im Deutschen Ethikrat mit dem Thema. Eine Expertin, die dort gehört wird, ist Eve-Marie Engels, Professorin für Ethik in den Biowissenschaften an der Universität Tübingen. Und mir ihr bin ich jetzt telefonisch verbunden. Ich grüße Sie!
Eve-Marie Engels: Ich grüße Sie auch!
von Billerbeck: In den USA hat die Gesundheitsbehörde FDA Fleisch von Klontiernachfahren als unbedenklich eingestuft, nun wollen auch die europäischen Agrarminister, dass wir solches Fleisch bekommen, und das soll als neuartiges Lebensmittel einer strengen Prüfung unterzogen werden. Was spricht denn dagegen, wenn das Fleisch solcher Tiere auch auf unseren Tischen landet?
Engels: Ich habe verschiedenartige Bedenken. Ich habe zum einen tierethische Bedenken. Das Klonen von Säugetieren – und wir haben es ja jetzt hier mit Säugetieren zu tun – stellt uns vor zentrale Probleme, vor zentrale tierethische Probleme.
Es ist nämlich so, dass bis jetzt die Effizienzrate doch sehr gering ist. Wir wissen, dass es sehr, sehr viele Versuche benötigte, um das Klonschaf Dolly auf die Welt zu bringen. Der Grund, warum es so kompliziert ist, Tiere zu klonen, liegt daran, dass wir es dann beim Klonen mit einer eingeschlechtlichen oder ungeschlechtlichen Vermehrung von Tieren zu tun haben, die sich unter natürlichen Bedingungen zweigeschlechtlich vermehren. Also unter natürlichen Bedingungen gehört eine Eizelle dazu und eine Samenzelle, und deren Chromosomen werden dann neu kombiniert. Bei Klontieren ist das ganz anders, das heißt also, man versucht also die Natur, also die natürlichen Reproduktionsmechanismen auszuhebeln, und das führt zu Problemen. Und man weiß auch bei den Tieren, die man bisher jetzt "erfolgreich", in Anführungszeichen, geklont hat, gab es einen sehr hohen Tierverbrauch, bevor ein lebensfähiges Tier geklont werden konnte.
von Billerbeck: Ich hab gelesen, es kostet 15.000 bis 25.000 Dollar, so ein Tier – eine Kuh, ein Schwein, ein Schaf – zu klonen. Nun wissen wir, wenn wir uns allein die Proteste der Milchbauern ansehen, dass wir hier auf Milchseen sitzen. Wer hat denn nun ein Interesse daran, die Milch, das Fleisch oder die Eier von Nachfahren geklonter Tiere auf unsere Teller zu bringen, wenn das so teuer ist?
Engels: Ja, diese Frage, die ist sehr berechtigt. Die Wissenschaftler gehen ja jetzt davon aus, dass man aus diesen Klontieren selbst, aus den Nachfahren dieser Klontiere, Fleisch herstellen kann, im Grunde genommen standardisiertes Fleisch. Wenn man also einmal ein Tier besonders erfolgreich geklont hat, vielleicht mit besonders erfolgreichen Geschmacksnuancen oder was auch immer, dass man das also dann auch sehr häufig reproduzieren kann. Ich gehe davon aus …
von Billerbeck: Klingt doch gut erst mal. Was spricht dagegen?
Engels: Diese am Anfang erwähnten tierethischen Gründe sprechen dagegen, aber ich denke, es spricht auch dagegen, es sprechen sozialethische Gründe dagegen. Erstens Mal, falls dieses Fleisch besonders teuer ist, wozu sollte man Tiere jetzt zusätzlich noch quälen, sie Leiden unterwerfen nur für den Gaumenschmaus?
Meine Auffassung ist, dass man unter sozialethischen Aspekten – sowohl was den nationalen Raum betrifft als auch die globale Situation – aus sozialethischen Aspekten auch Bedenken gegen Klonfleisch im Laden haben sollte, denn die Hungersnot in der Weltbevölkerung ist so groß, es gibt so viele arme Länder, wo die Menschen wirklich verhungern, und bei uns ist es so oder da spricht man dann noch darüber, ob man jetzt auch sogar noch Klonfleisch herstellen sollte. Ich bin strikt dagegen.
von Billerbeck: Der Biotechnologie-Professor Eckhard Wolf, das ist derjenige, dessen Team die Klonkuh Uschi gezüchtet hat, der hat hier bei uns im Deutschlandradio gesagt, dass es gar nicht darum ginge, Fleisch und Wurst aus den Nachfahren solcher geklonter Tiere herzustellen, sondern darum, dass es in Ausnahmefällen darum ginge, die Samen beispielsweise gegen bestimmte Krankheiten besonders widerstandsfähiger geklonter Bullen einzufrieren, um die eben im Notfall zur Verfügung zu haben, wenn andere Tiere von solchen Krankheiten befallen werden. Könnten Sie mit solchen Ausnahmegenehmigungen leben?
Engels: Ich halte das für ehrlich gesagt einen Vorwand. Wozu sollte man denn jetzt so eine unglaublich aufwendige Technik betreiben und fördern, für solche Ausnahmegenehmigungen? Und warum … man muss ja auch erst mal fragen, warum sollten denn die Tiere jetzt so krank werden. Was sind das für Krankheiten, wodurch sind diese Krankheiten bedingt? Sind diese Krankheiten möglicherweise bedingt durch eine ohnehin sehr schlechte Tierhaltung, gegebenenfalls durch Massentierhaltungen?
Das heißt also, diese industrielle Tierproduktion und Verwertung führt uns in große Probleme, und diese großen Probleme sollen jetzt behoben werden durch unter Umständen noch größere problematische Verfahren. Also aus diesen verschiedenen Gründen bin ich dagegen.
von Billerbeck: Der schon erwähnte Tierzüchter Eckhard Wolf, der hat gesagt, dass es sich nicht nachweisen lässt, ob ein Tier geklonte Vorfahren hat oder nicht. Angenommen es ist so und es lässt sich nicht nachweisen, wie lässt sich denn künftig verhindern, dass unter falschem Etikett solche Tiere oder deren Fleisch, also dass Nachfahren geklonter Tiere gewonnen wurde, doch auf den europäischen Ladentisch kommt, denn in den USA ist das ja genehmigt?
Engels: Man müsste dann ganz strenge Forderungen aufstellen, dass sich ganz genau rekonstruieren lässt, jeder einzelne Schritt, von der Produktion des Tieres und des Lebensmittels bis hin in den Laden. Das müsste man fordern dann, also dass es ganz genau konstruierbar ist. Sonst würde ich sagen, ist es auch aus diesem Grunde ethisch nicht vertretbar, das hier auf den deutschen Tisch zu bringen.
von Billerbeck: Sie haben nun eine Fundamentalposition, Sie sagen gar nicht zulassen, trotzdem gibt es ja in solchen Auseinandersetzungen, gerade in der EU, Sie kennen die Kompliziertheit solcher Prozesse, ist es da möglicherweise nicht besser, statt ein grundlegendes Verbot der Zulassung von Nachfahren geklonter Tiere zu fordern, doch die gesetzlichen Regelungen zu verschärfen, um die Gefahren einzudämmen?
Engels: Ja, aber was würde eine Verschärfung der gesetzlichen Regelungen mit sich bringen, wenn es nicht auch ein Verbot wäre. Also was verstehen Sie jetzt unter einer Verschärfung der gesetzlichen Regelungen ...
von Billerbeck: Na, beispielsweise …
Engels: … wenn es kein Verbot ist?
von Billerbeck: Beispielsweise die Sicherheitsüberprüfungen für solche Tiere, dass man eben als Verbraucher sicher ist, dass die Tiere nicht krank sind et cetera.
Engels: Aber der Verbraucher sollte sich doch erst mal fragen, wozu brauchen wir diese Tiere überhaupt? Wozu brauchen wir Fleisch von geklonten Tieren? Also ich würde zunächst mal sagen, nein, das sollte verboten werden, wir brauchen es nicht, es ist überflüssig.
von Billerbeck: Sagt Eve-Marie Engels, Bioethikerin von der Universität Tübingen. Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!
Engels: Ja, gerne.