Wolfsfarm mit U-Boot

Von Peter Marx |
Als Peter Schleifenbaum ein kanadisches Waldgrundstück mitsamt Bären, Bibern und Wölfen erbt, überlegt er nicht lange: Gemeinsam mit seiner Frau zieht er in die Wildnis und eröffnet eine Lern- und Touristenfarm, auf der Reisende mit einem U-Boot durch Seen tauchen, Wolfsrudel aus der Nähe beobachten und die Natur genießen können.
Erben ist schön, viel erben noch viel schöner. Aber rund 30.000 Hektar Wald, Wiesen, Sümpfe, Seen, mit Bären, Bibern, Wölfen, Elchen und was sonst noch allem Getier? Und alles noch runde 8000 Kilometer von zu Hause entfernt? "Ja", sagt Peter Schleifenbaum. "Das passte schon." Das war vor 20 Jahren. Seither lebt Peter Schleifenbaum, der aus Fredeburg im Hochsauerland kommt, auf seiner Waldfarm in der Nähe der kanadischen Kleinstadt Haliburton, hoch im Norden der Provinz Ontario, rund vier Autostunden von der Millionenstadt Toronto entfernt.

"Ja, wie gesagt, ich hab Forstwirtschaft studiert in Deutschland und das hier ist ein Forstbetrieb. Wenn man einen Forstbetrieb in der Familie hat, ist es eigentlich schon naheliegend, den zu übernehmen. Und dass er nun in Kanada ist, na ja. Meine Frau musste ich erst davon überzeugen, dass es wirklich der richtige Schritt ist, aber die ist auch heute davon überzeugt, dass es der richtige Schritt war."

Der richtige Schritt! Peter Schleifenbaum benützt diesen Satz gerne, so als ob er nachträglich eine Bestätigung braucht für die Entscheidung Mitte der achtziger Jahre. Schleifenbaum, ein Baum von einem Mann, steht mitten in seinem Basiscamp umgeben von rot gestrichenen Häusern.

"Das sind die alten Sägewerksgebäude, die eben renoviert worden sind, als Unterkünfte für Kunden oder für Arbeitsgebäude. Hier stehen wir gerade vor einem Arbeitsgebäude. Da haben wir so ein kleines Schulgebäude. Da werden Programme drin abgehalten. Das sind die Snowmobile. Das ist das, worauf wir uns im Winter bewegen. Und jetzt gucken wir, ob jene Maschine verfügbar ist, mit der wir rauf zum Ufer fahren."

Schleifenbaum stampft durch den tiefen Morast, der durch Regen und frisch gefallenen Schnee entstanden ist. Auf der rechten Seite des Camps stehen alte Sägewerksmaschinen, die an die Zeiten des Holzrausches erinnern, daneben Tankstelle, Telefonzellen. Links ein einfaches Holzschild das zum Restaurant und Geschenke-Shop weist. Beides liegt direkt am Ufer eines der 50 Seen, die zum Besitz von Schleifenbaum gehören; wobei er mehr Seen auf der Farm hat, aber anders rechnet:

"Von 30 Hektar aufwärts, 30 Hektar Wasseroberfläche. Alles darunter, das ist für uns ein Tümpel, so ein Teich."

"Davon gibt es dann unzählige noch mal?"

"Ja, mehrere hundert Sümpfe und Tümpel."

"Mit Fischen alle besetzt?"

"Die meisten haben noch natürlichen Fischbesatz."

Das Hundegeheul wird lauter, über 200 Huskys gehören zur Farm. Sie leben in zwei großen Gehegen, die hinter der Straßenkurve liegen. Auf der Hauptstraße, die durch das Basiscamp führt, kommt der gelbe Schulbus. Drei Kinder warten an der Haltestelle, beobachtet von Vätern und Müttern, die auf der Holzveranda des Restaurants stehen, die klammen Finger an warmen Kaffeetassen wärmen. Durch den Nebel leuchten die gelben Blinklichter des Schulbusses.

Rocky steht im Flur des Wohnhauses der Schleifenbaums. Ein Holzhaus mit 300 Quadratmeter Wohnfläche und großer Terrasse am Uferrand, versteckt hinter einer dichten Wand von Bäumen. Rocky sieht aus wie ein Wolf: grauschwarzes, dichtes Fell, hellgelbe Augen. Er knurrt nicht, bellt nicht, wedelt nicht mit dem Schwanz. Er starrt nur, auf eine sehr beängstigende Art und heult, solange bis Elke Schleifenbaum kommt und ihn zur Seite schiebt.

In ihrer offenen Küche im amerikanischen Stil bereitet sie das Mittagessen vor. Die beiden erwachsenen Töchter sind unterwegs. Wieder heult Rocky und setzt sich in die Ecke der Küche: sprungbereit und wer sich umdreht spürt den Blick seiner gelben Augen deutlich im Rücken. Die Hausfrau hat den Mischling Rocky, halb Wolf, halb Hund, aufgezogen. Ein Halbwolf im Wohnzimmer? Warum nicht, sagt Elke Schleifenbaum, zuckt die Schultern und rührt - ungerührt - im Topf.

"Na ja, einen Hybrid sich anzuschaffen, raten wir keinem. Und auch ich wollte keinen haben, aber ich habe zufällig einen gekriegt. Und wie mit vielen Sachen, wenn wir mit irgendwas auskommen müssen, kommen wir halt damit aus. Und Rocky fügt sich also auch ganz gut in unser Leben ein."

Die blonde Gastgeberin in Jeans und weitem weißen Pullover holt aus dem großen roten Kühlschrank auf der Stirnseite der Küche Lebensmittel, deckt den Tisch. Bleibt plötzlich stehen und fragt: Wissen Sie, was ich am meisten vermisst habe, in den ersten Monaten hier im Land? Nutella! Alles andere war für sie leichter als gedacht.

"Ich hatte erst Sorge, es würde mir schwer fallen zu gehen, aber ich hatte nicht einen Moment Heimweh. Von daher war es besonders erstaunlich, als ich das erste Mal wieder nach Hause kam, nach Deutschland kam, zu finden, dass ich Deutschland sehr schön fand. Aber trotzdem, in meinem Aufenthalt hier in Kanada hatte ich nicht ein einziges Mal Heimweh. Ich vermisste ein paar Freunde und Familienmitglieder, aber Deutschland selber nicht."

"Sehr gut, dass wir nicht im Wald gefahren sind bei dem Regen, eigentlich ganz gut. Heute sollte eigentlich die Sonne scheinen. Es ist das Gleiche wie in Deutschland. Der Wettervorhersage kann man nie trauen."

Peter Schleifenbaum geht weiter, spricht mit Mitarbeitern, die ein Holzhaus aus dicken Baumstämmen zusammensetzen, geht in die Halle, wo die Squads stehen, vierrädrige Geländemotorräder. Damit will er zu seinen Wölfen fahren.

Seine Mitarbeiter haben sich an das ungewöhnliche Hobby gewöhnt. Zwangsläufig. Denn Wölfe schätzten die Männer nicht. Bis der Deutsche kommt, gleich ein ganzes Rudelmitbringt und ihnen erklärt, das ein gesunder Wald davon abhängt, dass Wölfe einen guten Job machen.

"Zum Beispiel die Biber stauen die ganzen Sümpfe auf, um eben den Wölfen zu entkommen. Das heißt, wenn es keine Wölfe geben würde, brauchten die Biber nicht aufzustauen. Dann hätten wir keine Sümpfe und dann hätten wir eine ganze Menge Vielfalt im Wald weniger. Die Wölfe reißen aber auch Hirsche und Elche. Die wiederum haben Einfluss auf die Bäume, die im Wald nachwachsen. Gerade die Hirsche, die haben als eine Vorliebe für bestimmte Baumarten. Deswegen, wenn die Wölfe ihren Job nicht ordentlich machen, dann nehmen einige Baumarten überhand, die normalerweise nicht überhand nehmen würden."

Peter Schleifenbaum reist das Lenkrad rum, sein Squad hüpft über eine dicke Baumwurzel. Seit knapp einer Stunde rast der Farmer über schmale Waldwege. Unterwegs zeigt er auf Bäume, erzählt die Geschichte seiner Waldfarm, die ein kanadischer Konzern ausplünderte bis nichts Wertvolles mehr im Wald stand. Kein kanadischer Grundbesitzer wollte das Riesengelände danach haben. Erst sein Vater kaufte das scheinbar wertlose Gelände. Seither forstet Peter Schleifenbaum auf, pflegt den Wald und setzt neue Maßstäbe in der kanadischen Waldwirtschaft: wissenschaftlich und wirtschaftlich.

"Unser Kern, unser Kerngeschäft und wirklich da, wo unser Herz ist, ist die Forstwirtschaft, ist der Wald, die Waldbewirtschaftung. Der Tourismus ist das, was wir eben brauchen, um uns im Moment wirtschaftlich über Wasser zu halten. Und langfristig hoffentlich, hoffen wir, dass die Forstwirtschaft dazu sehr viel beitragen wird. Im Endeffekt sind wir ein Privatbetrieb und wir arbeiten privatwirtschaftlich. Sehr viele Besucher denken, wir sind ein Nationalpark oder Provinzialpark oder irgendein gemeinschaftlicher oder gemeinwirtschaftlich-orientierter Verein. Wir sind aber darauf stolz, dass wir wirklich privat, und zwar sehr privat sind."

Über 100.000 Besucher kommen jährlich auf die Farm, zelten, angeln, paddeln, jagen hier, fahren mit Snow-Mobilen und Hundeschlitten durch den Wald. Sie sind, im Moment noch, die Haupteinnahmequelle. Irgendwann sollen es wieder die Bäume sein. Bis dahin ist der Farmbesitzer auf die Touristen angewiesen, sagt er und die wollen Attraktionen sehen.

"Inzwischen haben auch die Einheimischen hier das Wolfscenter akzeptiert. Und wir haben hier um die 30.000 Besucher im Jahr. Gerade im Sommer ist es hier also sehr geschäftig. Und das ist also wirklich ein unheimlich starker, nicht nur Besuchermagnet, sondern auch eine Möglichkeit für uns, die Stadtbevölkerung, die vor allen Dingen hierher kommt, über die Umwelt und über die Ökologie, über Wölfe, über das gesamte Geschehen im Wald aufzuklären. Und das ist wirklich das Ziel des Wolfscenters hier."

Schleifenbaum betritt eine Holzhütte auf einer kleinen Lichtung. Um die Hütte herum sind drei Meter hohe Zäune zu sehen. Erst führt er in die Werkstatt, wo eine Biologin gerade das Gerippe eines Wolfes zusammensetzt, das später in die Ausstellung kommt, im ersten Stock der Hütte.

Die Vorderfront des Museums: ein großes Fenster mit direktem Blick auf das Rudel, das höchsten zehn Meter entfernt dabei ist, an Knochen von Hirschen zu nagen. Schleifenbaum entdeckt Manitu, ein Wolf, der drei Wochen verschwunden war:

"Der ist heute recht grau. Der war als junger Wolf pechrabenschwarz. Der ist jetzt acht Jahre alt, was für einen Wolf relativ alt ist. Hier in Gefangenschaft müssten sie eigentlich so alt werden wie größere Hunde."

Das Fenster besteht aus Einwegglas. Nur die Zuschauer können die Wölfe sehen. Das Rudel hat zehn Tiere.

"Das geht immer wieder ein bisschen rauf und mal wieder ein bisschen runter, dann verlieren wir wieder einen, dann werden wieder welche geboren. Und jedes Jahr wird ein Wurf junger Welpen geboren. Und wenn wir die nicht halten, geben wir die an andere Zoos oder Tierparks hier in Nordamerika. Letztes Jahr sind sie nach Kolumbien gegangen und davor das Jahr nach Ohio. Dann haben wir wieder zwei Sätze gehalten. Und so halten wir die Population oder dieses Rudel hier stabil."

Schleifenbaum erkennt jedes Tier und dessen Stellung in der Gruppe. Manitou leckt sich die offenen Wunden an den Beinen, die er sich im Kampf zugezogen hat. Er steht ganz unten in der Rangliste der Gruppe. Plötzlich wirkt der Wolf wachsam und aggressiv:

"Ja, da kommt schon der Zweite. Man sieht, da ist der Bauch noch voll. Der ist also noch relativ wohl genährt vom gestrigen Füttern. Wenn Sie im Sommer kommen, ist das hier alles schön grün, dann sieht man das alles nicht. Jetzt stechen natürlich die ganzen Knochen, die hier im Schnee vergraben gewesen sind, heraus."

Sechs Hektar seines Waldes sind abgezäumt für das Wolfsrudel. Der Farmer öffnet eine Seitentür der Hütte, dahinter ein moderner Kühlraum gefüllt mit geschlachteten Hirschen, Elchen, Bibern. Erst gestern hat der Farmer die Tiere gefüttert.

"Ich bin der Einzige, der hier reingehen darf. Und da nehme ich normalerweise einen der Angestellten mit. Das ist dann immer eine Belohnung, wenn es ins Wolfsgehege geht. Ich bin mit diesen Wölfen aufgewachsen. Ich hab die also mit rübergebracht hier. Die kamen aus Michigan ursprünglich, also aus den USA, und die haben wir 1993 zum Erntedank hier eingeführt. Vorher haben wir das Gehege gebaut."

Schleifenbaum, wieder am Fenster, entdeckt neue Tiere, erzählt ihre Geschichte, ist so drin, das er um sich herum alles vergisst. Er gestikuliert, schleudert die Arme durch die Luft, lebt auf und erzählt ohne Punkt und Komma. Pure Begeisterung - eines großen Jungen!

"Der ist überall. Im Forstteil ist bei mir der große Junge drin. Ich bin immer gerne draußen in der Natur gewesen. Deswegen ist man Förster geworden. Und Sägewerk, Holz hat mich immer fasziniert und nun gibt es auch ein Sägewerk; genauso die Wölfe. Aber auch für die Öffentlichkeit ist es eben sehr faszinierend, wenn man das eben, seine eigenen Interessen so verwirklichen kann: Das ist sowohl für den Betrieb, wie für die Öffentlichkeit, wie für mich persönlich."

Elke Schleifenbaum bereitet in einer großen Schüssel frischen Salat vor, in der Backröhre ihres altertümlich wirkenden Herdes wird die Kruste des Nudelauflaufs langsam dunkel. Sie wirkt souverän, selbstsicher, mit sich und ihrem Leben vollauf zufrieden. Nie gezweifelt?
Sie lächelt etwas verlegen.

"Ich bin eine konservative Person. Ich bin also nicht besonders spontan und alles, was ich mache, versuche ich mir vorher zu überlegen. Ich meine, von Deutschland wegzugehen, alle Zelte abzubrechen, ist schon ein großer Schritt, der mir nicht ganz leicht gefallen ist. Aber meine Entscheidung war gefallen und von daher ziehe ich die dann eben voll durch."

Das Leben in der Halb-Wildnis Kanadas hat sie nicht verändert, sagen Freunde. Die blonde, schlanke Frau lächelt wieder, etwas verlegen, erzählt vom Tagesablauf, fernab von allem was ablenkt. Von morgens um sechs Uhr bis meistens kurz vor Mitternacht:

"Unsere Verhältnisse haben sich so komplett verändert, zum einen waren wir hier nicht mehr angestellt. Ich war also keine Büroangestellte mehr, sondern ich war halt in einem Betrieb, wo wir unsere eigenen Arbeitgeber gewesen sind. Und der größte Unterschied und an was wir uns am schnellsten hier gewöhnt haben und wir auch verwöhnt worden sind, ist der viele Platz, den wir hier in Kanada haben. Die Weitläufigkeit, dass wir also Stunden, ohne Menschen zu begegnen, uns bewegen können, ist das, wo wir uns am schnellsten dran gewöhnt haben, was wir wohl auch nicht wieder vermissen wollten."

Alles andere, sagt die Mittvierzigerin, ist eine Frage der Organisation. Statt täglich einkaufen, wie in Deutschland, füllt sie einmal die Woche ihren Wagen voll Lebensmittel. Und Schwarzbrot? "Das backen wir selbst", sagt sie und hackt die Zwiebel klein. Und die Einsamkeit? Kein Theater, kein Orchester, nicht einmal ein Buchladen im Umkreis von hundert Kilometern. Sie zuckt mit den Schultern, streift den Ärmel ihres Pullovers hoch.

Einmal im Monat fährt die Familie zum Kulturtrip ins dreihundert Kilometer entfernte Toronto, doch was zählt das gegen ein echtes, inniges Verhältnis mit Mortimer, einem zahmen Elch, den sie mit selbst gekochtem Apfelbrei, vermischt mit Heu, durch den Winter fütterte?

"Na ja. Wir haben also den Elch auch gut durch den Winter gekriegt, dann aber im Frühjahr irgendwann starb Mortimer, weil er war krank. Der war von einem Parasiten befallen, den wir also auch ohne weiteres nicht feststellen konnten. Also, Mortimer erlag seinen Verletzungen, seinen inneren Verletzungen irgendwann. Aber bis dahin ging der Elch mit mir spazieren, hatte wiederkäuenderweise seinen Kopf auf meiner Schulter gelegt und trabte so mit mir durchs Gelände."

Die Wälder in Haliburton sind dicht, nur schmale Wege führen durch die Birken, Fichten und Tannenwälder. Mit 22 Kilometer Geschwindigkeit fährt Schleifenbaum durch das Gelände, zeigt immer wieder auf frische Spuren von Tieren: Elche, Weißwedelhirsche, Biber. Sogar Bären leben auf dem Farmgelände. Sam, der Hund von Schleifenbaum, rennt hinterher oder voraus.

Plötzlich öffnet sich der Wald für einen See, über den noch tief die Nebelschwaden hängen. Am Uferrand - eine Holzhütte: Es ist der Bootsschuppen für das farmeigene U-Boot. Hier mitten im Wald, zwischen Schneehügeln und Sumpflandschaften. Im Sommer tauchen Touristen und Wissenschaftler ab in den See. Jetzt ist es an die Kette gelegt und nicht wegen den ersten Eisschollen auf dem See.

"Ja, das ist der Auswuchs des kanadischen Amtsschimmels. Da gibt es eine Landes-, wie heiß es auf Deutsch, Haftpflichtversicherung. Die Leute, die für Sicherheit zuständig sind, für die Sicherheit der Angestellten. Die Sicherheit der Passagiere ist durch die Bundesbehörde gesichert und die Sicherheit der Angestellten, der Piloten wird durch Landesangestellte hergestellt. Und die Bundesbehörde hat das Ok gegeben für die Passiere. Das heißt, die Passagiere sind sicher, aber die Landesbehörde hat gesagt, dass die Piloten nicht sicher sind, weil die Landesbehörde das U-Boot nicht versteht und weil sie das U-Boot nicht verstehen, das einzige, was sie machen können, sie können die Schwimmregeln auf das U-Boot anwenden. Und die Schwimmregeln, das heißt, nicht auf das U-Boot, sondern auf die Piloten. Und wenn man das tut, dann kommen also ganz hanebüchene Sachen bei raus, zum Beispiel, dass der Pilot, wenn er das U-Boot steuert, im Neoprenanzug sitzen muss oder dass die Luftqualität im U-Boot besser sein muss als in jedem Klassenzimmer oder alle möglichen anderen Sachen."

Im U-Boot haben neben dem Piloten noch vier Passagiere Platz. Die schwarze Hülle gleicht einer unförmigen Röhre, mit dicken Tiefenrudern an der Seite und der Plexiglaskuppel auf dem oberen Teil des Rumpfes. Was jedoch treibt einen Waldfarmer, sich ein U-Boot zu kaufen? Schleifenbaum lächelt, lehnt sich gegen das U-Boot, erzählt von seinem Traum eines Süßwasser-U-Bootes und seiner Neigung, alles und allem auf den Grund zu gehen.

"Zum einen haben wir eben sehr viele Seen und eine der Aktivitäten von Haliburton-Forrest ist eben die Lehre und die Erziehung und die Schulung der Öffentlichkeit. Und weil eben 25 Prozent unseres Landes unter Wasser stehen, ist eigentlich ein U-Boot das ideale Lehrmittel. Und deswegen sind wir eigentlich auf das U-Boot gekommen, denn die Seen hier haben uns eine ganze Menge zu erzählen, und runter auf den Grund der Seen zu tauchen und da eben auch Fische oder auch keine Fische zu sehen, einfach nur die Geologie, ist sehr interessant."

Wie selbstverständlich erzählt Schleifenbaum, dass er inzwischen eine Professur an der Universität von Toronto hat, und das U-Boot auch für Studienzwecke benutzt wird. Bis 25 Meter tief darf getaucht werden.

Mittagszeit: Peter und Elke Schleifenbaum warten auf die jüngste Tochter, die noch draußen ist. Rocky liegt wieder in seiner Ecke, beobachtet, starr, ohne zu blinzeln. Deutsche Kontakte: Besucher, Touristen oder künftige Auswanderer? Wie realistisch ist ihr Blick auf Kanada? Die Gastgeberin zögert für einen Moment:

"Das ist bestimmt von Person zu Person verschieden, das kann ich so allgemein nicht sagen. Wo wir uns auf jeden Fall von ferngehalten haben, sind deutsche Gruppierungen. Wir wollten also in keinem deutschen Slum wohnen. Wir wollten auch keinen deutschen Klubs beitreten. Wir wollten nicht nur deutsch reden und wenn wir Deutsche getroffen haben, haben wir die genauso behandelt, aber nicht freundlicher, als unser kanadischen Mitbewohner und Nachbarn, die wir hier um uns drum rum haben."

Das klingt nach Distanz zu Deutschen und Deutschland, ist aber so nicht gemeint, sagen beide, die nach wie vor ihren deutschen Pass haben. Nicht nur aus sentimentalen Gründen, obwohl beide einmütig sagen: "In Deutschland könnte wir nicht mehr leben."

"Es ist meine Heimat. Meine Familie hätte mich gerne wieder in Deutschland, aber Deutschland ist mir, glaub ich, zu klein. Schon, wenn wir meine Schwägerin in Irland besuchen, obwohl es dort auch sehr ländlich ist, auch das ist mir zu klein, weil: Überall sind Zäune, Mauern und Leute."

Dann kommt der Nudelauflauf auf den Tisch, im Esszimmer neben der offenen Küche, mit weitem Blick auf den See. Im großen Kamin brennen dicke Holzscheite. Eine warme Atmosphäre breitet sich aus, selbst Rocky wird schläfrig. Nur seine Augenlider fallen einfach nicht zu.