Beginenhof in Essen

Wenn aus Büros Wohnungen werden

08:37 Minuten
Das Treppenhaus im Beginenhof in Essen.
Früher ein Finanzamt, heute ein Wohnprojekt für Frauen in Essen. Die Eingangsräume und das Treppenhaus haben ihren eigenen Charme. © imago / Joker / Martina Hengesbach
Von Vivien Leue  · 23.05.2022
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Bürobauten zu Wohnhäusern umzubauen, ist eine lohnende Alternative zu Neubauten, sagen Immobilienexperten. Im früheren Finanzamt Essen-Süd ist eine Umwidmung zum Beginenhof mit 24 Wohnungen für Frauen gelungen.
Das Backsteingebäude aus den späten 1920er-Jahren war einst das Finanzamt Essen-Süd. Aber die Zeit, in der sich hier noch die Steuerunterlagen stapelten, ist längst vorbei. Stattdessen haben Waltraud Pohlen und andere Frauen dort ein Wohnprojekt gegründet, den Beginenhof Essen. "2004 sind die Beamten ausgezogen", sagt Pohlen. "Dann stand es zweieinhalb Jahre leer, weil niemand wusste, was man mit einem ehemaligen Finanzamt wohl anstellen könnte."
Bewohnerinnen des Beginenhofs im Cafe.
Der Beginenhof hat ein Café, das den Bewohnerinnen als beliebter Treffpunkt dient. © imago /Joker / Martina Hengesbach
Mit dem Beginenhof hatten die Frauen eine zündende Idee. Es ist eine Lebensgemeinschaft nach historischem Vorbild, denn im Mittelalter lebten Beginen ein religiöses, gemeinschaftliches Leben außerhalb eines Klosters ohne feste Ordensregeln. Ein Investor war vor 15 Jahren dazu bereit, das frühere Finanzamt umzubauen. Es entstanden 24 Wohnungen und ein großer Gemeinschaftsraum. Drei Jahre später zogen die Frauen ein.

Lohnender Umbau

Solche Umbauten, insbesondere von älteren Büro- und Verwaltungsgebäuden, lohnen sich nach Einschätzung von Branchenexperten in mehrerlei Hinsicht. Zum einen seien Umbauten klimaschonend – es müssten weniger Baumaterialien produziert und weniger Maschinen eingesetzt werden. Außerdem seien sie preiswerter.
Der Beginenhof in Essen
Das frühere Finanzamt Essen-Süd wurde komplett umgebaut und bietet heute 24 Wohnungen Platz. © imago /Joker / Martina Hengesbach
Auf dem Wohnungsbautag in Berlin stellte das „Verbändebündnis Soziales Wohnen“ eine Studie vor, die vorhersagt, dass in den kommenden Jahren deutschlandweit mehr als 200.000 Wohnungen aus ehemaligen Büros entstehen könnten.
„Wir haben ein zunehmendes Problem, eben auch Standorte zu finden, wo man noch günstig bauen kann", sagt der Studienleiter Dietmar Walberg, Chef des Wohnungs- und Bauforschungsinstituts ARGE in Kiel. "Das Ganze verdichtet sich jetzt in den Städten auf ein Problem, dass wir summa summarum Herstellkosten von 3400 Euro plus Grundstückskosten haben, wir bauen im Moment für 4200 Euro.“
Schon deshalb empfiehlt Walberg, stärker auf Bestandsimmobilien – wie das Essener Finanzamt Süd – zu schauen. So könne ein Drittel der Kosten gespart werden.

Preisgünstigere Mieten

Das wirke sich direkt auf die Mieten aus und habe somit auch einen positiven Effekt auf angespannte Wohnungsmärkte, vor allem in Großstädten, sagt Walberg. Der Essener Beginenhof zeigt, dass auch außergewöhnliche, architektonisch vielleicht herausfordernde Bestandsbauten gut neu genutzt werden können.
„Man merkt noch ein Stück diesen Baustil und diese Großzügigkeit, die ist nicht mehr finanzierbar in heutiger Zeit“, sagt Pohlen über die große Empfangshalle. Sie erstreckt sich über zwei Etagen und ein meterhohes, buntes Mosaikfenster bringt LIcht und Atmosphäre in das Haus. Wer das Gebäude betritt, merke, dass es kein normales Wohnhaus sei. "Das ist einfach auch der Charme, wenn man im Altbaubestand umbaut", sagt Pohlen. "Alte Häuser, die haben was, und dieses ganz besonders."

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