Wohnkosten

Mieterbund in Sorge um Mietpreisbremse

Nana Brink im Gespräch mit Ulrich Ropertz · 07.12.2013
Dem Mieterbund fehlt das klare Bekenntnis der sich formierenden Großen Koalition für eine Mietpreisbremse. Eine klare Verpflichtung für die Umsetzung wurde nicht formuliert, kritisiert Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes.
Nana Brink: Wer schon mal in München, Frankfurt oder auch in einigen Teilen von Berlin eine Wohnung gesucht hat, der weiß, wovon ich spreche: mit einem Durchschnittsgehalt kann man sich gerade mal ein Wohnklo leisten, wenn man überhaupt etwas findet. Mit ein Grund: Eigentümer können die Miete beliebig erhöhen, wenn sie eine Wohnung neu vermieten. Das will die künftige Große Koalition nun mit einer Mietpreisbremse verhindern. Für die nächsten fünf Jahre sollen bei Wiedervermietung per Gesetz die Erhöhungen auf zehn Prozent begrenzt sein, so steht es zumindest im Koalitionsvertrag. Ulrich Ropertz ist Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes. Schönen guten Morgen, Herr Ropertz!
Ulrich Ropertz: Guten Morgen!
Brink: Die kommende Große Koalition also ist sich einig in Sachen Mietpreisbremse, also Klassenziel erreicht?
Ropertz: Ja, Klassenziel erreicht, aber knapp. Es ist nicht hundertprozentig umgesetzt worden die Forderung, die der Deutsche Mieterbund vor einiger Zeit aufgestellt hat. Wir haben gesagt: Wir brauchen eine Begrenzung der Wiedervermietungsmieten! Sie sollte maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Aber diese Begrenzung der Wiedervermietung muss flächendeckend gelten, das heißt, überall in Deutschland. Was die koalition jetzt will, ist, eine Regelung schaffen, die letztendlich zunächst einmal von den Bundesländern umgesetzt werden muss, die Bundesländer müssen Städte und Stadtteile bestimmen, in denen eine derartige Begrenzung gelten soll. Das bedeutet im Klartext: Wir erwarten eine Flickenlösung. Es wird Standorte geben, wo dann diese Begrenzung der Wiedervermietungsmieten gilt, an anderen Standorten gilt sie nicht.
Brink: Aber was ist denn so schlimm daran, wenn die Länder das entscheiden, die wissen doch wahrscheinlich am besten, was in ihren Städten los ist?
Länder sollten zu Mietpreisbegrenzung verpflichtet werden
Ropertz: Ja, sollte man meinen, könnte man so denken. Aber die Länder brauchen ihre Zeit. Und viele Länder werden aus politischen Gründen vielleicht entscheiden: Mietpreisbegrenzung ist überhaupt nichts für uns! Und dann wird es an diesen Standorten keine Mietpreisbegrenzung geben.
Brink: Aber sie sind dann doch gebunden, wenn es gesetzlich vorgeschrieben ist, müssen sie ja liefern.
Ropertz: Nein, den Ländern wird nicht vorgeschrieben, sondern die Länder werden ermächtigt. Die Länder bekommen das Recht, eine derartige Regelung zu schaffen in bestimmten Gebieten, die sie aber selber ausweisen müssen. Und wenn man von einem Recht und von einer Möglichkeit keinen Gebrauch macht, dann ist das sicherlich nicht schädlich.
Wir haben eine Blaupause, wenn man so will: Die alte Bundesregierung, die alte Koalition hat noch Mitte diesen Jahres eine Kappungsgrenzenregelung geschaffen, wonach die Miete in bestehenden Mietverhältnissen maximal um 15 Prozent in drei Jahren steigen darf, und auch hier ist sie den Weg gegangen, dass die Länder dieses Gesetz quasi umsetzen müssen. Und jetzt, ein halbes Jahr später, hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht Hamburg, Berlin und Bayern, das heißt, drei Länder. In den anderen Ländern ist nichts passiert und genau das fürchten wir auch bei der sogenannten Mietpreisbremse.
Brink: Man kann es auch andersherum sehen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und NRW, die wären auch für bundesweite Regelungen gewesen. Die Frage bleibt ja: Ist das denn auch wirklich gerecht, eine bundesweite Lösung? Kann man das so bundesweit regeln, bei dem unterschiedlichen Wohnungsmarkt?
Ropertz: Ja, wir glauben, dass die Regelung hätte bundesweit getroffen werden müssen, getroffen werden können. sie wäre auch völlig unschädlich gewesen auf einem Wohnungsmarkt, der sicherlich sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, wird es sicherlich Märkte geben, wo Vermieter überhaupt keine Chance haben, die Miete nach einem Mieterwechsel, also bei einer Wiedervermietung, mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete anzuheben. Das heißt, da wäre die neue gesetzliche Regelung einfach ins Leere gelaufen, da, wo es derartige preissprünge und Preisdifferenzen nicht gibt, da braucht man eine derartige Regelung nicht, das ist völlig in Ordnung. Aber die Regelung ist natürlich wichtig für die sogenannten Hot spots auf den Wohnungsmärkten, das heißt, für die Großstädte und Universitätsstädte. Und da müsste sie eigentlich überall gleichermaßen gelten.
Brink: Der Haus- und Grundbesitzerverein will gegen das Gesetz, wenn es denn kommt, klagen mit der Begründung, es greife in das Eigentums- und auch in das Vertragsrecht ein und schrecke Investoren ab, die neu bauen wollen. Das ist ja nicht ganz von der Hand zu weisen, gerade bei diesen Hot Spots, die Sie erwähnt haben!
In der Spitze bereits Mietwucher
Ropertz: Ja, also, zunächst einmal fangen wir mit der inhaltlichen Kritik an, wonach der Neubau beschädigt wird, wonach Investoren nicht mehr neu bauen werden, nicht mehr neu bauen wollen. Wir halten das für falsch. Der Neubau ist von dieser Regelung überhaupt nicht betroffen, sondern es sind eigentlich die Mietverhältnisse betroffen, die schon, wo es das Mietobjekt seit Jahrzehnten gibt, wo aufgrund eines Mieterwechsels und einer fehlenden gesetzlichen Regelung der Vermieter nehmen kann, was er will. Und das führt eben auf engen Wohnungsmärkten zu drastischen Preissteigerungen. Die müssen gedeckelt werden und das ist weder verfassungswidrig noch falsch, sondern das ist völlig richtig. Also, ich würde den nächsten Schritten des Eigentümerverbands sehr gelassen entgegensehen.
Brink: Auch, dass sie sagen, das greift in das Vertragsrecht ein?
Ropertz: Na ja, es gibt viele Regelungen, die im Mietrecht in das Vertragsrecht eingreifen, und es gibt kein Grundrecht auf völlige Vertragsfreiheit im Mietrecht. Von daher, das ist eigentlich nichts Besonderes. Es gibt auch Regelungen, die bestimmtes Vermieterverhalten schon kriminalisieren, das ist das Wirtschaftsstrafgesetz, das ist das Strafgesetzbuch mit dem Wucherparagrafen, wonach bei entsprechendem Vorsatz der Vermieter sogar bestraft werden kann, wenn er extrem hohe Mieten fordert. Das ist sicherlich ein sehr viel stärkerer Eingriff als jetzt die möglicherweise kommende Mietpreisbegrenzung.
Brink: Was aber viele Mieter eigentlich am allermeisten interessiert, ist ja: Wo sind denn dann die Gegenden, wo diese Mietpreisbremse gilt, also, wo in der Bundesrepublik können Mieter zuversichtlich sein, dass sie gilt? Können Sie da Prognosen abgeben?
Ropertz: Ja, ich denke, ganz sicherlich werden Länder wie Hamburg und Berlin diese Mietpreisbegrenzung umsetzen, Bayern wird es ganz sicherlich auch für München und möglicherweise auch noch für andere Städte machen. Ansonsten kann ich eigentlich nur im Augenblick sagen, wo sie denn nötig ist. Sie ist sicherlich nötig genauso gut in Nordrhein-Westfalen auf der Rheinschiene, im Rhein-Main-Gebiet, Frankfurt, Mainz, Wiesbaden, aber auch in ganz vielen Universitätsstädten, vor allen Dingen im südlichen Raum. Dort liegen die Wiedervermietungsmieten drastisch über den Mieten, die der Vermieter in bestehenden Mitverhältnissen fordern darf, zwischen 20, 30 und 40 Prozent im Durchschnitt. Und das bedeutet, in der spitze haben wir es hier, man könnte schon fast sagen, mit Mietwucher zu tun. Und hier muss eine Begrenzung der Wiedervermietungsmieten her, hier wird sie Mieter künftig schützen.
Brink: Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des deutschen Mieterbundes. Schönen Dank, Herr Ropertz, für dieses Gespräch!
Ropertz: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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