Wohnen

Selbstnormierung durch Smart Homes

Barcelona Stühle im Pavillion Mies van der Rohe des deutschen Architekt Ludwig Mies van der Rohe.
© imago/Kraft
Christian Demand im Gespräch mit Axel Rahmlow · 15.02.2019
Heute haben die Menschen viele Möglichkeiten, sich so einzurichten, wie sie wollen. Und das Smart Home, in dem der Kühlschrank selbst den Einkauf bestellt, beschert zusätzliche Freiheiten. Doch Christian Demand fragt sich: Wer kontrolliert hier eigentlich wen?
Ob es darum geht, die Heizung per Smartphone zu regulieren oder den Kühlschrank, oder den Staubsaugerroboter in Gang zu setzen - das Smart Home verspricht Freiheit und Autonomie von lästigen Alltagsdingen. Doch hält es auch, was es verspricht? Der Kulturphilosoph Christian Demand ist skeptisch. Er sieht darin vielmehr Tendenzen einer "Selbstnormierung":
"Da geben sich Leute unter dem Signum der großen Befreiung und der Autonomie komplett einem Ordnungssystem hin, das sie nicht selbst geschaffen haben, sondern das aus der Hardware und der Software entsteht", sagt er.
Kunsthistoriker und Kulturphilosoph Christian Demand
Sagt von sich, er sei ein "Gestaltungswahnsinniger": der Kunsthistoriker und Kulturphilosoph Christian Demand.© Deutschlandradio Kultur / Stefan Ruwoldt
Sehr selten werde aber darüber nachgedacht, was diese neue Normierung eigentlich bedeute:
"Dass es vermutlich eher ein scheinbarer Freiheitsgewinn ist oder Kontrollgewinn, sondern dass man andererseits in einer gewissen Dialektik auch selbst kontrolliert wird und sich Ordnungssystemen und Ordnungsanforderungen unterwirft, von denen man sich durchaus fragen kann: Wie sinnvoll sind die eigentlich?"

Von Kindheit an vom Thema Wohnen fasziniert

Ethische oder kulturphilosophische Fragen zu stellen im Zusammenhang mit etwas vermeintlich so Profanem wie dem Wohnen, ist dem "Merkur"-Herausgeber gewissermaßen in die Wiege gelegt. Denn Demands Vater war Mitglied im Deutschen Werkbund, einer 1907 gegründeten und bis heute bestehenden Vereinigung, die sich einer Reform des Produktdesigns und des Wohnens im Sinne einer neuen Sachlichkeit verschrieben hat - von der Gabel bis zum Industriegebäude. "Das hatte manchmal durchaus missionarische Züge, in einem Haus großgeworden zu sein, in dem die Frage, wie ein Aschenbecher auszusehen hat oder ein Stuhl und wie der verarbeitet zu sein hat, eher so in einer Sphäre verhandelt wurde wie bei anderen religiöse Themen."
Seine Eltern hätten sich die Möbel, von denen sie geträumt hätten, allerdings nicht leisten könne, sagt Demand. "Es hat sehr, sehr lange gedauert, bis diese Dinge alle überhaupt aus dem Preissegment für ein Luxuspublikum herausgefallen waren."
(uko)

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Christian Demand" können Sie hier nachhören: Audio Player

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