Umkämpfte Stadt
Steigende Einwohnerzahlen, explodierende Mieten, kaum freie Wohnungen - das Leben in vielen Großstädten rund um den Globus ist inzwischen fast unerschwinglich. Wie sieht der konkrete Wohn-Alltag weltweit aus? Eine Studio-9- Serie mit Reportagen aus Afrika, Asien, Australien und Amerika.
Wohnen ist ein Grundbedürfnis, doch erschwingliche Mieten haben in vielen Metropolen weltweit inzwischen Seltenheitswert. Und die Ungleichheit wächst - fast ohne Ausnahmen. Denn immer mehr Menschen wohnen auf immer engerem Raum. Milliarden drängen in die Städte, weltweit wachsen die urbanen Räume und mit ihnen die Probleme. Für die Politik ist die Verbesserung von Lebensverhältnissen in diesen urbanen Konfliktzonen zu einer der zentralen Herausforderungen geworden. Und die Diagnose ist fast überall dieselbe: Steigende Einwohnerzahlen, steigende Mieten, steigende Immobilienpreise. Eine neue internationale Klasse von Reichen und Superreichen ist gerade dabei, die besten Wohnungen in den schönsten Städten dieser Welt aufzukaufen. Als Folge der Finanzkrise werden für Luxus-Immobilien zum Teil irrwitzige Preise bezahlt.
Gibt es ein Recht auf Stadt?
Die UNO-Konferenz "Habitat III" hat im vergangenen Jahr eine "New Urban Agenda" beschlossen. Orientiert an den Prinzipien sozialer, ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit forderten die Teilnehmer damals, "nachhaltige Städte und menschliche Siedlungen für alle". Postuliert wurde ein "Recht auf Stadt".
Wie aber sieht der konkrete Alltag aus? Was hierzulande noch unzumutbar scheint, ist woanders vielleicht schon der Normalzustand. Der Blick in die Metropolen dieser Welt zeigt: Die Kluft zwischen dem Nötigen und dem Möglichen ist tief.
Wären neue Wohnungsbauförderungsgesetze sinnvoll?
Ein Ausweg aus dem andauernden Mietenanstieg könnten neue Wohnungsbauförderungsgesetze sein, meint der Stadtforscher Sebastian Schipper. In Deutschland gab es diese gesetzliche Förderung bis 1989. Schipper ist derzeit Gastprofessor am Geographischen Institut der Freien Universität in Berlin. Er plädiert dafür, solche Eigentümer-Strukturen zu stärken, die nicht gewinnorientiert wirtschaften, also zum Beispiel Genossenschaften oder andere Formen von kollektiven Eigentumsmodellen.
Die Macht der Makler in Buenos Aires
"Zu vermieten"- oder "Zu verkaufen"- Plakate: Auf den Straßen von Buenos Aires sind sie fast an jeder Straßenecke zu sehen. Mehr als drei Tausend Immobilienfirmen gibt es in Argentiniens Hauptstadt. Vermietungen und Verkäufe von Wohnungen sind fast nur über Immobilienmakler möglich. Eine Reportage von Victoria Eglau über die Macht der Makler:
(Über-)Leben im Armen-Viertel Tepito in Mexiko Stadt
Mexiko-Stadt ist als Moloch verschrien. In kaum einer Metropole leben Arm und Reich so nah beieinander. Der arme Stadtteil Tepito zum Beispiel liegt nur ein paar Blöcke entfernt vom historischen Zentrum, wo sich tagsüber die Touristen tummeln. Die wenigsten verschlägt es in das "Barrio Bravo", das Wilde Viertel, wie es genannt wird. Anne Demmer hat mit dem 22-Jährigen Iván eine Runde durch sein Viertel gedreht:
Wohnen wie im Hotel: Tokios Luxushochhäuser
Es gibt jede Menge Klischees über Japan, die nur schwer aus den Köpfen zu kriegen sind: Zum Beispiel das Klischee, dass Japaner auf engstem Raum leben. Die Wohnungen in Tokio sind im Durchschnitt zwar kleiner als in deutschen Großstädten, aber dafür leben auch 40 Prozent der Bewohner als Singles. Mehr als zwei Räume will der gestresste Angestellte oft gar nicht sauber halten. Für junge Paare und Familien ist inzwischen ein anderer Wohnungsttyp in Mode gekommen: luxuriös ausgestattete Hochhauswohnungen, genannt "Tower Mansion". Jürgen Hanefeld hat einige Mieter getroffen:
Besitzen statt Mieten: Singapurs ungewöhnlicher Wohnungsmarkt
Sozialer Wohnungsbau mal anders: In Singapur sind rund 90 Prozent der Einwohner Besitzer von staatlich geförderten Eigentumswohnungen. Diese finden sich oft in speziellen Hochhauskomplexen mit Pool auf der Dachterrasse, eigenen Geschäften, Schulen und Kliniken. Alles staatlich geregelt und finanziell gefördert. Das System scheint zu funktionieren, wie Carsten Vick festgestellt hat:
Wohnen unter Lebensgefahr
In Nairobi kann das Wohnen lebensgefährlich sein. Denn immer wieder stürzen Mietshäuser in sich zusammen. Skrupellose Bauunternehmer verwenden minderwertige oder falsche Materialien, Hauseigentümer planen für zweistöckige Gebäude, setzen aber zusätzliche Etagen drauf. Korrupte Beamte der Bauaufsichtsbehörde drücken beide Augen zu, wenn sie Baustellen "kontrollieren". Allein in Nairobi steht der Abriss von 30.000 maroden Häusern an, der bisher aber nicht durchgeführt wurde. Die Mieter leben in ständiger Lebensgefahr. Linda Staude hat sie besucht:
Wohnprojekt für Obdachlose in Los Angeles
Los Angeles ist für Mieter eines der teuersten Pflaster in den USA. Eine Einzimmerwohnung kostet durchschnittlich 2000 Dollar im Monat, und selbst davon gibt es nicht genug. Neue Wohn-Konzepte sind also gefragt. Eines findet man an einem unerwarteten Ort: auf Skid Row, der Obdachlosenmeile mitten in Downtown. Kerstin Zilm hat sich die "Star Apartments" dort angeschaut:
Senioren kämpfen gegen Gentrifizierung
Mitten im Herzen von Sydney, nahe des Hafens, liegt das Viertel Millers Point. Jahrzehnte lang war es eine klassische Arbeitergegend, heute sind Wohnungen in dieser Gegend auch bei Besserverdienenden heiß begehrt. Die Stadt will die bisherigen Sozialwohnungen deshalb meistbietet versteigern lassen. Doch die Bewohner, zumeist Senioren, wehren sich. Andreas Stummer berichtet:
Wie lebt es sich im Vorzeigeprojekt "Kalkbreite" in Zürich?
Die Genossenschaft "Kalkbreite" in Zürich ist ein innovatives, international sehr beachtetes Wohnprojekt. Rund 250 Menschen leben auf dem Gelände eines ehemaligen Tramdepots mitten in der Innenstadt. Im Durchschnitt stehen jedem Bewohner nur rund 32 Quadratmeter Privatwohnfläche zur Verfügung, doch außerdem auch 800 Quadratmeter, die für Gemeinschaftsräume reserviert sind. "Studio 9"-Moderatorin Christine Watty hat Fred Frohofer interviewt, der seit 2014 in der "Kalkbreite" wohnt. Als Erstes wollte sie von ihm wissen, warum er dort eingezogen ist: