Wohnen der Zukunft

Von Gerrit Stratmann · 10.07.2007
Unsere Wohnungen stecken voller elektrischer Geräte, doch jedes einzelne muss in der Regel separat bedient werden. Ein Forschungsprojekt der Technischen Universität Berlin will das ändern und arbeitet an einem vernetzten Haus, in dem alle Geräte miteinander verbunden sind und sich über Software-Assistenten beliebig steuern lassen.
Stereoanlagen, Fernseher, Set-Top-Boxen und DVD-Rekorder, Computer, Mobiltelefone und Anrufbeantworter, vielleicht sogar elektrische Rollläden, ausgeklügelte Heizsysteme und intelligente Öfen: Unsere Haushalte sind geprägt von technischen Geräten. Fast jedes Gerät lässt sich programmieren und mit persönlichen Einstellungen versehen. Ein Paradies für Technikfreaks, ein Albtraum für alle, die vor allem wohnen wollen. Sebastian Feuerstack vom DAI-Labor der Technischen Universität in Berlin hat sich deshalb ein ehrgeiziges Ziel gesetzt:

"Ja, das Ziel ist es, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und die Technik zu vereinfachen und komfortabler zu gestalten."

Der Informatiker ist Projektleiter von SerCHo. Das Forschungsvorhaben SerCHo plant, die verschiedenen technischen Geräte eines Haushaltes miteinander zu verbinden. Alle Apparate sollen möglichst einfach und einheitlich gesteuert werden können. In einer beispielhaft eingerichteten Wohnung werden die Möglichkeiten dieser vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Service-Plattform für Zuhause gerade demonstriert.
"Ja, wir haben hier sozusagen ein Appartement aufgebaut, das die Zukunft des Wohnens widerspiegelt mit einem etwas technischen Fokus, also wie kann das Leben im Haus zukünftig ablaufen, und wir haben daher drei Räume hier aufgebaut: eine Küche, dann ein Wohnzimmer und ein Arbeitszimmer."
Sebastian Feuerstack öffnet die Tür des Appartements mit seiner Schlüsselkarte. Weiße Polstermöbel und ein riesiger Fernseher begrüßen den Besucher, Kameraaugen und Sensoren rund um das Wohnzimmer verbreiten einen Hauch Orwellscher Atmosphäre. Jeder Bewohner, der seine Chipkarte bei sich trägt, wird von SerCHo auf 30 Zentimeter genau geortet und identifiziert. Das System weiß dadurch zum Beispiel, wer gerade vor dem Fernseher sitzt und kann automatisch dessen Lieblingsprogramm vorschlagen. Aber auch profanere Dinge sind möglich, wie etwa das Licht in Räumen abzuschalten, in denen sich niemand aufhält. Strom zu sparen, ist in einer Wohnung mit vielen elektrischen Geräten schließlich kein unwichtiger Faktor. Auch dabei wird der Bewohner durch ein weiteres Hilfsprogramm unterstützt.

"Ja, dafür haben wir den Smart Home Energy-Assistenten entwickelt. Der erfasst in einer Oberfläche auf einem Bildschirm alle Geräte, die irgendwo angeschlossen sind, findet er im Haus, und stellt sie mir übersichtlich nach Räumen sortiert dar. Und ich kann jetzt auf jedes Gerät drücken auf der Oberfläche und bekomme da Informationen über den Energieverbrauch."

Weitere Assistenten ersetzen etwa den Anrufbeantworter und das Adressbuch, helfen bei der Aufnahme von Fernsehsendungen oder regeln die Raumtemperatur. Die Kontrolle über die eigenen vier Wände muss der Bewohner aber nicht vollständig abgeben.
"Also, es ist nicht das Ziel in dem Projekt, dass man alle Aktionen im Haus automatisiert, also dass das Haus plötzlich selbständig ist. Die Assistenten geben nur Vorschläge. Sie machen Vorschläge, die man annehmen kann oder auch ablehnen kann, also es steht jedem frei, was mitgelernt wird, was automatisiert wird und was nicht."

Gesteuert werden all diese Dienste über den Fernseher. Er ist direkt mit der Zentrale des voll vernetzten Heimes verbunden, der Home Service Box. Die Home Service Box ist ein schwarzer Kasten etwa von der Größe eines Videorekorders, der über ein Netzwerk oder einfach über die Stromleitungen mit allen Geräten des Hauses kommuniziert. Das ganze System wurde so konzipiert, dass es sich in jeder Wohnung leicht nachrüsten lassen soll. Das Verlegen neuer Leitungen ist nicht nötig – höchstens das Anbringen neuer Geräte. In der Küche des Appartements hängt zum Beispiel ein Monitor über der Dunstabzugshaube. Der berührungsempfindliche Bildschirm wird von Sebastian Feuerstack als Vier-Sterne Koch-Assistent vorgestellt.

"Der hat sich die vier Sterne damit verdient, dass er nicht nur einem die Schritte vorliest, wie man Schritt für Schritt ein Kochrezept abarbeitet, sondern er kann auch wertvolle Tipps geben, wie man einfach und besser kocht – und vor allem gesundheitsbewusst."

Ein Druck auf den Bildschirm und der Assistent legt los.

"Hauptspeisen, Kuchen, Dessert und Vorspeisen sind kochbar.
Ich entscheide mich jetzt für ein Hauptgericht. Danach sage ich noch ungefähr, welches meine Präferenz ist hinsichtlich der Nationalität der Küche.
Hier kann die Herkunft der Speisen ausgesucht werden.
Ich wähl mal deutsch und italienisch. Dann starte ich die Suche, und was der Koch nun macht, ist, er sucht für mich Rezeptvorschläge."

Ob das Wohnen durch die Unterstützung der zahlreichen Assistenten und einer totalen Vernetzung wirklich einfacher wird, lässt sich momentan kaum abschätzen.
Alles ist denkbar, vieles scheint machbar, aber nicht jedes Detail wird nötig sein. Derzeit lotet man aus, was in Jahren Realität werden soll.

"Ich könnte mir vorstellen, dass auch Robotik Einzug ins Haus hält in 20 Jahren, die diese Assistentenfunktionalitäten dann auch etwas physischer darstellen. Also dann lebt der Butler vielleicht wieder auf."