Wohlgeordnete Übergabe

Von Margarete Limberg · 25.02.2008
Auf seiner letzten Pressekonferenz im Amt als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wirkte Klaus-Dieter Lehmann sichtlich aufgeräumt. Zurecht, hatte er doch einige Erfolge zu vermelden: ein Besucherplus von 30 Prozent im Jahr 2007, 34 Prozent mehr Eintrittsgelder sowie die Schaffung einer Arbeitsstelle für Provenienzforschung. Dennoch wird sein Nachfolger sich weiterhin mit Beutekunst, dem Umbau der Museumsinsel und sinkender Förderung seitens des Bundes auseinandersetzen müssen.
Wann erlebt man schon, dass die Führung einer öffentlichen Einrichtung nichts als Zufriedenheit ausstrahlt, noch nicht einmal über leere Kassen jammert? Der in wenigen Tagen aus dem Amt scheidende Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann gehört zu dieser seltenen Spezies:

"Es war tatsächlich das erfolgreichste Jahr seit Bestehen der Stiftung."

Einige Zahlen belegen den zufriedenen Rückblick : bei den Staatlichen Museen zu Berlin hat sich die Zahl der Besucher im letzten Jahr gegenüber dem Vorjahr auf 5,35 Millionen erhöht, das sind 30 Prozent mehr. Das bescherte der Stiftung eine Steigerung der Einnahmen aus Eintrittsgeldern und dergleichen um 22 Millionen Euro, das sind 34 Prozent mehr als 2006. Man habe, so Lehmann, richtig gut verdient.

Dem stehen allerdings seit Jahren stagnierende Zuschüsse der Träger der Stiftung, also des Bundes und der Länder gegenüber. Von dem Haushalt, der sich 2008 auf 252 Millionen Euro beläuft, trägt der Bund gut 100 Millionen und die Länder rund 33 Millionen Euro.

Wichtige Anliegen, die die Amtszeit Lehmanns beherrschten, werden auch seinen Nachfolger intensiv beschäftigen. Eines der brisantesten nach wie vor ungelösten Probleme ist das jener Kulturgüter, die die Nazis ihren einst jüdischen Besitzern entweder geraubt oder zu deren Verkauf sie die Verfolgten gezwungen haben. Auf der Washingtoner Konferenz hat sich die Bundesrepublik vor zehn Jahren zur Rückgabe dieser Kunstwerke verpflichtet, aber nach wie vor liegt die Provenienzforschung, die sie aufspüren könnte, hierzulande im Argen.

Immerhin hat der Staatsminister für Kultur Bernd Neumann kürzlich die Schaffung einer Arbeitsstelle für Provenienzforschung bewilligt, die beim Institut für Museumsforschung der Stiftung angesiedelt ist und ab diesem Jahr tätig werden soll. Über die Bedeutung dieser Arbeitsstelle äußerte sich Klaus-Dieter Lehmann:

"Dieses Institut wird also im wesentlichen koordinieren, eine Datenbank aufbauen, alle Provenienzrecherchen so verdichten, dass auch Muster erkennbar sind und dass die Museen und Bibliotheken im Land damit eine unmittelbare Unterstützung für die Provenienzrecherche bekommen. Es sollte deutlich werden, dass wir eine Lücke schließen müssen. Die damalige Washingtoner Konferenz vor zehn Jahren hat in Deutschland durchaus zu entsprechenden Ausführungsbestimmungen geführt, aber es gab keine zusätzliche Finanzierung, das ist jetzt repariert."

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat im vergangenen Jahr vier Fälle von NS-Raubkunst klären und die Kunstwerke an die früheren Besitzer oder ihre Erben zurückgeben können.

Ein Dauerbrenner ist auch das Thema Beutekunst, also das Schicksal jener Kunstwerke, die von der Roten Armee gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in die Sowjetunion verfrachtet und per Duma-Gesetz vor einigen Jahren zu russischem Eigentum erklärt wurden. Eine Lösung ist nicht in Sicht, aber Lehmann registriert auf russischer Seite immerhin einen Prozess des Nachdenkens:

"Da sind die Ergebnisse so, dass wir mit der Merowinger-Ausstellung in Russland zwei Dinge erreicht haben: einmal den Zugang zu den Geheimdepots, und ich wage zu behaupten, wir haben in Russland auch eine neue Nachdenklichkeit geschaffen."

Fast vergessen ist, dass die Sowjetunion 1958 1,5 Millionen Kunstwerke aus der so genannten Beutekunst an die damalige DDR zurückgegeben hat, darunter der Pergamonaltar. Ohne diese Rückgabe, so Lehmann wäre die Museumsinsel eine Hülle ohne Inhalte. An dieses Ereignis soll Ende Oktober dieses Jahres erinnert werden:

"Ich glaube, es ist in vielen Köpfen gar nicht verankert, dass dieses Rückgaben waren, weil sie damals in die DDR gingen und Westdeutsche davon überhaupt keine Notiz genommen haben. Es ist wichtig, dass das gewusst wird, und es ist wichtig, dass man noch einmal vermittelt, dass Rückgaben erfolgten."

Auch die gewaltigen Baumaßnahmen, die Lehmanns Amtszeit beherrscht haben, vor allem die Sanierung der Museumsinsel, werden weitergehen. Im nächsten Jahr wird das dritte Haus des einzigartigen Ensembles, das Neue Museum, wieder eingeweiht, und für die Sanierung des Hauptwerks, des Pergamonmuseums hat die Phase der detaillierten Planung begonnen. Die Finanzierung - und das will viel heißen - ist gesichert.

Seinem Nachfolger Hermann Parzinger, der am 1. März sein Amt antritt, hinterlässt der gut vernetzte und diplomatisch versierte Lehmann also ein gut bestelltes Haus.