Woche der Meinungsfreiheit

"Man muss aushalten, dass andere eine andere Meinung haben"

07:23 Minuten
Porträt von Regula Venske am Schreibtisch.
Regula Venske ist Präsidentin der Schriftstellervereinigung PEN. Dieser ist Teil eines Bündnisses, das eine "Woche der Meinungsfreiheit" ins Leben gerufen hat. © picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt
Regula Venske im Gespräch mit Dieter Kassel · 03.05.2021
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Zur Meinungsfreiheit gehört für die Autorin Regula Venske auch die Streitlust. Doch werde leider immer weniger in der Öffentlichkeit über Meinungen gestritten, bedauert die deutsche PEN-Präsidentin. Sie plädiert für ein Schulfach "Meinungsfreiheit".
"We agree to disagree", zu deutsch: "Wir stimmen darin überein, dass wir nicht übereinstimmen". Für Regula Venske, Präsidentin des Deutschen PEN-Zentrumsn drückt dieser Satz etwas Entscheidendes aus: Die Streitlust darf der Öffentlichkeit nicht abhanden kommen. Doch gerate sie schon seit geraumer Zeit aus dem Blickfeld, und das sei sehr bedauerlich.
Anlässlich der "Woche der Meinungsfreiheit" sagt die Autorin: "Meinungsfreiheit ist die Grundlage eines demokratischen Miteinanderlebens – dass man seine Meinung frei sagen und seine Kunst frei ausüben darf und dass der Staat einem dabei keine Schranken auferlegen darf."

Meinungsfreiheit schon in der Schule vermitteln

Zur Meinungsfreiheit gehöre jedoch auch ein verantwortlicher Umgang damit: Zurückhaltung, wenn es um "wahrheitswidrige Äußerungen oder vorsätzliche Fälschungen und Entstellungen von Tatsachen" gehe. Die Freiheit, seine Meinung zu äußern dürfe keinesfalls ein Freibrief für böswillige und menschenverachtende Hetze und Hass sein. Es gebe eindeutig Grenzen, etwa das öffentliche Leugnen des Holocaust.
Venske plädiert vor diesem Hintergrund für ein Schulfach "Meinungsfreiheit". "Da hätte man Geschichte, Geografie und auch Rechtskunde, also, sehr umfassend. Und es wäre gut, wenn schon die Kinder darin eingeübt werden – etwa, dass das Internet kein Freiraum ist, in dem man etwa ungehindert seine Mord- und Vergewaltigungsfantasien äußern kann. Dann wäre schon einiges gewonnen."

Jeder darf sich blamieren

Mit Blick auf die viel diskutierte Aktion #allesdichtmachen, in der zahlreiche Schauspielerinnen und Schauspieler ironisch die Lockdownmaßnahmen der Regierung und die Medien aufs Korn nahmen, sagt Venske: "Auch schlechte Satire ist nicht verboten." Auch wenn man sich etwas bessere Werbung für die Kultur gewünscht hätte: "Es kann sich jeder blamieren, wie er möchte."
Generell gelte aber: "Man muss aushalten, dass andere eine andere Meinung haben." Sie findet, in dieser Hinsicht sei etwas die Debattenkultur verloren gegangen.
Problematisch findet sie, wenn Menschen von Veranstaltungen ausgeschlossen werden, nur weil sie eine andere und möglicherweise unbequeme Meinung vertreten. Denn: "Man muss das aushalten."
(mkn)
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