Wo Berlin zur Ruhe kommt
Der Berliner Dom liegt in touristenfreundlicher Lage auf der Museumsinsel, inmitten des Hauptstadttrubels. Doch mit der Hektik ist nun Schluss: Die Domgemeinde bietet seit einigen Wochen einen Raum der Stille an. Es ist ein Experiment - mit ungewissem Ausgang.
Es sind zwar nur wenige Meter, doch der Unterschied könnte kaum größer sein: Während draußen, zwischen Lustgarten, Schlossgarten und Spree der Verkehr tost und Heerscharen an Touristen zu Fuß oder in Reisebussen vorbeiziehen, erscheint die Tauf- und Traukirche fast geräuschlos. Die Gemälde an der Wand zeigen die Taufe Jesu im Jordan und die Hochzeit von Kanaan, dazwischen steht ein Tisch, auf dem die Bibel in verschiedenen Sprachen ausliegt. Nur ab und zu unterbricht das Klingen einer Münze die Stille. Am Eingang, hinter der großen Holztür, sitzt Christa German und zählt die Menschen, die den Raum der Stille betreten.
"Ich erlebe das als sehr angenehm, da diese Ruhe hier im Raum auch angenommen wird, und dass die Gäste, die kommen, leise eine Kerze anzünden, sich mit der Bibel beschäftigen oder sich hinsetzen und einfach Ruhe wollen. Ich denke, das ist eine Möglichkeit für Menschen, die das einfach mal brauchen."
Immer wieder laufen Touristen mit Reiseführer in der Hand die Treppen zur Kirche hoch, weil sie das Portal für einen Eingang zur Predigtkirche, dem Touristenmagnet im Berliner Dom, halten. Manche drehen sofort um, wenn sie die Hinweisschilder auf den Raum der Stille gelesen haben, andere stocken kurz und gehen dann doch hinein.
"Wir sind nicht absichtlich reingegangen, sondern nur, um uns das Gebäude anzusehen. Aber wenn man reinkommt, spürt man die Stille und kann zu sich kommen. Es ist ein besonderer Ort, wenn man von dem geschäftigen Treiben draußen in diese Kirche kommt."
Ein anderes Paar entscheidet sich zunächst zu gehen, doch noch auf den Treppen hinunter zur Straße dreht es um und verschwindet für ein paar Minuten im Raum der Stille.
"Wir wollten eigentlich in den Dom und dann haben wir gelesen: Nur für Gebete. Dann ist mir eingefallen, dass mein Schwager vor fünf Minuten angerufen hat, dass seine Mutter gestorben ist. Deswegen sind wir zurückgekommen und haben beschlossen, eine Kerze für sie anzuzünden, uns hinzusetzen und in Ruhe ein Gebet zu sprechen."
Und genau darum geht es, betont Holk Knöppel vom Domkirchenkollegium, das das Projekt ins Leben gerufen hat:
"Wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, in der Innenstadt, wo es braust und tost und laut und hektisch ist - die Möglichkeit geben, für wenige Minuten, für eine kurze Zeit, zur Ruhe zu kommen, die Stille genießen, vielleicht ein Gebet zu sprechen, vielleicht eine Kerze anzuzünden. Das ist unser Anspruch."
Wer will, kann diese Orte der Ruhe oder des Gebets im Zentrum Berlins schon heute finden: Die St. Marienkirche am Alexanderplatz ist genauso täglich geöffnet wie der Raum der Stille im Brandenburger Tor.
"Natürlich gibt es diese Räume, aber ich denke, das kann's nicht sein, dass wir die Leute wegschicken, wenn sie hier im Berliner Dom einen Raum der Ruhe suchen. Ich denke, es ist nicht unsere Aufgabe als Kirche zu sagen, wir bieten euch zwar den Besuch dieser Kirche, der Hohenzollern-Gruft, des Umlaufs oben auf der Kuppel an, aber dann sagen: Wenn ihr jetzt Ruhe haben wollt, dann geht bitte woanders hin."
Seit drei Wochen ist der "Raum der Stille" vom Montag bis Samstag geöffnet, im Schnitt kommen täglich rund hundert Menschen, um kurz innezuhalten oder zu beten. Die Zahl derer, die eigentlich in den Berliner Dom wollen, liegt deutlich höher. Doch diejenigen, die bleiben, schätzen die Atmosphäre des Ortes.
"In diesem Leben, wo alles immer in Bewegung ist, brauche ich diese besondere Zeit, auch wenn ich weiß, dass Gott immer da ist, um mich für das zu bedanken, was er mir gibt. Es ist ein Moment des Friedens und des Wunders, ein Moment der Gnade."
Aber wenn Gott immer da ist, kann man diese Momente der Ruhe und der Besinnung dann nicht auch im Bus oder Café finden? Doch, sagt die Touristin, und trotzdem braucht es diese Räume:
"Es ist eine Welt in der Welt, und um sie zu betreten, braucht es offene Türen. Das ist ein Bild, aber ich glaube, es ist sehr wichtig. Und auch wenn manche heute nicht innehalten, wenn sie es eines Tages tun, ist es wichtig, dass es noch offene Türen gibt. Denn wenn es keine offenen Türen mehr gibt, kann man sich nicht mehr begegnen."
Bis zum zweiten Dezember wird das Projekt noch laufen, dann wird Bilanz gezogen. Dabei spielt nicht nur die Zahl der Besucher, die den Raum der Stille genutzt haben, eine Rolle.
Knöppel: "Wir wissen auch noch nicht, wie sich die Änderung der Luftfeuchtigkeit in dieser Kirche auswirkt auf die beiden wertvollen Orgeln, die wir drin haben. Durch die vielen Besucher und dadurch, dass die Tür ständig nach außen hin aufgemacht wird, besteht die Gefahr, dass die Luft so trocken wird, dass die Orgeln Schaden nehmen."
Auch in der Predigtkirche, dem Touristenmagnet des Berliner Doms, hatte das Holz der Orgel durch das ständige Öffnen und Schließen der Türen gelitten. Dort wurde das Problem mit Hilfe einer Luftbefeuchtungsanlage behoben - eine Lösung, die, wenn nötig, auch in der Tauf- und Traukirche denkbar ist. Und noch etwas wird bei der Entscheidung, ob es im Berliner Dom auf Dauer einen Raum der Stille geben wird, eine Rolle spielen: Lässt sich die Aufsicht langfristig mit Ehrenamtlichen organisieren?
"Diese vier Wochen sind erfreulich gut angenommen worden in der Gemeinde. Es sind 25 Leute, die sich spontan gemeldet haben, um da jeweils für vier Stunden die Aufsicht zu führen. Aber wenn man das auf Dauer machen will, muss man natürlich auch sicher sein, da sind Menschen, die das zu ihrer Aufgabe machen. Denn das sind ja dann in der Regel Rentner, Pensionäre. Wer kann sonst morgens von zehn bis 14 oder von 14 bis 18 Uhr Aufsicht in der Tauf- und Traukirche haben? Wir wollen alle Fakten auf den Tisch legen und dann wird das Domkirchenkollegium entscheiden, was wir weitermachen und was wir nicht weitermachen können."
"Ich erlebe das als sehr angenehm, da diese Ruhe hier im Raum auch angenommen wird, und dass die Gäste, die kommen, leise eine Kerze anzünden, sich mit der Bibel beschäftigen oder sich hinsetzen und einfach Ruhe wollen. Ich denke, das ist eine Möglichkeit für Menschen, die das einfach mal brauchen."
Immer wieder laufen Touristen mit Reiseführer in der Hand die Treppen zur Kirche hoch, weil sie das Portal für einen Eingang zur Predigtkirche, dem Touristenmagnet im Berliner Dom, halten. Manche drehen sofort um, wenn sie die Hinweisschilder auf den Raum der Stille gelesen haben, andere stocken kurz und gehen dann doch hinein.
"Wir sind nicht absichtlich reingegangen, sondern nur, um uns das Gebäude anzusehen. Aber wenn man reinkommt, spürt man die Stille und kann zu sich kommen. Es ist ein besonderer Ort, wenn man von dem geschäftigen Treiben draußen in diese Kirche kommt."
Ein anderes Paar entscheidet sich zunächst zu gehen, doch noch auf den Treppen hinunter zur Straße dreht es um und verschwindet für ein paar Minuten im Raum der Stille.
"Wir wollten eigentlich in den Dom und dann haben wir gelesen: Nur für Gebete. Dann ist mir eingefallen, dass mein Schwager vor fünf Minuten angerufen hat, dass seine Mutter gestorben ist. Deswegen sind wir zurückgekommen und haben beschlossen, eine Kerze für sie anzuzünden, uns hinzusetzen und in Ruhe ein Gebet zu sprechen."
Und genau darum geht es, betont Holk Knöppel vom Domkirchenkollegium, das das Projekt ins Leben gerufen hat:
"Wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, in der Innenstadt, wo es braust und tost und laut und hektisch ist - die Möglichkeit geben, für wenige Minuten, für eine kurze Zeit, zur Ruhe zu kommen, die Stille genießen, vielleicht ein Gebet zu sprechen, vielleicht eine Kerze anzuzünden. Das ist unser Anspruch."
Wer will, kann diese Orte der Ruhe oder des Gebets im Zentrum Berlins schon heute finden: Die St. Marienkirche am Alexanderplatz ist genauso täglich geöffnet wie der Raum der Stille im Brandenburger Tor.
"Natürlich gibt es diese Räume, aber ich denke, das kann's nicht sein, dass wir die Leute wegschicken, wenn sie hier im Berliner Dom einen Raum der Ruhe suchen. Ich denke, es ist nicht unsere Aufgabe als Kirche zu sagen, wir bieten euch zwar den Besuch dieser Kirche, der Hohenzollern-Gruft, des Umlaufs oben auf der Kuppel an, aber dann sagen: Wenn ihr jetzt Ruhe haben wollt, dann geht bitte woanders hin."
Seit drei Wochen ist der "Raum der Stille" vom Montag bis Samstag geöffnet, im Schnitt kommen täglich rund hundert Menschen, um kurz innezuhalten oder zu beten. Die Zahl derer, die eigentlich in den Berliner Dom wollen, liegt deutlich höher. Doch diejenigen, die bleiben, schätzen die Atmosphäre des Ortes.
"In diesem Leben, wo alles immer in Bewegung ist, brauche ich diese besondere Zeit, auch wenn ich weiß, dass Gott immer da ist, um mich für das zu bedanken, was er mir gibt. Es ist ein Moment des Friedens und des Wunders, ein Moment der Gnade."
Aber wenn Gott immer da ist, kann man diese Momente der Ruhe und der Besinnung dann nicht auch im Bus oder Café finden? Doch, sagt die Touristin, und trotzdem braucht es diese Räume:
"Es ist eine Welt in der Welt, und um sie zu betreten, braucht es offene Türen. Das ist ein Bild, aber ich glaube, es ist sehr wichtig. Und auch wenn manche heute nicht innehalten, wenn sie es eines Tages tun, ist es wichtig, dass es noch offene Türen gibt. Denn wenn es keine offenen Türen mehr gibt, kann man sich nicht mehr begegnen."
Bis zum zweiten Dezember wird das Projekt noch laufen, dann wird Bilanz gezogen. Dabei spielt nicht nur die Zahl der Besucher, die den Raum der Stille genutzt haben, eine Rolle.
Knöppel: "Wir wissen auch noch nicht, wie sich die Änderung der Luftfeuchtigkeit in dieser Kirche auswirkt auf die beiden wertvollen Orgeln, die wir drin haben. Durch die vielen Besucher und dadurch, dass die Tür ständig nach außen hin aufgemacht wird, besteht die Gefahr, dass die Luft so trocken wird, dass die Orgeln Schaden nehmen."
Auch in der Predigtkirche, dem Touristenmagnet des Berliner Doms, hatte das Holz der Orgel durch das ständige Öffnen und Schließen der Türen gelitten. Dort wurde das Problem mit Hilfe einer Luftbefeuchtungsanlage behoben - eine Lösung, die, wenn nötig, auch in der Tauf- und Traukirche denkbar ist. Und noch etwas wird bei der Entscheidung, ob es im Berliner Dom auf Dauer einen Raum der Stille geben wird, eine Rolle spielen: Lässt sich die Aufsicht langfristig mit Ehrenamtlichen organisieren?
"Diese vier Wochen sind erfreulich gut angenommen worden in der Gemeinde. Es sind 25 Leute, die sich spontan gemeldet haben, um da jeweils für vier Stunden die Aufsicht zu führen. Aber wenn man das auf Dauer machen will, muss man natürlich auch sicher sein, da sind Menschen, die das zu ihrer Aufgabe machen. Denn das sind ja dann in der Regel Rentner, Pensionäre. Wer kann sonst morgens von zehn bis 14 oder von 14 bis 18 Uhr Aufsicht in der Tauf- und Traukirche haben? Wir wollen alle Fakten auf den Tisch legen und dann wird das Domkirchenkollegium entscheiden, was wir weitermachen und was wir nicht weitermachen können."