Jetzt wird's ernst!

Mit den Südamerika-Duellen Gastgeber Brasilien gegen Chile und Kolumbien gegen Uruguay wird die heiße Phase dieser Weltmeisterschaft eingeläutet. Bevor es losgeht, eine persönliche Zwischenbilanz nach der Vorrunde.
Welche Erkenntnisse hat uns diese 20. WM bisher gebracht? Der Trend des letzten Turniers in Südafrika vor vier Jahren hält an. Die Europäer dominieren den Weltfußball längst nicht mehr so, wie sie es gerne hätten. Fünf der sechs Südamerika-Vertreter stehen im Achtelfinale. Dazu noch die Amerika-Fraktion USA, Mexiko und - für alle wohl die größte Überraschung - Costa Rica. Mit dabei auch zwei afrikanische Länder. Auch das ist bemerkenswert, weil neu.
Südamerikanische Physis
Das Quintett Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Chile und Uruguay beeindruckte bisher durch ein enorm körperbetontes Spiel und zeigte damit jenen europäischen Teams, die dachten, sie fliegen mal eben zur WM, spielen ein bisschen Fußball und kehren dann mit Ruhm und Ehre zurück, klar die Grenzen auf. Vor allem der entthronte Titelverteidiger Spanien und auch der vierfache Weltmeister Italien, die beide schon wieder zu Hause sind, kamen mit dieser Spielweise überhaupt nicht zurecht und wirkten kraftlos.
Von Verpfiffenen
Oh jemine. Das kann ja heiter werden, dachten wir uns schon beim Eröffnungsspiel, als der japanische Schiedsrichter Yuichi Nishimura auf eine Schwalbe von Fred hereinfiel, und den Brasilianern gegen Kroatien einen Elfmeter zusprach, der beileibe keiner war. Einen Tag später dann die nächsten Fehlgriffe. Äh Pfiffe. Der kolumbianische Unparteiische Wilmar Roldan verweigerte den Mexikanern gegen Kamerun gleich zwei klare Tore wegen angeblicher Abseitsstellung. Eine Frechheit!!! Und das ging zunächst munter so weiter. In der Partie Spanien gegen Niederlande fiel der italienische Referee Nicola Rizzoli auf einen Faller von Diego Costa herein und gab Strafstoß. Was dem Weltmeister jedoch nur zwischenzeitlich etwas nutzte. Das Ende ist bekannt. Dann wurde es etwas besser. Aber zwei reguläre Treffer, die wegen Abseits bei den Spielen Schweiz gegen Ecuador und Bosnien-Herzegowina gegen Nigeria nicht gegeben wurden, sorgten trotzdem für Aufregung. Costa Rica und der Iran wurden um zwei klare Elfmeter betrogen. Und der Italiener Claudio Marchisio sah zu unrecht Rot.
Weggebissen
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, das Milliardenspiel Fußball-WM ist ein Circus Maximus reloaded. Eine kreischende, johlende Menge, Gladiatoren. Was fehlt da noch? Natürlich wilde Tiere. Wobei das wilde Tier in Gestalt des Weltklassestürmers Luis Suarez eigentlich mehr ein Vampir ist. Zum wiederholten Male biss der Uruguayer einen Gegenspieler. Diesmal rammte er seine Zähne in die Schulter des Italieners Giorgio Chiellini, sah dafür aber kein Rot, weil der Schiedsrichter nicht hingesehen hatte.
Harte, aber gerechte Strafe
Immerhin: die FIFA war nach Studie der Fernsehbilder konsequent und verhängte die bisher härteste Strafe, die jemals bei einer Weltmeisterschaft ausgesprochen wurde. Sie schloss Suarez von der WM aus, sperrte ihn für neun Länderspiele und verdonnerte ihn zudem zu einer Geldbuße von 100.000 Schweizer Franken. Bis Ende Oktober sind ihm außerdem "alle fußballbezogenen Aktivitäten" verboten, also auch Stadionbesuche, vor allem aber das Training und die Spiele mit seinem Klub, dem FC Liverpool. Oder auch für einen möglichen neuen Klub. Der Beißer hat Zeit zum Nachdenken. Und das ist gut so.