WM-Tagebuch (15)

Jogi 1, Klinsi 0

Thomas Müller jubelt nach seinem 1:0 gegen die USA zusammen mit Miroslav Klose.
Thomas Müller jubelt nach seinem 1:0 gegen die USA zusammen mit Miroslav Klose. © dpa / Andreas Gebert
Von Thomas Wheeler und Christian Riedel · 27.06.2014
Ohne spielerisch zu berauschen, dafür aber kontrolliert und unaufgeregt hat die Mannschaft von Joachim Löw ihr Minimalziel erreicht. Thomas Müller mit einem satten Fernschuss erzielte im Dauerregen von Recife nach 55 Minuten das Siegtor. Die US-Amerikaner von Jürgen Klinsmann kommen trotz der Niederlage ebenfalls weiter. Portugal und Ghana scheiden aus.
Gegenüber der Partie gegen Ghana hatte der Bundestrainer seine Anfangsformation auf zwei Positionen verändert. Bastian Schweinsteiger kam für Sami Khedira, und Lukas Podolski spielte für Mario Götze. Die Entscheidung für Schweinsteiger, der ja schon Mitte der zweiten Hälfte gegen Ghana für frischen Wind gesorgt hatte, belebte das deutsche Angriffsspiel zunächst. Angetrieben von ihm und von Jerome Boateng auf der rechten Seite vermittelte die DFB-Elf den Eindruck, frühzeitig alles klar machen zu wollen. Hoher Ballbesitz und lange Ballstafetten erinnerten dabei stark an den FC Bayern. Vor allem Müller hätte schon in der Anfangsphase treffen können, aber die US-Abwehr ging beherzt dazwischen und hatte auch das nötige Glück.
Danach stabilisierten sich die USA und schafften es durch intensives Pressing das Spiel immer mehr aus ihrer eigenen Hälfte ins Mittelfeld zu verlagern. Zudem trauten sie sich auch mehr nach vorne zu und hatten ihre größte Chance durch einen schönen Fernschuss von Graham Zusi, der in der 22. Minute knapp über das Tor strich. Die beste deutsche Möglichkeit vergab nach 35 Minuten Mesut Özil, der am aufmerksamen US-Torhüter Tim Howard scheiterte. Zu Beginn der zweiten Hälfte brachte der Bundestrainer Miroslav Klose für Podolski, der in den ersten 45 Minuten über links kaum zu sehen war, aber auch nur selten angespielt wurde. Mit Klose als einziger Sturmspitze griff die deutsche Mannschaft nun konsequenter an und traf gleich bei der ersten gelungenen Aktion. Einen Kopfball von Per Mertesacker konnte US-Schlussmann Howard gerade so parieren, faustete ihn aber nach vorne weg, direkt vor der Füße von Thomas Müller. Der zog aus 20 Metern sofort ab und sorgte in der 55. Minute für die deutsche Führung.
Die US-Amerikaner spielten nach dem Rückstand nicht bedingungslos nach vorn, da sie immer über den Zwischenstand im Parallelspiel Portugal gegen Ghana informiert waren. Dort stand es erst 1:0 für die Südeuropäer und dann 1:1, sodass sich die Spieler von Jürgen Klinsmann auch eine knappe Niederlage leisten konnten. Als Cristiano Ronaldo in der 80. Minute das 2:1 für die Portugiesen markierte, machte sich endgültig Erleichterung im US-Team breit. In der Nachspielzeit wäre dann sogar fast noch der Ausgleich gefallen. Aber Philipp Lahm blockte im aller letzten Moment einen Schuss von Alejandro Bedoya, und Clint Dempsey köpfte anschließend knapp über das Tor.
Beim Abpfiff stand ein verdienter deutscher Sieg ohne spielerischen Glanz und die Gewissheit, dass die Freunde Joachim Löw und Jürgen Klinsmann mit ihren Mannschaften das Achtelfinale erreicht haben.
Wiedersehen mit Algerien
Algerien? Algerien? Da war doch was. Genau die älteren Fußballfans erinnern sich noch. 16. Juni 1982. Das erste Spiel für die deutsche Nationalelf bei der Weltmeisterschaft in Spanien. Gegner waren die Nordafrikaner. Überheblich tönten die Spieler von Jupp Derwall, sie wollten sieben Tore ihren Frauen widmen und das achte ihren Haustieren. Der damalige Bundestrainer kündigte an, sich im Falle einer Niederlage ins Mittelmeer zu stürzen. Soviel Arroganz musste einfach bestraft werden. Die Algerier gewannen 2:1. Was ihnen aber am Ende nichts nutzte, weil Deutschland und Österreich im entscheidenden letzten Gruppenspiel beschlossen, das Fußballspielen einzustellen. Die "Schande von Gijon" brachte Beide weiter, zum Schaden Algeriens, das trotz zwei Siegen nach der Vorrunde die Heimreise antreten musste.
Bei diesem Turnier haben die Wüstenfüchse, so der Spitzname des Nationalteams, erstmals die erste K.O.-Runde erreicht und warfen mit einem 1:1 die Russen 'raus. Der Gastgeber der nächsten WM hat noch sehr viel Arbeit vor sich, um bis 2018 eine schlagkräftige Mannschaft zu formen. Belgien ist da schon viel weiter, gewann alle drei Vorrundenpartien und bezwang auch erneut enttäuschende Südkoreaner mit 1:0. Damit schlossen unsere Nachbarn die Gruppenphase als Erster ab. Die Roten Teufel von Marc Wilmots treffen nun im letzten Achtelfinale am nächsten Dienstag auf die USA.