Wissen, woher der Wind weht

    Von Christina Selzer · 26.04.2011
    Wilfried Mittendorf steht auf einem Acker am Ortsrand von Ottersberg und zeigt auf vier Windräder, zwei von ihnen sind, gemessen an heutigen Maßstäben, relativ niedrig. Sie gehören zu den Ersten, die hier aufgestellt wurden. Das war 1994.
    "Damals hatten wir noch gedacht, 36 Meter wäre hoch. Da war 30 Meter Standard und 150 Kilowatt. Dann ging die Entwicklung so schnell, inzwischen spricht man vom Megawattbereich, also 1000 Kilowattbereich!"

    Wilfried Mittendorf gehört zur Grünen Liste und sitzt im Gemeinderat von Ottersberg. Die Gemeinde hat insgesamt 12.000 Einwohner und hat sich schon vor vielen Jahren für die erneuerbaren Energien starkgemacht. Seit die Windräder stehen, seit 1994 also wird hier Ökostrom erzeugt. Die beiden Windkraftanlagen werden von einer Bürgergesellschaft namens "Wümmewind" und dem Elektrizitätswerk, E-Werk betrieben. Das E-Werk, ein kommunaler Eigenbetrieb versorgt 5500 Haushalte in der Gemeinde mit Strom. Und es werden täglich mehr.

    Wenn man in diesen Tagen den dortigen Vertriebsleiter Hajo Buthmann anruft und nach Ökostrom fragt, dann atmet der erst einmal tief durch. Er freut sich zwar über die hohe Nachfrage. Doch seinen Osterurlaub hat er erst einmal gestrichen, denn die Kunden rennen ihm förmlich die Bude ein.

    "Das kann man so sagen. Dann ist es aber auch interessant für die Leute zu wissen, dass wir den Weg nicht erst seit jetzt gehen. Das finden unsere Kunden gut. Sie sehen, hier passiert was, wir können mit vielen kleinen Schritten etwas tun. Sie sehen, dass die in Ottersberg etwas auf die Beine stellen, dass es Ideen gibt, die man auch in die Nachbargemeinden übertragen kann."

    Einen Teil des sauberen Stroms erzeugen die Ottersberger außer mit dem Windrad, mit einem Blockheizkraftwerk am Schwimmbad und einer 15-Kilowatt Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Feuerwehrhauses. Der größere Anteil aber stammt aus privaten Windanlagen im Gemeindegebiet. Damit nicht nur Firmen und die Gemeinde, sondern auch Privatleute Anreize bekommen, Energie zu erzeugen, gibt es in Ottersberg ein Förderprogramm, aber nicht erst seit jetzt, sondern schon seit zehn Jahren, erklärt Hajo Buthmann:

    "Im Moment schütten wir einen Cent aus in private Projekte. Unsere Kunden können einen Antrag stellen, bekommen aus dem Fördertopf einen Zuschuss."

    85.000 Euro wurden schon an Fördergeld ausgegeben. Für Photovoltaikanlagen, Solarkollektoren für Heizung und Warmwasser und Wärmepumpen. Inzwischen gibt es auf den Dächern Anlagen mit einer Gesamtleistung von einem Megawatt.

    "Es ist wichtig im Moment. Die Leute sind im Moment bereit für das Thema. Das müssen wir jetzt nutzen, dass das länger vorhält als damals Tschernobyl. Deshalb ist es so wichtig, dass wir es stärker auf der Festplatte einbrennen."

    Die beiden alten Windräder am Ortsrand von Ottersberg sollen schon bald durch ein neues größeres ersetzt werden, das über 100 Meter hoch ist und mehr Leistung bringt. Die Gemeinde hat sich nämlich ehrgeizige Ziele gesteckt: Strom und Wärme sollen langfristig zu 100 Prozent aus Ökostrom kommen.


    Programmhinweis:
    Erneuerbare Energie als Chance für Deutschland? -
    Ideen, Projekte & Versuche: Die Energie-Reihe im Deutschlandradio Kultur