Wirtschaftsweise Veronika Grimme zur Gleichstellung

Die Quote kann viel bewegen

29:24 Minuten
Illustration von Frauenbeinen zwischen Männerbeinen.
Ist die Quote der Schlüssel zur weiblichen Partizipation? © imago images / Ikon Images
Moderation: Annette Riedel |
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Auf "natürliche Weise" kommen Frauen nicht gleichberechtigt in Führungspositionen, glaubt die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm. Die Quote sei ein wirkungsvolles Instrument. Es müsse zudem mehr getan werden, damit auch Frauen führen wollen.
Die Wissenschaftlerin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagt von sich, sie sei früher in Bezug auf die Frauenquote eher ablehnend gewesen. Doch mittlerweile sähe sie in ihr ein "sehr legitimes und wirkungsvolles Instrument", um eine gleichberechtigte "Beteiligung verschiedener Gruppen, eben auch von Männern und Frauen, an Prozessen sicherzustellen". Die Quote enthalte die Aufforderung an Politik und Wirtschaft, verstärkt den "sehr, sehr viele Gründen" entgegenzuwirken, die dazu führen, dass "Frauen in herausgehobenen Positionen" nicht ausreichend vertreten seien.

Corona - "Rolle rückwärts" für Gleichstellung?

Einiges weise darauf hin, dass Frauen in der Coronakrise mit geschlossenen Schulen und Betreuungseinrichtungen den Spagat zwischen Familie und Beruf stärker gespürt hätten und einem höheren Erwartungsdruck ausgesetzt seien als Männer. Zudem arbeiteten Frauen oft in jenen Berufen, in denen Arbeitsplätze wegen der Folgen der Pandemie besonders stark unter Druck geraten sind, so die Wirtschaftswissenschaftlerin. Sie hoffe aber nicht, dass es zu Rückschritten bei der Gleichstellung kommen werde.

Wirtschaftlich aus dem Gröbsten raus?

Veronika Grimm hält eine Erholung der deutschen Wirtschaft in Richtung Jahresende für gut möglich. Das hänge allerdings nicht nur davon ab, ob die ergriffenen Maßnahmen der Bundesregierung die erhofften Wirkungen erzielen. Dabei könne die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer zumindest ein psychologisches Signal zur Ankurbelung der Kaufkraft sein.
Es komme jetzt aber vor allem auch darauf an, ob eine zweite Coronawelle - wie erhofft - in Deutschland ausbleibe. Zudem sei Deutschland als Exportnation in starkem Maße davon abhängig, dass die wirtschaftliche "Erholung jetzt auch im Ausland einsetzt", betont die Wirtschaftswissenschaftlerin.

"Gefährlich" jetzt den Kilmaschutz zu vernachlässigen

Man müsse sich jetzt auch deshalb um die Probleme der Unternehmen aufgrund der Coronabeschränkungen kümmern, weil es einer "gesunden Wirtschaft" bedürfe, um "Impulse zu setzen" in Richtung Klimaschutz und Dekarbonisierung der Produktion. Gefährlich wäre zu glauben, man müsse erst mal die Wirtschaft stabilisieren und "dann machen wir uns über Zukunftsperspektiven Gedanken".
Wirtschaftliche Erholung und Klimaschutz müsse man "zusammendenken". Es ließe sich in der Krise der "Strukturwandel vielleicht sogar beschleunigen", weil der Staat momentan bereit sei, "viel Geld in den Ring zu werfen".
(AnRi)

Veronika Grimm gehört seit 2020 dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, den sogenannten "Fünf Weisen" an. Sie ist seit ihrer Habilitierung 2008 Professorin für Wirtschaftstheorie an der Universität Erlangen-Nürnberg und sie ist Direktorin des "Laboratory for Experimental Research Nuremberg (LERN)". Seit 2017 leitet sie darüber hinaus den Energie Campus Nürnberg (EnCN).


Das Interview in ganzer Länge:

Deutschlandfunk Kultur: Frau Grimm, es gibt Wissenschaftler, die sagen, dass Deutschland durch die Coronakrise in Sachen Gleichstellung von Männern und Frauen um Jahrzehnte zurückgeworfen worden ist - vor allem, wenn es um die Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt geht, also in Bezug auf Karrierechancen und ihre finanzielle Situation. Wie sehen Sie das?
Veronika Grimm: Ich kann mir schon gut vorstellen, dass Frauen hier eine große Last tragen. Es sind ja viele Kinder aktuell zu Hause in der Heimbeschulung. Die Betreuungseinrichtungen haben nicht geöffnet. Es gibt schon Evidenz, dass die Frauen hier auch die Hauptlast bei der Betreuung tragen.
Ich habe letztens eine Umfrage gesehen - das ist jetzt natürlich anekdotisch - da haben Frauen, die befragt wurden, gesagt: "Ich trage 94 Prozent der Last der Kinderbetreuung in der Coronazeit." Und Männer, die befragt wurden, haben gesagt, sie teilten sich das 50:50 auf. Jetzt fragt man sich, wer da mit wem verheiratet ist.
Aber ich könnte mir schon gut vorstellen, dass es da durchaus Effekte auf die Produktivität jetzt gibt und auch vielleicht auf die Erwartungshaltung, die an die Frauen gerichtet ist, wenn langsam Corona wieder abebbt.
Deutschlandfunk Kultur: Weil es ja möglicherweise gewisse konservative Rollenmuster verfestigt. Hinzu kommt, dass Frauen häufig in Branchen arbeiten, wo es besonders oft Kurzarbeit gibt oder wo eben ohnehin gar kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht – bei Minijobs beispielsweise, die dann wegfallen - und in den Bereichen, in denen ohnehin niedrige Löhne gezahlt werden. Also, Frauen stehen auch finanziell schlechter da?
Grimm: Es gibt da sehr viele Effekte. Man kann das sicherlich nicht über einen Kamm scheren. Es gibt das Problem mit den Minijobs, die sicherlich mehr wegfallen. Es gibt aber auch Licht und Schatten. Es gibt auch mehr Homeoffice, mehr Möglichkeiten, tatsächlich Kinderbetreuung möglicherweise besser noch mit der Berufstätigkeit zu verbinden, Wege auch zu sparen.
Es gibt auch eine höhere Akzeptanz - das habe ich selber schon erfahren - wenn in einer Videokonferenz mal ein Kind vorbeikommt und was wissen will. Das war früher sicherlich mehr ein No-Go als heute.
Aber andererseits ist es natürlich auch im heimischen Umfeld, wenn sich das jetzt auch etabliert, wahrscheinlicher, dass man doch noch mehr den Spagat spürt zwischen beruflichen Aufgaben und Aufgaben in der Familie.
Deutschlandfunk Kultur: Fürchten Sie denn, dass sich das verfestigt, was sich da jetzt an Rollenmustern, möglicherweise mit Rolle rückwärts, herauskristallisiert?
Grimm: Ich hoffe nicht, dass es das tut. Es gibt ja auch eine intensive Diskussion, dass man dem entgegenwirken sollte. Die CDU hat diese Woche eine Quote für Positionen in der Partei beschlossen. Ich glaube, es gibt auch dort eine Sensibilität, die auch nochmal durch diese Diskussionen, die wir gerade führen, erhöht wird.

Die Quote ist ein legitimes Instrument

Deutschlandfunk Kultur: Sind Sie denn eine überzeugte Freundin der Frauenquote in der Politik und in der Wirtschaft?
Grimm: Ich war da früher anderer Ansicht, aber mittlerweile denke ich, dass die Quote ein sehr legitimes und wirkungsvolles Instrument ist, um eine gleichmäßige Beteiligung verschiedener Gruppen, eben auch von Männern und Frauen, an Prozessen sicherzustellen. Weil es ja auch immer noch sehr, sehr viele Gründe dafür gibt, dass Frauen in herausgehobenen Positionen nicht ausreichend vertreten sind.
Sie sind weniger sichtbar. Sie werden vielleicht weniger häufig gefragt. Sie haben vielleicht in der kritischen Phase, wo man die Karriere vorantreibt, auch aufgrund der Familiengründung zum Beispiel weniger Zeit, um sich diese Sichtbarkeit zu erarbeiten, und sind vielleicht auch von der Mentalität oft nicht solche Alphatiere.
Das heißt aber gar nicht, dass sie schlechtere Führungspersönlichkeiten sind. Oftmals profitieren Führungsgremien sehr davon, wenn es da auch stillere, ausgeglichenere Personen gibt.
Ich glaube, das kann man mit Quoten ganz gut befördern. Und ich halte das deswegen – bei allen Nachteilen, die auch ins Feld geführt werden – für ein sehr legitimes Instrument.
Deutschlandfunk Kultur: Was hat Ihre Haltung, die ja eher skeptisch war, wie Sie eben gesagt haben, geändert?
Grimm: Auch die Erfahrung, dass es durchaus sehr, sehr viele Aspekte gibt, die dazu führen, dass Frauen nicht natürlicherweise in Führungspositionen geraten. Es gibt viele Dinge. Die fangen schon ganz früh in der Jugend an. Die fangen bei Rollenbildern zum Beispiel an. Wo sehen sich Mädchen? Wovon träumen sie? Wollen sie auch mal was bewegen? Wie stecken Mädchen Rückschläge ein?
Ich trainiere seit fünf Jahren eine gemischte Fußballmannschaft. Da sieht man schon, dass bei dem komplexen Gefüge aus Wettbewerb und Kooperation Mädchen damit anders umgehen und sich auch manchmal schwerer tun, dieses Spannungsfeld auszuhalten. Das heißt aber gar nicht, dass – wenn sie in die Rolle eines Führungsspielers kommen würden – sie das dann schlecht machen.
Deutschlandfunk Kultur: Die Arbeitgeber argumentieren ja immer gegen Quoten für Führungspositionen in Unternehmen, indem sie sagen: Es gibt schlicht nicht genug Kandidatinnen. Justizministerin Lambrecht nennt das "eine Unverschämtheit", so zu argumentieren.
Dann fragt man sich doch, warum Unternehmen nicht ein stärkeres Eigeninteresse haben. Denn es ist ja alles bekannt: Frauen sind bestens qualifiziert, haben teilweise bessere Abschlüsse. Und man weiß, dass es positive betriebswirtschaftliche Effekte hat: höhere Effizienz, weniger Skandale. Also, alles spricht dafür.
Grimm: Ja, das ist natürlich ein klassisches Henne-Ei-Problem. Es ist ja nicht überraschend, dass, wenn allgemein bekannt ist, dass es nicht ganz einfach ist, sich auch in der Karriere hochzuarbeiten, dann weniger Frauen diesen Weg wählen, wenn es einfach weniger Aussichten gibt für sie.
Die Frage ist, wo man ansetzt. Eine Quote würden eben auch das klare Signal aussenden: Es gibt einfach für Frauen diese Karriereperspektiven. Wenn ich da in meine berufliche Entwicklung investiere, dann werde ich auch mit höherer Wahrscheinlichkeit die Chance bekommen. Das führt natürlich dann auch dazu, dass sich mehr Frauen dafür interessieren und sich qualifizieren.
Also, ich würde denken, da sollte man diesen Pull-Effekt durch die Quote auslösen und nicht sagen, "es gibt ja nicht genug". Weil das erstmal in der jetzigen Situation auch nicht so überraschend ist.

"Abgeklärt" mit dem Vorwurf Quoten-Frau umgehen

Deutschlandfunk Kultur: Es gibt ja auch Frauen, die vehement argumentieren, "dass eine Quote ihren persönlichen Anspruch auf Leistung untergräbt".
Grimm: Ich wäre da ganz abgeklärt. Das kann einem natürlich immer wieder vorgeworfen werden, dass man eine Quotenfrau ist, aber es gibt auch viele Männer, die nicht nur aufgrund von Sachargumenten in ihre Positionen geraten sind.
Deutschlandfunk Kultur: Bundeskanzlerin Merkel hat in dieser Woche Sympathie geäußert – erstmals, meines Wissens so explizit – für eine schon länger bestehende Forderung von Frauenministerin Giffey und Justizministerin Lambrecht, auch eine Frauenquote für Vorstände von börsennotierten Unternehmen einzuführen. Wir haben sie ja schon für die größten unter ihnen für die Aufsichtsräte, aber eben auch für die Vorstände.
Merkel hat gesagt, es sei kein "vernünftiger Zustand", dass es noch Unternehmen gibt, die keine einzige Frau im Vorstand haben, zum Beispiel in der Finanzbranche.
Die freiwillige Selbstverpflichtung oder das Setzen von freiwilligen Zielgrößen von Frauen in Vorständen haben wir schon. Aber das reicht nicht aus?
Grimm: Ich glaube, da haben auch viele Akteure in Wirtschaft und Politik einen ähnlichen Prozess durchgemacht. Man hat einfach ursprünglich geglaubt, dass der Wille besteht und dass, wenn der Wille besteht, sich diese Problematik auch mehr oder weniger von selbst lösen wird - also mit selbst auferlegten Verpflichtungen.
Ich kann mir diesen Gesinnungswandel eben auch gut so erklären, dass man sieht, es funktioniert nicht. Jetzt muss man eben mit anderen Methoden ansetzen. Und das lag ja auch in der Luft, dass genau dieses Angebot an die Wirtschaftsakteure da war: "Schaut, dass ihr selber euer eigenes Tempo geht, tatsächlich in den Vorständen Positionen mit Frauen zu besetzen." Wenn das nicht von selber geschieht, dann ist es plausibel, da auf andere Weise drauf einzuwirken.

Gleichstellung keine rein ideologische Diskussion

Deutschlandfunk Kultur: Und Sie finden also nicht, dass diese ganze Diskussion letztendlich eine hochgradig ideologische ist?
Grimm: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube einfach, wir haben ja auch bestimmte Mechanismen, nach denen Personen in Führungspositionen geraten. Sie hatten eben schon einen angesprochen.
Wenn ich als qualifizierte Frau gar nicht so große Aussichten habe, tatsächlich Führungsverantwortung zu bekommen, dann stellt sich ja das Trade-Off zwischen mehr Engagement im Familienkontext, mehr Freizeit und einer Karriere auch ganz anders dar. In so einem Set-up ist es natürlich für eine Frau auch sehr plausibel zu sagen: "Ich versuche es mit der Karriere gar nicht erst. Ich bin auch selbst viel Skepsis ausgesetzt." (*)
In meiner eigenen Laufbahn war es auch so, dass ich während der Zeit, wo meine Kinder klein waren, durchweg gearbeitet habe und natürlich auch auf viel Unverständnis getroffen bin.
Man hat nicht so viel Zeit, mit anderen zu netzwerken. Man macht es irgendwie anders als viele andere im eigenen Umfeld. Das setzt einen schon einem großen Druck aus, dem man natürlich nur dann nachgibt, wenn man glaubt, der eigene Lebensweg macht Sinn und verspricht auch am Ende einen Erfolg.
Insofern ist natürlich die Quote ein Instrument, das das wahrscheinlicher machen kann und dann auch die Entscheidung von Frauen in die Richtung, in die sie sich wünschen würden, auslösen kann.

Wirtschaftsprognosen in unsicheren Zeiten schwierig

Deutschlandfunk Kultur: Frau Grimm, die fünf Wirtschaftsweisen, zu denen Sie gehören, haben zuletzt Ende Juni eine ihrer Studien über die wirtschaftliche Lage in Deutschland vorgelegt. Diese jüngste Studie war eine ganz normale – in Anführungsstrichen? Oder musste man da anders arbeiten, weil ja die Daten im Moment, denke ich, langsamer reinkommen, als sich Entwicklungen vollziehen aufgrund der aktuellen Lage?
Grimm: Das ist nicht ganz einfach. Wir leben gerade in einer Zeit sehr großer Unsicherheit. Die Datenlage ändert sich wöchentlich, fast täglich. Wir haben eine Konjunkturprognose vorgelegt, die natürlich von bestimmten Annahmen ausgehen muss, die man unterstellt. Es ist so, dass sich die Daten natürlich häufig aktuell noch ändern und dass man sich natürlich überlegen muss, wie geht es weiter.
Wird es möglicherweise eine zweite Coronawelle geben, die dann wieder mit Beschränkungen einhergeht? Aktuell ist die überwiegende Meinung, dass das nicht der Fall ist. Also gehen diese Szenarien, die wir vorgelegt haben, davon aus, dass wir jetzt mit den Lockerungen, die ab Mai sukzessive stattfinden, eine langsame Erholung der Wirtschaft haben, die sich dann im kommenden Jahr auch fortsetzt.
Aber wir rechnen eben auch in diesem Jahr mit einem substanziellen Einbruch der Wirtschaftsleistung und einer langsamen Erholung, die sich dann ins nächste Jahr reinzieht. Auf dem Niveau von der Vor-Corona-Zeit werden wir vermutlich erst 2022 wieder landen.
Deutschlandfunk Kultur: Die Arbeitslosenquote wächst. Die Wirtschaftskraft geht zurück, im Moment jedenfalls noch. Der Einbruch lag im zweiten Quartal bei zwölf Prozent. Das ist wirklich ein trauriger Rekord.
Die einen sagen, "das ökonomisch Gröbste steht uns noch bevor". Und die anderen beginnen Licht am Tunnel zu sehen. Welcher Schule gehören Sie an?
Grimm: Da hängt natürlich jetzt auch vieles davon ab, wie gut die Hilfsmaßnahmen wirken werden, die die Bundesregierung beschlossen hat. Die Bundesregierung hat umfangreiche Hilfspakete auf den Weg gebracht. Dazu gehört die Kurzarbeit. Das ist sicherlich etwas, was den Skeptikern Anlass zur Sorge gibt. Es ist jetzt erstmal so, dass viele Personen in Kurzarbeit sind. Aber irgendwann endet diese Kurzarbeit. Dann wird sich herausstellen, wie viele dieser Jobs brechen dann weg und wie viele dieser Jobs können wirklich sich halten.
Auf der anderen Seite gibt es dann Hilfsmaßnahmen, die die Liquiditätsprobleme der Unternehmen adressieren sollen, entweder über Zuschüsse oder über Kredite. Auch hier wird sich zeigen: Hat das funktioniert? Oder ist doch strukturell vieles kaputtgegangen? Sind irgendwo in Lieferketten Lücken aufgetreten, weil Unternehmen insolvent gegangen sind? Davon wird sehr viel abhängen.
Die Hoffnung aktuell ist, dass doch die wirtschaftliche Struktur erhalten geblieben ist und dass man da, wo es weiterhin profitabel ist, auch wieder wirtschaften kann.
Es wird allerdings in dem einen oder anderen Bereich durchaus Umbrüche geben. Ein ganz offensichtliches Beispiel ist die Reisetätigkeit. Aufgrund der Corona-Zeit haben wir jetzt gelernt zu digitalisieren. Das wird vermutlich dazu führen, dass Reisen wegfallen. Auch im Bereich der Tourismusbranche ist es natürlich so, dass sehr fraglich ist, ob wieder der Tourismus in der gleichen Art und Weise auflebt.
Deutschlandfunk Kultur: Da hängen natürlich auch eine Menge Arbeitsplätze und Unternehmen dran.
Diejenigen, die das Gröbste eher noch kommen sehen und nicht das Licht am Ende des Tunnels schon leuchten, die argumentieren, dass eine Wirtschaft, die so extrem exportabhängig ist wie die deutsche, anfällig ist für das, was in Sachen Corona im Ausland passiert - wenn man zum Beispiel in die USA oder auch nach Israel, nach Brasilien schaut - dass auch international Lieferketten, Bestellungen, Importe, Exporte bröckeln und sich nicht innerhalb von ein paar Wochen oder Monaten reparieren lassen.
Grimm: Ja, genau, das ist die große Herausforderung. Also, man hat ja in der Coronakrise schon gesehen, dass nicht nur die Einrichtungen, die behördlich geschlossen wurden, ihre Tätigkeit eingestellt haben, sondern in ganz großem Umfang auch Betriebe, die zum Beispiel aufgrund von unterbrochenen Lieferketten gar nicht mehr produzieren konnten oder auch aufgrund von wegfallender Nachfrage – entweder auf Exportmärkten. Oder auch zum Beispiel, da Autohäuser geschlossen wurden, konnten Fahrzeuge nicht verkauft werden. Es waren Arbeitnehmer nicht verfügbar.

Wirtschaftliche Erholung im Ausland wichtig

Da ist natürlich jetzt erstmal vieles eingebrochen, ist die Auftragslage auch schlechter geworden. Das muss jetzt alles Stück für Stück wiederaufgebaut werden. Und wie Sie schon richtig anmerken ist das kein rein deutsches Problem.
Das deutsche verarbeitende Gewerbe ist sehr stark international vernetzt. Ein Viertel der Vorprodukte im verarbeitenden Gewerbe wird aus dem Ausland bezogen, meist aus dem europäischen Ausland. Und die Exportmärkte sind auch da über Europa hinausgehend international, so dass wir da schon darauf angewiesen sind, dass diese Erholung jetzt auch im Ausland einsetzt.
Auf europäischer Ebene haben wir da natürlich Einfluss. Da ist es sehr, sehr wichtig, jetzt tatsächlich Pläne vorzulegen, wie auch die Wiederbelebung in Europa geschehen kann und auch, wie in Europa dann Perspektiven aufgespannt werden können zur Kompensation struktureller Umbrüche.
Deutschlandfunk Kultur: Deutschland kommt trotz aller Schwierigkeiten ökonomisch noch vergleichsweise gut weg, kann man sagen. Frankreich und Italien haben zum Beispiel zweistellige Rückgänge bei der Wirtschaftskraft zu beklagen. Sie haben schon angesprochen, dass die Bundesregierung einige Maßnahmen auf den Weg gebracht hat. Immerhin fast 218 Milliarden Euro neue Schulden hat sie dafür gemacht hat.
Das größte Fragezeichen der Maßnahmen scheint ausgerechnet bei einem Herzstück derselben zu liegen, nämlich der temporären Senkung der Mehrwertsteuer, um zwei bzw. drei Prozentpunkte.
Es gibt viele, die sagen, das ist wenig sinnvoll. Das ist eine Gießkanne mit so feinem Strahl, dass da kein echter Kaufanreiz sprießen kann. Wie sehen Sie es?
Grimm: Ja, auch gemischt. Man kann das, glaube ich, nicht komplett schwarz-weiß sehen. Es gibt verschiedene Effekte, die damit einhergehen können. Zum einen kann es natürlich eine Stimulierung des Konsums durch niedrigere Preise geben.
Deutschlandfunk Kultur: Wenn sich das insgesamt im Schnitt im Alltag auf sechs Euro im Monat summiert? Wo ist da der Kaufanreiz?
Grimm: Das ist natürlich bei niedrigpreisigen Gütern genau die Frage. Da ist auch die Frage: Soll ich jetzt alle meine Güter im Supermarkt neu auszeichnen? Oder gebe ich einen Rabatt an der Kasse als möglicher Weg, diese Steuersenkung dann auch weiterzugeben?
Das ist natürlich bei teureren Gütern, die man sich ohnehin schon mal überlegt hat anzuschaffen, vielleicht ein bisschen anders, bei der Waschmaschine oder bei dem Auto, die man jetzt vielleicht vorzieht oder wo das vielleicht den Ausschlag gibt, diese Kaufentscheidung dann zu treffen. Aber ich gebe Ihnen Recht. Das ist natürlich in gewissem Umfang Spekulation. Stimuliert das tatsächlich das Konsumverhalten?

Steuersenkung als Signal, wieder einkaufen zu gehen

Ein anderer Effekt, den man auch sehen muss, ist, dass es auch einen psychologischen Effekt gibt - ein bisschen auch den Wechsel des Paradigmas, "bleibt zu Hause, geht möglichst nicht einkaufen", hin zu, "jetzt tut es bitte wieder, jetzt arrangiert euch bitte mit den neuen Rahmenbedingungen und versucht tatsächlich das alte Konsumverhalten wieder aufzunehmen".
Das kann natürlich auch was auslösen in den Menschen. Das bedeutet ja auch, dass es ein Signal ist, den Umgang mit der Coronapandemie jetzt nochmal neu zu denken und nicht zu glauben, dass es vorbeigeht. So schnell wird es nicht vorbeigehen. Wir werden damit noch eine ganze Weile zu leben haben.
Wenn das nicht weitergegeben wird, kann das natürlich auch geschwächten Unternehmen aktuell helfen. Ob das jetzt signifikant die Liquiditätsproblematik dieser Unternehmen löst, ist auch eine große Frage.
Deutschlandfunk Kultur: Aber die Kritik von Grünen und Linken ist wahrscheinlich auch nicht von der Hand zu weisen, dass die Maßnahmen in der Summe - also nicht nur die Senkung der Mehrwertsteuer, sondern auch die anderen Unterstützungen für Unternehmen und Selbständige beispielsweise, die es gibt, dass die in der Summe letztendlich genau den Menschen am wenigsten zugutekommen, die schon vor der Krise eher finanziell gelitten haben. Arme Menschen oder besonders einkommensschwache Menschen bekommen von all dem letztendlich praktisch nichts.
Grimm: Man muss jetzt natürlich auch schauen: Was kann so ein Konjunkturpaket? Und was ist das Ziel von einem Konjunkturpaket? Das erste, was man machen möchte mit stimulierenden Maßnahmen, ist natürlich, jetzt erstmal die Wirtschaft wiederkurbeln. Und der indirekte Effekt, falls das funktioniert, gerade auf die sozial schwächeren Teile der Gesellschaft kann natürlich signifikant sein. Das sind nämlich auch die Leute, die am meisten verlieren würden und am schnellsten verlieren würden, wenn der wirtschaftliche Einbruch sehr, sehr hart daherkommt.
Es gab andere Maßnahmen, die in der Diskussion waren, bei denen man genau die gleichen Fragen hätte stellen können. Der Sachverständigenrat hatte sich für eine Absenkung der Steuern, Abgaben und Umlagen auf den Strompreis ausgesprochen. Das wäre auch eine Maßnahme, die wirklich den Menschen und den Unternehmen in der Breite zugute gekommen wäre, weil jeder konsumiert im Endeffekt Strom. Zum Beispiel bei einem Haushalt mit vier Personen so wären um die 300 Euro im Jahr in die Kasse gespült worden.
Ich glaube, der wichtige Punkt ist jetzt hier, dass wir es wirklich schaffen, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, weil das, was den Menschen sehr, sehr wehtun wird, ist ein harter Wirtschaftseinbruch, der dann auch mit viel Arbeitslosigkeit und auch fehlenden Perspektiven für die Menschen einhergehen würde.

Stabile Wirtschaft nicht ohne Klimaschutz denken

Deutschlandfunk Kultur: Stichwort Strom, Stichwort Energie: In einer Stellungnahme einer Expertenkommission beim Bundeswirtschaftsministerium zum Prozess "Energie der Zukunft" heißt es, ein Satz herausgegriffen: "Das Krisenmanagement in der Coronapandemie hat Vorrang."
Man kann sich schon fragen, ob da nicht eine Chance vergeben wird, wenn man sagt, "erst muss die Wirtschaft wieder laufen, wiederaufgebaut werden, Konsum, Konjunktur, und dann kümmert man sich um Nachhaltigkeit. Ist das nicht mittlerweile Gemeingut, dass nachhaltiges Wirtschaftswachstum klimafreundliches Wachstum ist?
Grimm: Es ist genau nicht so gemeint, dass wir sagen, "die Stabilisierung der Wirtschaft nach der Coronakrise hat jetzt erstmal Vorrang und dann soll der Klimaschutz kommen", sondern es ist einfach wichtig, dass man sich um diese Probleme der Unternehmen im Übergang, also in der Zeit der Beschränkungen, auf jeden Fall kümmert.
Weil wir einfach mit allem, was wir an Impulsen setzen wollen, auch in Richtung Klimaschutz, Energiepolitik, haben wir viel mehr Möglichkeiten erfolgreich zu sein, wenn wir tatsächlich mit einer gesunden Wirtschaft weiterarbeiten können und nicht durch die Coronakrise viel kaputtgegangen ist.
Was ich nicht glaube, ist, dass wir das jetzt nicht zusammendenken sollten. Da haben wir uns auch deutlich dafür ausgesprochen, dass man jetzt die Handlungsstränge, die eigentlich schon am Laufen waren vor der Coronapandemie – es gab schon das Klimapaket der Bundesregierung, die Wasserstoff-Strategie war in der Pipeline, es gab auf EU-Ebene schon verschiedene Prozesse, die am Laufen waren – auf keinen Fall hintanstellen darf. Das wäre auch sehr gefährlich, jetzt zu sagen, "erstmal stabilisieren wir die Wirtschaft und dann machen wir uns über Zukunftsperspektiven Gedanken".
Sondern wir müssen jetzt eben – genau das hat das Konjunkturpaket der Bundesregierung gemacht – auch überlegen: Was sind denn die Chancen, die sich jetzt eröffnen? Vielleicht können wir ja sogar diesen Strukturwandel, in dem wir ja schon sind in der deutschen Industrie, in der Automobilindustrie, im Maschinenbau - vieles stellt sich um auf klimaneutrale Technologien und Produkte - wie können wir diesen Strukturwandel dadurch vielleicht sogar beschleunigen, dass jetzt aktuell auch die Notwendigkeit besteht, mit doch mehr Geld zu agieren und mehr Geld in den Ring zu werfen seitens des Staates. Ich glaube durchaus, dass man da aus der Krise auch eine Chance machen kann.

Digitaler Wandel durch Corona beschleunigt

Das gilt für den Bereich Klimaschutz. Das gilt aber auch im Bereich Digitalisierung. Da sehen wir ja jetzt schon, dass wir einen ganz großen Sprung machen, gerade im Bereich der Digitalisierung. Das muss man natürlich aufgreifen. Wir waren davor viel zu schlecht und viel zu langsam, um den digitalen Wandel in den Unternehmen voranzutreiben und auch in den Behörden voranzutreiben, in den Schulen. Das sollte man jetzt unbedingt aufgreifen und daraus auch eine Chance machen.
Deutschlandfunk Kultur: Zu den Empfehlungen der Expertenkommission gehört ja eine ambitionierte Bepreisung von CO2 - fast doppelt so viel wie die Bundesregierung im Moment plant - und gleichzeitig aber den Strompreis zu reduzieren, etwa durch Senkung der Stromsteuer Richtung nahe Null und den Wegfall der Umlage für die erneuerbaren Energien.
Jetzt kann man darüber streiten, ob das in sich schlüssig ist, aber es widerspricht natürlich dem Gedanken, dass die umweltschonendste Energie immer noch die ist, die gar nicht verbraucht wird. Wenn ich Strom billiger mache, mache ich zwar Elektromobilität billiger, wettbewerbsfähiger, vielleicht auch Wärmepumpen zum Heizen, aber gleichzeitig senke ich doch auch den Anreiz, Strom zu sparen, wo immer es geht.
Grimm: Hier kann man auch mal von einer ganz anderen Seite auf die Fragestellung Klimawandel und auch Strukturwandel in der Industrie schauen. Es war ja bisher sehr stark so, dass Klimaschutz auch mit so einer Verzichtslogik einherging, wo quasi das Paradigma war: Man muss versuchen zu vermeiden, Energie zu verbrauchen.
Wenn wir in eine Welt schauen würden mit hauptsächlich erneuerbaren Energieträgern, dann wäre das ja überhaupt nicht mehr der Fall. Und jetzt müssen wir überlegen, wie wir diesen Übergang gestalten.
Wenn wir die Klimaziele, die jetzt die EU auf den Tisch gelegt hat im Rahmen der Verhandlungen rund um den Green Deal ernstnehmen, dann will die EU im Jahr 2050 klimaneutral werden. Die Frage ist: Wie kann man das machen? Das wird realisiert werden darüber, dass man zunehmend Strom mit Hilfe erneuerbarer Energien produziert und dann mit diesem zunehmend klimaneutralen Strom - zugegebenermaßen ist er das aktuell noch nicht, aber er wird immer grüner - kann man dann die anderen Sektoren, Mobilität, Wärme und auch die Industrie, dekarbonisieren oder defossilisieren.
Deutschlandfunk Kultur: Und den dann auch reichlich verbrauchen? Also, dann gibt’s keine Scham mehr an dem Eck?
Grimm: Da muss man dann jetzt genau drüber nachdenken, wie das umgesetzt wird. Erstmal wäre das die Idee – sozusagen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Nun kann ich nicht überall direkt elektrifizieren. Ich kann direkt elektrifizieren, wenn ich ein batterieelektrisches Auto betreibe. Aber ich kann zum Beispiel viele industrielle Prozesse nicht direkt elektrifizieren, sondern ich brauche dafür Wasserstoff oder andere klimaneutrale stoffliche Energieträger – Gase und Flüssigkeiten.
Die kann ich aber auch aus Strom herstellen mittels Elektrolyse, also grüne Gase, grünen Wasserstoff, grüne synthetische Energieträger. Und die kann ich dann benutzen, um zum Beispiel Prozesse in der Industrie zu defossilisieren oder eben auch die Schwermobilität zu defossilisieren.

Wasserstoff birgt große industriepolitische Chancen

Das ist der Weg, auf den man sich begeben muss. Deswegen sind auch diese Wasserstoffstrategien eine große Chance erstmal für die Klimaneutralität, aber auch für unsere Industrie, weil wir natürlich, um diesen Weg gehen zu können, ganz viele klimaneutrale Technologien, Produkte brauchen. Dazu gehören die Fahrzeuge. Dazu gehört die Logistikinfrastruktur, die konzipiert, entwickelt, produziert werden muss. Dazu gehören Elektrolyseure - also Anlagen, mit denen ich aus Strom grünen Wasserstoff herstellen kann.
Das sind alles Felder, die sind sehr attraktiv für die deutsche Industrie, weil wir im deutschen verarbeitenden Gewerbe da ganz viele Alleinstellungsmerkmale haben und ganz viele Fähigkeiten schon haben, die man für diesen Bereich des Clean-Tech braucht. Das ist auch die industriepolitische Chance, die eigentlich in dem Thema steckt.
Deutschlandfunk Kultur: Nun hat die Bundesregierung "endlich" – muss man vielleicht sagen – eine Wasserstoffstrategie vorgelegt. Auch die EU-Kommission hat das in dieser Woche getan. Was ich mich frage, ist: "Warum hat es eigentlich so lange gedauert?" Denn dass Wasserstoff eine Schlüsselrolle spielen wird im Verkehr, bei der Speicherung von Wind- und Sonnenenergie, aber eben auch in der Industrie, in der Stahlerzeugung beispielsweise, das wusste man vor 20 Jahren schon.
Ich erinnere mich: Werbewirksam hat ein gewisser Gerhard Schröder als Bundeskanzler sich in eine Limousine eines bekannten deutschen Autoherstellers gesetzt, die mit Brennstoffzellenenergie betrieben wird. Aber seitdem ist nicht allzu viel passiert. Wir haben zwar in Deutschland mehr Wasserstofftankstellen als sonst wo in Europa, aber es sind 84 und es sind 14.400 "normale" Tankstellen. Warum, wenn man um dieses Potenzial weiß, hat das so lange gedauert und dauert das so lange?
Grimm: Zum einen ist es so, dass in der Klimabewegung Fridays for Future einfach die politische Bedeutung des Themas signifikant zugenommen hat und auch die Diskussion viel stärker in die Richtung gegangen ist, dass wir im Jahr 2050 tatsächlich klimaneutral werden wollen.
Das macht einen großen Unterschied für Wasserstoff und andere synthetische Energieträger. Wenn ich ein Szenario mit 85 Prozent Klimaneutralität anstrebe, dann kann ich bestimmte Bereiche aussparen. Da emittiere ich dann immer noch CO2. Wenn ich hundert Prozent Klimaneutralität haben möchte, dann geht das nicht mehr.
Hier setzt genau die Notwendigkeit an, dann eben auch stoffliche Energieträger einzusetzen, weil ich diese restlichen 15 Prozent – oder lasse es 20 oder 10 sein – eben nur defossilisiert bekomme, wenn ich hier klimaneutrale stoffliche Energieträger einsetze, wie Wasserstoff oder darauf aufbauende synthetische Kraftstoffe.
Das bedeutet natürlich, dass man dem Thema eine größere Aufmerksamkeit widmen muss. Gleichzeitig ist es so, dass wir einen signifikanten technologischen Fortschritt erlebt haben in den letzten 20 Jahren, der sich im Wesentlichen auch auf die Logistik und die Transportierbarkeit von Wasserstoff und synthetischen Energieträgern bezieht. Auch im Bereich der Fahrzeuge hat sich viel getan. Das macht es greifbarer, diese Technologien dann tatsächlich zum Einsatz zu bringen. Und hier kommt jetzt beides zusammen. Das erklärt auch, warum hier dieses Thema so virulent wurde im letzten Jahr.

Grünen Strom billiger machen

Um jetzt tatsächlich diesen Wandel zu initiieren, ist es eben ganz, ganz wichtig, dass man auf marktorientierte Instrumente setzt. Da sind wir dann wieder bei der CO2-Bepreisung und auch bei den Strompreisen. In dem Bereich, wo wir den Emissionshandel haben, da ist ja ohnehin die Menge an CO2, die emittiert werden darf, durch den Mechanismus des Emissionshandels begrenzt. Wenn die Strompreise sinken, dann bedeutet das nicht, dass mehr CO2 emittiert wird, weil das ist ja durch den Handel beschränkt ist.
Das heißt, wir können die Strompreise absenken und die Nutzung von regenerativem Strom zur Defossilisierung anderer Sektoren attraktiver machen, weil er billiger ist. Das heißt, die entsprechenden Geschäftsmodelle sind auch attraktiver. Und wir könnten eben diese entfallenden Abgaben und Umlagen refinanzieren über eine höhere CO2-Bepreisung. Und diese höhere CO2-Bepreisung würde dann zwar wieder die Stromkosten steigen lassen, aber gar nicht unbedingt in dem Umfang, in dem sie durch das Entfallen der Abgaben und Umlagen gesunken sind.
Deutschlandfunk Kultur: Wann werden Sie sich Ihr erstes Auto kaufen, das nicht mehr fossil angetrieben wird?
Grimm: Wir haben nur ein Auto. Mein Favorit wäre ein Wasserstofffahrzeug. Und ich liebäugele also damit, ein Wasserstofffahrzeug zu erwerben in der Zukunft. Ich bin sehr gespannt, wann das denn möglich sein wird, wenn die Tankstelleninfrastruktur dafür existieren wird, dass man das dann auch in dem Umfeld, in dem man sich bewegt, gut betreiben kann.
(*) Redaktioneller Hinweis: Wir haben eine inhaltliche Korrektur vorgenommen.
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