Wird das die längste Nacht meines Lebens sein?
Gerade weil der Deutsche Thomas W. kaum noch sehen kann, soll seine Besteigung des höchsten Berges der Welt eine Botschaft sein. Er hat Kameraleute mitgenommen, um das Heldenepos für die Ewigkeit zu bannen. Er stirbt kurz vor dem Gipfel. Der Dokumentarfilm "Mount Everest – Der Friedhof meiner Freunde" läuft am Dienstagabend in der ARD.
Aus dem Film: "Milan filmt mich gerade. Es ist nicht leicht für ihn und nicht leicht für mich. Aber wir sind beide professionelle Kameramänner, und das ist unser Job. Aber es geht hier um unsere Freunde. Auch wenn wir nicht wissen, was mit ihm ist, müssen wir doch weiter filmen. Deswegen sind wir ja mitgekommen."
Hilflosigkeit spiegelt sich im Gesicht des Kameramanns Kevin. Er und sein Kollege Milan sind im Lager auf 8300 Metern Höhe zurück geblieben. Den Aufstieg zum Gipfel des Mount Everest haben sie nicht geschafft. Über ihr Funkgerät kommen erschreckende Meldungen. Thomas W. ist wahrscheinlich tot, der Mann, der den höchsten Berg der Welt bezwingen wollte. Obwohl er nach einer Tumoroperation kaum noch sehen konnte und mit zunehmendem Druck in großer Höhe fast vollständig blind war. Seine Expedition sollte eine Botschaft sein. Auch Behinderte können den Mount Everest besteigen. Das haben vor ihm schon einige geschafft, Beinamputierte und Blinde. Der holländische Bergführer Harry Kikstra erklärt:
"Ich weiß dass das komisch klingt, aber das Sehvermögen ist nicht das Entscheidende bei einem Berg wie dem Mount Everest. Obwohl er der höchste Berg der Welt ist, ist er technisch nicht sehr anspruchsvoll. Der größte Teil ist einfach eine Wanderung."
Der Dokumentarfilm "Mount Everest – Der Friedhof meiner Freunde" beginnt mit dem tragischen Schluss. Dann erzählt er die Geschichte der Expedition in einer Rückblende, vom Beginn an der Küste Hollands, drei Meter über dem Meeresspiegel, über das Treffen aller Beteiligten in Katmandu bis zum bitteren Ende. Auf dem Weg treffen Thomas W. und seine Begleiter einige andere Bergsteiger. Zum Beispiel einen 15-jährigen Australier, der mit seinem Vater den Mount Everest bezwingen will. Kurz vor dem Gipfel müssen beide aufgeben, von Krankheit gezeichnet warten sie darauf, wieder ins Tal transportiert zu werden. Der Film braucht keinen Kommentar von der Tonspur, die Bilder stellen die Frage: Was soll das alles? Warum setzen sich Menschen freiwillig diesen lebensgefährlichen Strapazen aus? Thomas W. beschreibt, wie er auf dem Weg nach oben seine Sehfähigkeit verliert:
"Sie verändert sich in drei Schritten je höher ich aufsteige. Zuerst sehe ich verschwommen, dann verliere ich die Farben, und schließlich werde ich zumindest zeitweise völlig blind."
Manchmal verwischen die Kamerabilder. Dann zeigen die Filmemacher Victor Grandits und Jessica Krauß, was Thomas W. auf dem Weg zum Gipfel gesehen haben könnte. Farbige Schlieren, dann nur noch Weiß. Je höher er kommt, umso erschöpfter klingt seine Stimme. Aber er denkt nicht ans Aufgeben:
"Ich kann immer noch sehen, aber nicht sehr viel. Wird das die längste Nacht meines Lebens sein?"
Die Dokumentation ist eine Reportage, kein Porträt. Sie zeigt Aktionen, oft mit leicht wackeliger Handkamera, was sehr authentisch wirkt. Die Filmemacher, die bei der Expedition selbst nicht dabei waren, leuchten nicht ins Innere der Bergsteiger. Was Thomas W. antrieb, bleibt unklar. Seine Äußerungen klingen, als hätte er sie schon vorher zurechtgelegt, wie aus einem Abenteuerroman entliehen. Bergführer Harry Kikstra beschreibt ihn als verschlossenen Menschen:
"Er sagte, was die Leute hören wollten und verbarg seine eigenen Gefühle, etwa wenn er wirklich sehr müde war. (…) Aber das Gute am Everest ist – und das gilt für die meisten Berge – dass man da oben keine Maske tragen kann."
Vom Tod Thomas W.s gibt es keine Bilder. Verzweifelte Rufe tönen verzerrt aus den Funkgeräten. Ein Kollege ermahnt den Bergführer Harry, die Nerven zu behalten, die Leiche für die Versicherungen zu fotografieren, und wenn er sicher ist, dass Thomas W. wirklich tot ist, ins Lager zurückzukommen.
"Mount Everest – Der Friedhof meiner Freunde" ist ein intensiver Dokumentarfilm. Der am Schluss die Frage nach dem Sinn solcher Expeditionen stellt. Und eine Zahl nennt: Allein im Sommer 2006, als Thomas W. den Aufstieg wagte, starben 14 Menschen auf dem Mount Everest. Harry Kikstra will nie wieder auf den Gipfel. Er zählt mehrere Leichen auf, die immer noch im ewigen Eis liegen, Menschen, mit denen er unterwegs war, seine Freunde. Nun ist ein weiterer dazu gekommen:
"Thomas schien ein bisschen in Panik zu sein. Ein paar Minuten zuvor hatte er sich mit seinem Steigeisen in den Seilen verheddert. Und Nemba musste ihm helfen, sich zu befreien, was schon schwierig genug war. Danach ist er ein wenig weiter gegangen. Und plötzlich sah er mich an und sagte: Ich sterbe."
Service:
"Mount Everest - Der Friedhof meiner Freunde" läuft am 31. Juli um 22.45 Uhr im Ersten. Buch und Regie: Victor Grandits und Jessica Krauß.
Hilflosigkeit spiegelt sich im Gesicht des Kameramanns Kevin. Er und sein Kollege Milan sind im Lager auf 8300 Metern Höhe zurück geblieben. Den Aufstieg zum Gipfel des Mount Everest haben sie nicht geschafft. Über ihr Funkgerät kommen erschreckende Meldungen. Thomas W. ist wahrscheinlich tot, der Mann, der den höchsten Berg der Welt bezwingen wollte. Obwohl er nach einer Tumoroperation kaum noch sehen konnte und mit zunehmendem Druck in großer Höhe fast vollständig blind war. Seine Expedition sollte eine Botschaft sein. Auch Behinderte können den Mount Everest besteigen. Das haben vor ihm schon einige geschafft, Beinamputierte und Blinde. Der holländische Bergführer Harry Kikstra erklärt:
"Ich weiß dass das komisch klingt, aber das Sehvermögen ist nicht das Entscheidende bei einem Berg wie dem Mount Everest. Obwohl er der höchste Berg der Welt ist, ist er technisch nicht sehr anspruchsvoll. Der größte Teil ist einfach eine Wanderung."
Der Dokumentarfilm "Mount Everest – Der Friedhof meiner Freunde" beginnt mit dem tragischen Schluss. Dann erzählt er die Geschichte der Expedition in einer Rückblende, vom Beginn an der Küste Hollands, drei Meter über dem Meeresspiegel, über das Treffen aller Beteiligten in Katmandu bis zum bitteren Ende. Auf dem Weg treffen Thomas W. und seine Begleiter einige andere Bergsteiger. Zum Beispiel einen 15-jährigen Australier, der mit seinem Vater den Mount Everest bezwingen will. Kurz vor dem Gipfel müssen beide aufgeben, von Krankheit gezeichnet warten sie darauf, wieder ins Tal transportiert zu werden. Der Film braucht keinen Kommentar von der Tonspur, die Bilder stellen die Frage: Was soll das alles? Warum setzen sich Menschen freiwillig diesen lebensgefährlichen Strapazen aus? Thomas W. beschreibt, wie er auf dem Weg nach oben seine Sehfähigkeit verliert:
"Sie verändert sich in drei Schritten je höher ich aufsteige. Zuerst sehe ich verschwommen, dann verliere ich die Farben, und schließlich werde ich zumindest zeitweise völlig blind."
Manchmal verwischen die Kamerabilder. Dann zeigen die Filmemacher Victor Grandits und Jessica Krauß, was Thomas W. auf dem Weg zum Gipfel gesehen haben könnte. Farbige Schlieren, dann nur noch Weiß. Je höher er kommt, umso erschöpfter klingt seine Stimme. Aber er denkt nicht ans Aufgeben:
"Ich kann immer noch sehen, aber nicht sehr viel. Wird das die längste Nacht meines Lebens sein?"
Die Dokumentation ist eine Reportage, kein Porträt. Sie zeigt Aktionen, oft mit leicht wackeliger Handkamera, was sehr authentisch wirkt. Die Filmemacher, die bei der Expedition selbst nicht dabei waren, leuchten nicht ins Innere der Bergsteiger. Was Thomas W. antrieb, bleibt unklar. Seine Äußerungen klingen, als hätte er sie schon vorher zurechtgelegt, wie aus einem Abenteuerroman entliehen. Bergführer Harry Kikstra beschreibt ihn als verschlossenen Menschen:
"Er sagte, was die Leute hören wollten und verbarg seine eigenen Gefühle, etwa wenn er wirklich sehr müde war. (…) Aber das Gute am Everest ist – und das gilt für die meisten Berge – dass man da oben keine Maske tragen kann."
Vom Tod Thomas W.s gibt es keine Bilder. Verzweifelte Rufe tönen verzerrt aus den Funkgeräten. Ein Kollege ermahnt den Bergführer Harry, die Nerven zu behalten, die Leiche für die Versicherungen zu fotografieren, und wenn er sicher ist, dass Thomas W. wirklich tot ist, ins Lager zurückzukommen.
"Mount Everest – Der Friedhof meiner Freunde" ist ein intensiver Dokumentarfilm. Der am Schluss die Frage nach dem Sinn solcher Expeditionen stellt. Und eine Zahl nennt: Allein im Sommer 2006, als Thomas W. den Aufstieg wagte, starben 14 Menschen auf dem Mount Everest. Harry Kikstra will nie wieder auf den Gipfel. Er zählt mehrere Leichen auf, die immer noch im ewigen Eis liegen, Menschen, mit denen er unterwegs war, seine Freunde. Nun ist ein weiterer dazu gekommen:
"Thomas schien ein bisschen in Panik zu sein. Ein paar Minuten zuvor hatte er sich mit seinem Steigeisen in den Seilen verheddert. Und Nemba musste ihm helfen, sich zu befreien, was schon schwierig genug war. Danach ist er ein wenig weiter gegangen. Und plötzlich sah er mich an und sagte: Ich sterbe."
Service:
"Mount Everest - Der Friedhof meiner Freunde" läuft am 31. Juli um 22.45 Uhr im Ersten. Buch und Regie: Victor Grandits und Jessica Krauß.