#wirbleibenmehr-Konzert in Chemnitz

Eine schöne Party - aber sonst?

08:04 Minuten
Eine junge Frau wird in einer Zuschauermenge vor dem #wirsindmehr Konzert in Chemnitz hochgetragen
Eine Reaktion auf ausländerfeindliche Ausschreitungen: das "Wir sind mehr"-Konzert in Chemnitz vor einem Jahr. © picture alliance / dpa / Sebastian Willnow
Christoph Ernst im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 04.07.2019
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Ein Gratis-Open-Air-Konzert, dazu klare Kante gegen Rechts – was will man mehr? Vielleicht etwas Selbstzweifel, Nachdenklichkeit und Kommunikationsbereitschaft seitens derer, die sich als moralische Mehrheit fühlen, meint der Krimiautor Christoph Ernst.
Bereits für das erste "#wirsindmehr"-Konzert nach den ausländerfeindlichen Übergriffen in Chemnitz im vergangenen Sommer fand der Krimiautor Christoph Ernst harte Worte: Letztlich habe das Gratis-Konzert mit mehreren Punk-Bands "wieder nur die moralische Masturbationsgier all derer [bedient], die sich gern per Mausklick auf die Seite der vermeintlich Guten schlagen", schrieb er damals in der Zeitschrift "Cicero".

Wer beherrscht das Narrativ?

Auch die Neuauflage des Konzerts in der Chemnitzer Innenstadt, unter anderem mit Herbert Grönemeyer und Tocotronic, kritisiert Ernst: "Wenn man eine schöne Party feiern will, ist das sicherlich eine nette Sache", sagte er im Deutschlandfunk Kultur. Wenn dieses Partyfeiern unter einer Überschrift stattfinde, die letztlich auf eine Mogelpackung hinauslaufe, habe er allerdings etwas dagegen:
"Ich finde die Ansage 'Wir bleiben mehr' ist ja auch eine Ansage, wir beherrschen das Narrativ, wir behalten die Deutungshoheit. Wenn man tatsächlich in Kommunikation gehen will mit den Bevölkerungsteilen, die man da attackiert, dann müsste man das vielleicht anders formulieren und sich fragen: Wie bleiben wir mehr? Oder: Wie retten wir die Demokratie?", so Ernst. "Ich würde mir da etwas mehr Selbstzweifel, etwas mehr Nachdenklichkeit, etwas mehr Kommunikationsbereitschaft wünschen."
(uko)
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