"Wir wollen uns an den ganzen Schiller halten"

Friedrich Dieckmann im Gespräch mit Jürgen Liebing |
In seinem Buch "Freiheit ist nur in dem Reich der Träume. Schillers Jahrhundertwende" erzählt der Schriftsteller Friedrich Dieckmann vom Leben des Dichters als Mann in der Lebensmitte, der eine Familie mit drei Kindern zu ernähren hat.
Im Schiller-Jahr 2005, als der 200. Todestag des Klassikers begangen wurde, hatte Friedrich Dieckmann das Werk "Diesen Kuss der ganzen Welt - Der junge Mann Schiller" vorgelegt, in dem er den rebellischen Stürmer und Dränger porträtierte.

Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch mit dem Schriftsteller über die Neuerscheinung zum 250. Geburtstag des Dichters, die den älteren Schiller zeigt:

Jürgen Liebing: Mancher meint ja, dass Schiller Zeit seines Lebens gedichtet habe. Immerhin hat er trotz des relativ kurzen Lebens (1859 - 1805) ein großes Werk hinterlassen. Aber der Eindruck trügt: Es gab große Lücken, in denen keine Dramen und Gedichte entstanden und genau in dieser Zeit, als er 1799 nach Weimar kam, hat er erstmal nicht gedichtet. Was für Gründe hatte er?

Friedrich Dieckmann: Das war eine Phase der explosiven Jugenddichtung, die er in Dresden abgeschlossen hatte mit dem lang geratenen Stück "Don Karlos". Und danach trat in der Tat sehr bald eine Pause im lyrischen Schaffen ein: eine lyrische Pause von sechs Jahren, eine dramatische Pause von mehr als zehn Jahren. Das hing damit zusammen, dass er eine Familie gründete und ernähren musste und Professor in Jena wurde. Es hing gewiss auch damit zusammen, dass das Drama der Zeit nun plötzlich realiter in Frankreich stattfand und sich als so überwältigend dramatisch erwies, dass das Drama auf dem Theater notwendig zurückbleiben musste.

(…)

Jürgen Liebing: An welchen Friedrich Schiller sollen wir uns eigentlich halten: An den frühen Stürmer und Dränger, quasi an den Revolutionär, oder eher an den, der den langen Weg durch die Kunst angetreten hat, um dann irgendwann zur bürgerlichen Freiheit zu kommen?

Friedrich Dieckmann: Ich würde sagen, revolutionär war Schiller nie. Er war Rebell, Protestant, wenn Sie so wollen. Wir wollen uns an den ganzen Schiller halten. Der Ganze hat uns etwas zu sagen, weil Schiller die Epochen des menschlichen Lebens: Jugendzeit, das Mannesalter, die Zeit der Reife so gültig ausgelegt hat, im Vers, in Prosa, in Stücken, wie man das so prägnant bei kaum einem anderen Dichter findet.

Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 10.4.2010 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.