"Wir sind nicht Vermittler, weil wir nicht neutral sind"

Ruprecht Polenz im Gespräch mit Birgit Kolkmann |
Nach Ansicht von Ruprecht Polenz sind die Einflussmöglichkeiten Deutschlands bei den Bemühungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen begrenzt. Deutschland stehe zu Israel und habe eine besondere Beziehung zu dem Land. Das wüssten die arabischen Staaten und akzeptierten es auch, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Technische Hilfe, wie sie der Bundesaußenminister beispielsweise für die Grenzüberwachung in Ägyptem angeboten hätte, würde jedoch gern angenommen, sagte Polenz.
Birgit Kolkmann: Außenminister Steinmeier war drei Tage im Nahen Osten und die ägyptischen Gastgeber brachten ihn auch an die Grenze zum Gaza-Streifen. Vom Dach des Grenzpostens blickte Steinmeier auf die Bombenexplosionen und musste dann selbst schnell in Sicherheit gebracht werden - Kriegserfahrung hautnah.

Im Gaza-Streifen war der Außenminister nicht und sollte Deutschland technische Berater und Helfer in den Nahen Osten entsenden, dann auch auf keinen Fall in den Gaza-Streifen, sondern nur nach Ägypten.

Heute wird sich der Auswärtige Ausschuss des Bundestages mit dem Thema beschäftigen. Dessen Vorsitzender ist Ruprecht Polenz von der CDU. Schönen guten Morgen, Herr Polenz!

Ruprecht Polenz: Guten Morgen, Frau Kolkmann!

Kolkmann: Herr Polenz, wie groß sind denn eigentlich die deutschen Einflussmöglichkeiten im Nahen Osten?

Polenz: Ich glaube, die sind begrenzt. Das hat der Außenminister auch immer betont. Und er hat ja auch bei seiner Reise die Erfahrung machen müssen, dass seine Vermittlungen nun nicht sofort zu einem Waffenstillstand geführt haben, seine Bemühungen, sondern dass die technische Hilfe, die er etwa für die Grenzüberwachung angeboten hat, gerne angenommen wird von Ägypten, aber dass das alleine noch nicht ausreicht.

Kolkmann: Welche technischen Hilfen könnten das denn sein? Welche besonderen Kompetenzen hätten denn da die Deutschen?

Polenz: Es geht Israel vor allen Dingen darum, die Schmuggeltätigkeit über die ägyptische Grenze zu unterbinden. Auf der anderen Seite ist es immer ein Problem, wenn diese Grenze nicht von denen überwacht wird, die dafür zuständig sind, also jetzt in diesem Falle die Ägypter vor allen Dingen. Und da man jetzt nicht zusätzliches Personal unbedingt haben will, kann man versuchen, durch technische Sensoren, Detektoren oder Ähnliches, wie man es vielleicht von Flughäfen kennt, die Grenze sicherer zu machen. Das ist einer der Vorschläge, die Steinmeier den Ägyptern gemacht hat.

Kolkmann: Käme da auch die besondere Kompetenz der Deutschen als Bergbauer zum Zuge?

Polenz: Sie meinen jetzt wegen der Tunnel?

Kolkmann: Richtig!

Polenz: Das weiß ich nicht. Es ging ja jetzt sehr um technische Details. Wenn ich die Israelis richtig verstehe, dann wollen sie das ganze Tunnelsystem unterbinden. Das allerdings wird natürlich nur dann funktionieren, wenn man offiziell die Grenze öffnet für die Produkte, die natürlich erforderlich sind, damit die Bevölkerung des Gaza-Streifens wirtschaftlich nicht mehr allein am Tropf der internationalen Gemeinschaft hängt.

Kolkmann: Nun gab es ja auch immer die Hinweise darauf, dass die Beziehungen der Deutschen in den Nahen Osten speziell bei der Vermittlung des israelisch-libanesischen Konfliktes so besonders gut seien und die Deutschen auch so besonders angesehen. Kann man denn diese Möglichkeiten nutzen?

Polenz: Das tun wir! Wir sind nicht Vermittler, weil wir nicht neutral sind. Wir stehen zu Israel und haben eine besondere Beziehung zu Israel. Das wissen aber auch die arabischen Staaten, das wissen die Palästinenser, das akzeptieren sie auch, weil wir in einer fairen Form versuchen, auch die Interessen der Palästinenser in unsere Bemühungen einzubeziehen.

Kolkmann: Nun wurde ja auch Steinmeier schon vorgeworfen, dass er sich zu einseitig auf die Seite Israels geschlagen habe, dass er im Prinzip das vollzieht, was die israelische Regierungspolitik will, und mit Hamas auch nicht gesprochen habe.

Polenz: Dass er mit Hamas nicht gesprochen hat, war von vornherein klar. Das war nie beabsichtigt und es wäre auch falsch gewesen, weil es auch die Position von Palästinenserpräsident Abbas geschwächt hätte. Mit dem hat er geredet und ähnlich wie die Bundeskanzlerin hat er eben deutlich gemacht, dass man bei der Beurteilung des gegenwärtigen Konfliktes nicht außer acht lassen darf, dass es die Hamas war, die den Waffenstillstand nicht verlängert hat, und dass es die Hamas ist, die bis heute unterschiedslos und vor allen Dingen zivile Ziele im Süden Israels mit Raketen angreift.

Kolkmann: Nun hat der designierte US-Präsident Obama offenbar sich vorgenommen, die Hamas in einen Dialog einzubeziehen - nicht nur die Hamas, auch den Iran. Könnte man davon sprechen, dass man in den USA da offenbar jetzt ein bisschen weiter ist als die Europäer?

Polenz: Ich weiß, dass Obama ohne besondere zusätzliche Voraussetzungen bereit ist, mit dem Iran Gespräche zu führen - nicht er persönlich, aber seine Administration. Das finde ich richtig. Wie die Hamas einbezogen werden kann, da gibt es Möglichkeiten und es mangelt da auch nicht an Gesprächen, die etwa die Ägypter führen, die die Saudis führen, die andere auch mit der Hamas direkt führen. Aber Voraussetzung dafür, die Hamas sozusagen direkt mit an den Tisch zu nehmen, ist doch, dass von den Terrorzielen Abstand genommen wird, und so weit ist die Hamas nicht.

Kolkmann: Wenn Sie die Steinmeier-Reise und überhaupt die Initiative Steinmeiers für diesen Nahost-Konflikt noch einmal nehmen, wie viel Profilierung für den Wahlkampf 2009 in Deutschland ist dabei?

Polenz: Ich meine, man sollte das nicht sofort unterstellen. Alles, was in diesem - -

Kolkmann: Aber es kommt einem doch direkt in den Sinn!

Polenz: Ja, gut. Ich weiß, dass beim Krisenpaket, bei einer Auslandsreise immer auch die Frage ist: Denkt man denn auch an den 27. September? Aber aus der Sorge heraus, dass eine solche Reise jetzt missverstanden werden könnte als Wahlkampfprofilierung, zu Hause zu bleiben wäre ganz falsch gewesen. Also es war richtig, dass er gefahren ist. Er hat sich eng mit der Bundeskanzlerin abgestimmt, denke ich. Die Bundesregierung ist in dieser Frage einig. Wenn Sie so wollen, profiliert sich ganz Deutschland.

Kolkmann: Vielen Dank! - Ruprecht Polenz, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz von der CDU. Danke fürs Gespräch und gute Besserung für Ihre Stimme.

Polenz: Ja, vielen Dank. Ich bin heute etwas heiser. Bitte um Entschuldigung. Auf Wiederhören!