"Wir sind die führende Wintersportnation"

Moderation: Marietta Schwarz · 05.03.2011
Nach Ansicht des Generaldirektors des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Michael Vesper, ist es gelungen, die Evaluierungskommission des IOC davon zu überzeugen, dass die Olympia-Bewerbung Münchens bei der Bevölkerung Zustimmung findet.
Marietta Schwarz: Dem Olympia-Bewerber München stand in dieser Woche ein Härtetest bevor, denn die Evaluierungskommission des IOC nahm den potenziellen Standort für die Winterspiele 2018 genauer unter die Lupe – mit ihm auch Garmisch-Partenkirchen und Königssee. Gestern Abend ging diese Tauglichkeitsprüfung zu Ende, aber entschieden ist natürlich noch nichts. Das geschieht erst am 6. Juli in Durban.

Organisatoren und Regierungsmitglieder haben das IOC-Team vier Tage lang umgarnt, aber es gibt eben auch Gegner, ungeklärte Grundstücksfragen und ein Bürgerbegehren gegen Olympia, das eine gewisse Unsicherheit bei der Planung darstellt. Am Telefon ist Michael Vesper, Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes und Vorsitzender des Aufsichtsrats der Bewerbungsgesellschaft – guten Morgen, Herr Vesper!

Michael Vesper: Guten Morgen, Frau Schwarz!

Schwarz: Was, glauben Sie, hat die Kommission als Plus- und als Minuspunkte in den letzten vier Tagen für München notiert?

Vesper: Das hat sie ja gestern auf der Pressekonferenz, auf der Abschlusspressekonferenz der Evaluierungskommission deutlich gemacht. Sie sagt, sie hat uns geprüft auf Herz und Nieren. Und sie kam zu dem Ergebnis, dass es eine sehr starke Bewerbung ist und deren Kennzeichen eben ist, dass es eine Bewerbung von Athleten für Athleten ist, also die sehr stark auf den Sport sich konzentriert und deutlich macht, dass die Olympischen Spiele hier als ein Sportfest gewünscht werden und dass sie wirklich auf ein begeistertes Publikum stoßen würden, wenn sie 2018 hier in der Region stattfinden würden.

Schwarz: Über die Minuspunkte wurde dann öffentlich wohl eher nicht geredet, aber die gibt es doch auch, oder?

Vesper: Also das, was Sie eben in der Einleitung angeführt haben, das sieht die Kommission nicht als Minuspunkte, zumal dieses Bürgerbegehren, von dem Sie gesprochen haben, ja nicht eingeleitet worden ist, sondern es ist zum ich weiß nicht wievielten Mal angekündigt worden und wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Olympia-Befürworter in Garmisch-Partenkirchen nun ein eigenes Bürgerbegehren zur Unterstützung der Spiele einleiten werden.

Das ist bei der Kommission sehr gut angekommen, aber sie hat sich natürlich auch mit den Kritikern beschäftigt. Sie hat ein Gespräch mit ihnen geführt, und da sind natürlich alle Fragen angesprochen worden. Weil Sie eben die Grundstücksfrage angesprochen haben: Es geht hier um ein einziges Grundstück auf einer Sportstätte, und hier werden die Verhandlungen weitergehen. Das hat Staatsminister Schneider der Kommission ausdrücklich noch einmal auch anhand von Unterlagen, von Briefwechseln, von Protokollen aus den Gesprächen mit dem Rechtsanwalt der Grundstückseigentümer dargestellt. Und das ist insofern von der Kommission sehr gelassen aufgenommen worden.

Schwarz: Wenn es nicht zu einem Bürgerbegehren kommt, Herr Vesper, das haben Sie ja gerade infrage gestellt, dann könnten die Olympia-Gegner klagen, und sie haben auch schon angekündigt, dass sie das tun wollen. Also das müsste Ihnen doch …

Vesper: Wogegen wollen die klagen?

Schwarz: … Sorgen bereiten?

Vesper: Wogegen wollen sie den klagen? Ich meine, die Olympia-Gegner müssen erst mal die notwendigen Unterschriften zusammenbringen, und dann wird nach der Bayerischen Gemeindeordnung über ein solches Bürgerbegehren abgestimmt. Aber was eben entscheidend ist, ist, dass die Olympia-Befürworter nun erklärt haben – und zwar aus Garmisch-Partenkirchen –, dass sie ein solches Bürgerbegehren einleiten werden - pro Olympia - und dann schauen wir mal, wie dieses Bürgerbegehren ausgeht. Da sind wir angesichts der Umfragezahlen, die wir haben aus repräsentativen Umfragen, sehr gelassen. Und wir begrüßen das, dass unter Leitung von Herrn Fischer, der ja das Organisationskomitee für die eben zu Ende gegangene Ski-WM angeführt hat, ein solches Bürgerbegehren zustande kommt.

Aber wissen Sie, dieses Bürgerbegehren stand nun wirklich nicht im Mittelpunkt dieser vier Tage, sondern in diesen vier Tagen wurden alle Sportstätten überprüft, wurde die Logistik überprüft, die Sicherheit – alles Fragen, die im Zusammenhang mit Olympischen Spielen stehen. Und es ist wirklich ein falscher Eindruck, wenn nun der Eindruck erweckt würde, wir hätten über nichts anderes gesprochen als über dieses drohende Bürgerbegehren.

Schwarz: Ich weiß, man hat nur eine halbe Stunde über dieses Bürgerbegehren gesprochen. Ich will trotzdem – Herr Vesper, Sie verzeihen es mir noch mal – auf die Olympia-Gegner zurückkommen, die fühlen sich ja zuvorderst auch desinformiert. Also ist diese Bewerbung wirklich transparent gelaufen?

Vesper: Ja, ganz eindeutig, und sie sind auch nicht desinformiert worden. Sie nehmen einzelne Informationen leider nicht auf, zum Beispiel die Tatsache, dass unsere Bewerbung nur weniger als ein Fußballfeld neue Flächen dauerhaft benötigt, alle anderen Flächen sind entweder schon da oder werden nach temporärer Nutzung wieder zurückgegeben, und zwar nach dem bayrischen Olympia-Gesetz - eins zu eins, wie es vorher der Fall war.

Die Bewerbungsunterlagen sind zunächst mal in Bürgerversammlungen, in vielen öffentlichen Veranstaltungen in Garmisch-Partenkirchen diskutiert worden. Es gab Abstimmungen und Beratungen in den Gemeinderäten, die ja, wie Sie wissen, öffentlich sind. Es haben Hunderte von solchen Versammlungen stattgefunden, ich selber habe an vielen dieser Versammlungen teilgenommen, und die Unterlagen standen auch immer auf der Homepage der Bewerbungsgesellschaft zur Verfügung. Also es ist einfach nicht wahr, wenn man sagt, hier wäre intransparent vorgegangen worden.

Schwarz: Herr Vesper, warum ist es so wichtig, dass die Olympischen Spiele in München stattfinden?

Vesper: Weil wir, glaube ich, gezeigt haben in Deutschland, dass wir solche Veranstaltungen ausrichten können, dass wir gute Gastgeber für die Jugend aus aller Welt sein können und sein wollen, dass wir damit auch die Stimmung in diesem Land verändern und verbessern können – das hat auch die Fußball-Weltmeisterschaft von 2006 gezeigt.

Wir sind die führende Wintersportnation, und trotzdem haben in Deutschland seit 80 Jahren keine Olympischen Winterspiele mehr stattgefunden. Und wir glauben, dass wir deutlich machen können, auf was für eine Begeisterung dieser Sport hier trifft, die unvergleichlich ist. Und ich glaube, nicht zuletzt sind Olympische Spiele immer auch ein Konjunkturprogramm für die Gesellschaft, aber auch für den Sport, es hebt einfach die Stimmung für den Sport.

Schwarz: Michael Vesper war das, Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes und Aufsichtsratsvorsitzender der Bewerbungsgesellschaft. Herr Vesper, vielen Dank für das Gespräch!

Vesper: Sehr gerne!