"Wir sind Berliner"

25.11.2008
Es soll ihn noch geben, den echten Berliner. Man muss ihn aber mit dem Hörrohr suchen, denn er ist stark in der Minderheit. Das liegt weniger an einer geringen Geburtenrate unter den Berliner Originalen, sondern hat schlicht damit zu tun, dass die meisten Berliner keine Berliner sind. Sie kommen von j.w.d., also von janz weit draußen, so richtig aus der Ferne. Dies ist keine neue Erscheinung hierorts, sondern spielt schon längere Zeit eine Rolle, siehe Hugenotten, Holländer etc p.p. Wie auch immer, die Zugewanderten haben Spuren hinterlassen, ihre Spuren - damals so wie heute.
Es soll ihn noch geben, den echten Berliner. Man muss ihn aber mit dem Hörrohr suchen, denn er ist stark in der Minderheit. Das liegt weniger an einer geringen Geburtenrate unter den Berliner Originalen, sondern hat schlicht damit zu tun, dass die meisten Berliner keine Berliner sind. Sie kommen von j.w.d., also von janz weit draußen, so richtig aus der Ferne. Dies ist keine neue Erscheinung hierorts, sondern spielt schon längere Zeit eine Rolle, siehe Hugenotten, Holländer etc p.p. Wie auch immer, die Zugewanderten haben Spuren hinterlassen, ihre Spuren - damals so wie heute.
Wir sind Berliner. Migration, Integration - die Beiträge:

"Ich denke, bei der Einwanderungszeit muss man sich das so ein bisschen vorstellen wie heute in Neukölln und Teilen von Wedding."

Hugenotten in Berlin.

"Die polnische Gemeinschaft ist eine der aktivsten in Berlin insgesamt."

Polen in der Hauptstadt.

"Deutschland 40 Jahre mir helfen. Nicht vergessen! 40 Jahre!"

Türken in Berlin.

Hugenotten in Berlin
Von Andrè Hatting

Migration, Integration – heute große Problemworte. Dies verwundert insofern, als der hiesige Landstrich, und nicht nur dieser, bereits jahrhundertlang Erfahrungen sammeln konnte, musste, wollte.
Im Juni vergangenen Jahres wies ein Kreuzworträtsel auf dem Berliner Gendarmenmarkt da witzig darauf hin. Aus dem Französischen der hugenottischen Emigranten wurden jene Ausdrücke ausgewählt, die im Berliner Dialekt Karriere gemacht haben, natürlich nach hiesiger Mundbearbeitung. "Blümerant" ist da so ein Wort, "Bulette" ein anderes, "Muckefuck" kennt jeder und auch mindestens einen "Bouillonkopp".


Noch bevor sie der Spaziergänger auf dem Gendarmenmarkt sieht, hört er sie bereits: Die Französische Kirche. 1701 bis 1705 wurde sie in der Friedrichstadt errichtet. Sie war das erste Gotteshaus für die Hugenotten in Berlin. Bis zum heutigen Tag wird dort auch auf Französisch gepredigt. Ende des 18. Jahrhunderts setzte der preußische König Friedrich II. einen Kuppelbau, französisch dôme, an die Kirche. Im Erdgeschoss des 70 Meter hohen Turms erzählt ein Museum die Geschichte der Berliner Hugenotten.

Sie begann am 29. Oktober 1685 mit dem Edikt von Potsdam:

"Chur-Brandenburgisches Edikt, Betreffend Diejenige Rechte, Privilegia und andere Wohlthaten, welche Se[ine]. Churf.[ürstliche] Durchl.[aucht] Zu Brandenburg denen Evangelisch-Reformirten Frantzösischer Nation, so sich in Ihren Landen niederlassen werden daselbst zu verstatten gnädigst entschlossen seyn."

Die Immigranten kamen gern und zahlreich. Kurfürst Friedrich Wilhelm bedachte die Flüchtlinge mit zahlreichen Sonderrechten: Steuerbefreiung, Grundstücke und Existenzgründerzuschüsse waren nur einige der im Edikt von Potsdam garantierten Privilegien. Das wichtigste aber war: Unabhängigkeit. Am Ort des heutigen Kronprinzenpalais in der Straße Unter den Linden lag das Zentrum der hugenottischen Selbstverwaltung. In einem einzigen Raum befanden sich das Konsistorium der französischen Kirche, die französischen Gerichte, Schulverwaltung und das Hugenottencollège. Das heißt heute Französisches Gymnasium und hat im Ortsteil Tiergarten ein richtiges Schulgebäude. Lehrpläne, Schulbücher und die Unterrichtssprache sind französisch geblieben. Genau wie im Gründungsjahr 1689. Nur dass heute der Anteil frankophoner Berliner viel geringer ist als um 1700. Von den knapp 30-tausend Einwohnern Berlins gehörte damals etwa jeder fünfte zu den geflüchteten Franzosen. In Friedrichstadt und Dorotheenstadt – dem Gebiet rund um die Friedrichstraße, Unter den Linden und Brandenburger Tor - dominierten französische Pâtisserien, Seidenweber und Apotheker das Straßenbild, erzählt Robert Violet, Archivpfleger der Französischen Kirche und Betreuer des Hugenottenmuseums:

"Ich denke, bei der Einwanderungszeit muss man sich das so ein bisschen vorstellen wie heute in Neukölln und Teilen von Wedding. Fünfzig Prozent und mehr waren eben französische Zuwanderer, die haben die neuen Stadteile durchaus geprägt. Spannungen gab es sicherlich. Schon allein, wenn man sich überlegt, Handwerker und Gewerbetreibende in die Zünfte aufzunehmen – kostenlos. Das haben die Deutschen nicht so gern gesehen. Oder Bäcker, Fleischer, Schuster. Das war eine Konkurrenz sicherlich für die Einheimischen. Auf der anderen Seite waren die Deutschen dann doch schnell und pfiffig genug, gewisse moderne Webstühle oder auch Produktionsmethoden zu übernehmen."

Die französischen Kolonisten brachten aber nicht nur neue handwerkliche Kenntnisse mit, sie brachten die Berliner auch auf den Geschmack. Noch heute ist die Boulette in aller Munde. Der Fleischklops ist aber alles andere als typisch Berlinisch:

"Genauso wie das Würstchen auch nicht. Dann sicherlich Spargel, Chicorée, Artischocken, die mitgebracht worden sind. Die Zuwanderer wurden auch als ‚Bohnenfresser’ beschimpft, weil sie die grüne Bohne eingeführt haben. In dem Moment, wo sie Froschschenkel aßen, beschwerten sich, das ist eine kleine Anekdote, die Störche beim Kurfürsten, dass die Franzosen ihnen die Frösche klauen. – Das sind sicherlich Dinge, die hier mitgebracht worden sind. Aber es gibt auch ein Produkt, das ist durch Carl Franz Achard entwickelt worden, Pfarrerssohn und Chemiker. Der hat den Rübenzucker entwickelt. Und wir benutzen ihn heute weltweit."

Auch die Schriftsteller Friedrich de la Motte Fouqué und Theodor Fontane hatten, wie man heute sagen würde, einen französischen Migrationshintergrund. Und natürlich ist auch der Archivpfleger der Französischen Kirche ein waschechter Hugenotte:

"Ich kann fast auf den Tag genau sagen, wann meine Vorfahren nach Brandenburg gekommen sind. Erst in Prenzlau, und jetzt ist die elfte, zwölfte und dreizehnte Generation am Leben, also 300 Jahre, ja."

Die Geschichte der Hugenotten in Berlin ist die einer gelungenen Integration. Das lässt sich auch daran ablesen, wie die Berliner im Laufe der Zeit das fremde Idiom vereinnahmten: Aus der Boutique wurde die Budike, der Mocca faux – wörtlich "falscher Mokka" – zum Muckefuck und aus pleurer machten die Berliner das Plärren. Nicht immer stießen diese eigenwilligen Eindeutschungen auf ungeteilte Begeisterung bei den Franzosen. Vor allem nicht, wenn es um das heikle Thema der Eigennamen ging. Einen der berühmtesten Hugenotten der Literaturgeschichte hat diese Ignoranz so auf die Palme gebracht, dass er erst die Fassung und dann seinen Job verlor. Ulrich Plenzdorfs Edgar Wibeau, Titelheld des 1973 erschienen Romans "Die neuen Leiden des jungen W.":
"Wie das klingt: Edgar Wibau! Aber Edgar Wibeau! Kein Aas sagt ja auch Nivau statt Niveau! […] Wibeau ist ein alter Hugenottenname, na und? – Trotzdem war das natürlich kein Grund, olle Flemming die olle Platte auf seinen ollen Zeh zu setzen. […] Manchmal war mir eben plötzlich heiß und schwindlig, und dann machte ich was, von dem ich nachher nicht mehr wußte, was es war. Das war mein Hugenottenblut, oder ich hatte einen zu hohen Blutdruck. Zu hohen Hugenottenblutdruck."


Polen in Berlin
Von Arkadiusz Luba

15 Jahre lang drückte ein Moderator auf den Knopf und kam den Kandidaten sowie dem Fernsehpublikum polnisch. Hans Rosenthal war es, er rief "Dalli, dalli", was bekanntlich aus dem Polnischen kommt und soviel heißt wie "weiter", "los", "beeil dich". Als gebürtiger Berliner sprach er da keine Fremdsprache, denn "dalli" gehörte lange schon zum umgangssprachlichen Wortschatz des Berliners. Wenig verwunderlich, denn seit mehr als zwei Jahrhunderten prägen Polen das Leben der Großstadt mit. Momentan leben - laut Statistik - über 130.000 Menschen am Ort, deren Muttersprache Polnisch ist. Damit bilden sie nach dem türkischen Bevölkerungsanteil die zweitgrößte ausländische Volksgruppe in der Stadt.
Polen in Berlin - Arkadiusz Luba hat nach ihren Spuren gesucht.


"Die polnische Community in Berlin ist natürlich eine Community der Bewegung des Austausches. Sie ist nichts Festes; es geht hin und her über dir Grenze und zurück. Wenn wir heute durch die Stadt gehen, dann sehen wir ja, das Zusammenleben ist wirklich sehr normal. Die polnische Gemeinschaft ist eine der aktivsten in Berlin insgesamt."

So der Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration, Günter Piening.
Die unterschiedlichen Migrationswellen des 19. und 20. Jahrhunderts brachten Zehntausende von Polen nach Berlin. Diese Einwanderer integrierten sich Schritt für Schritt in die Gesellschaft. Ihre Kolonie in Preußen bestand hauptsächlich aus Arbeitern. Sie spielten eine wichtige Rolle beim Aufbau der modernen Infrastruktur der Stadt: beim Bau von Straßen, Kanälen, der U-Bahn oder bei der Trockenlegung von Sümpfen. Um ihre Interessen zu vertreten, gründeten sie 1867 den "Polnischen Industrieverband". Über die Jahre entwickelten die Polen in der Spreemetropole ein intensives wirtschaftliches Leben. Ein Signal dafür ist der Verein der Polnischen Kaufleute und Industriellen in Berlin "BERPOL". Er hat jedoch nichts mit den Traditionen des alten Industrievereins zu tun. Die Gegenwart setze andere Herausforderungen voraus als vor über hundert Jahren, meint Jacek Barełkowski, Präsident von BERPOL:

"Was neu ist, das sind Handelsleute, die viele verschiedene Geschäfte hier gegründet haben; einige versuchen die polnische Denkweise hier umzusetzen, aber das klappt nicht immer. Also hier sich zu etablieren, ist momentan viel schwieriger als das der Fall in Polen ist. Die Nischen, die es hier gibt, sind andere als in Polen. Und die richtige Nische zu finden, das ist manchmal schwer. Aber jeder nutzt die Chance und versucht hier, Erfolg zu haben."

Ihre Chance in Berlin suchten auch zahlreiche Künstler. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten hier viele polnische Musikstudenten und Berufsmusiker. Zu den berühmtesten zählt der Komponist und Pianist sowie Ministerpräsident und Außenminister Polens Ignacy Jan Paderewski. In Berlin studierte er Komposition bei Friedrich Kiel und Heinrich Urban.
Von dem international geprägten Musikzentrum Europas könne jeder Musikliebhaber jedoch nur profitieren, meint Krakauer Daniel Stabrawa. Er spielt seit 25 Jahren bei den Berliner Philharmonikern und ist ihr Erster Konzertmeister:

"Jeder Mischung der Mentalität oder der Charaktere in der Musik gibt was Besonderes. Das ist das eigentlich, was der Zuhörer im Raum erwartet. Nicht einfach nur exaktes Spielen, so zusammen ... perfekt alles ... sondern irgendetwas, was man gar nicht üben kann. Und das kommt eben doch dadurch, dass hier in Deutschland viele Nationen mitmachen."

Es gibt eine Reihe von polnischen Wissenschaftlern in Berlin, mit Professor Aleksander Brückner an der Spitze, der bereits 1881 die Grundsteine für die Slawistik an der Humboldt-Universität gelegt hat. Der heute emeritierte Professor und renommierte Schlafforscher, Karol Kubicki, beteiligte sich 1948 an der Gründung der Freien Universität und war ihr erster Student.
Seit zwei Jahren trägt das Zentrum für Historische Forschung der Polnischen Akademie der Wissenschaften der Berliner Forschung bei. Die Aufgabe des Zentrums ist die Analyse historischer und aktueller Fragen der deutsch-polnischen Beziehungen. Da es aber keine bilaterale Geschichte gibt, erfolgt die Arbeit im europäischen Kontext. Professor Robert Traba, Direktor des Zentrums:
"Die Wissenschaft immer weiter internationalisiert sich. Und das ist, denke ich, die Zukunft. Das heißt: europäisieren einerseits, andererseits vertiefen noch die deutsch-polnische Beziehungen in der Wissenschaft. Berlin ist offen und das ist diese Stärke dieser Stadt. Und gerade Wissenschaft und Kultur Berlin blüht jetzt und erlebt vielleicht seinen Hochpunkt in der Entwicklung. Hier sieht man der Rhythmus der Wissenschaft sehr deutlich."

Berlin lebt von seiner Vielfalt. Die Polen-Klischees vom 19. Jahrhundert – wie die Faulheit und verlodderte Wirtschaft oder die Unfähigkeit, einen eigenen Staat zu begründen und zu erhalten – verloren an Bedeutung. Der intensive Kontakt ermöglichte die negativen Polenbilder in Deutschland langsam abzubauen. Kulturell und politisch gesehen, herrscht zwischen den beiden Nationen eine neue Normalität. Staatssekretärin, Monika Helbig:

"Sie sind ja durch vielfältige Aktivitäten im gesellschaftlichen Leben Berlins durchaus ein Faktor. Ansonsten habe ich bisher keine besonderen Wünsche und Erfordernisse an die Berliner Politik wahrgenommen, wo polnische Menschen hier in der Stadt sagen, hier gibt es besondere Probleme, die für uns gelöst werden müssten. Also da ist offensichtlich ein sehr gutes Miteinander, was gar keine Konfliktlagen erzeugt, die man irgendwie jetzt politisch bearbeiten müsste."


Türken in Berlin
Von Jens Rosbach

Klein-Istanbul an der Spree – damit ist in Berlin gemeinhin Kreuzberg gemeint. Die dort wohnen, sehen Berlin durch eine anderen Brille, die eine Berlin-Tour machen gleichfalls.
Rund 160.000 türkischstämmige Menschen leben in Berlin – dies ist die größte türkische Community außerhalb der Türkei. Sie bewohnen ganze Stadtviertel, haben eigene Geschäfte, Vereine, Moscheen und einen eigenen Berliner Radiosender. Und zwar in einer Stadt, in der jeder vierte Einwohner nicht aus Deutschland stammt. Der Grund nun für die vielen - zumeist muslimischen - Zugereisten liegt … in der deutschen Teilung.
Türken in Berlin. Jens Rosbach hat sie aufgesucht.


Reporter: "Seit etwa ein Uhr heute Nacht rattern die Pressluftbohrer! Und bohren einen Graben quer durch die Ebertstrasse hier am Brandenburger Tor."
"Sektorengrenze, doppelter Stacheldraht und noch Stacheldraht davor gelegt, Volkspolizisten! Auf westlicher Seite ist eine Ansammlung Schaulustiger. Was sagen Sie zu den Ereignissen?"
Bürger: "Ist ne Schweinerei!"
Bürger: "Schlimm!"

Mauerbau, 13. August 1961. Für die Berliner eine "Schweinerei" – für die Türken das große Glück. Denn viele Westberliner Unternehmen wie Siemens verlieren plötzlich über Nacht tausende Ostberliner Mitarbeiter, die nun hinter dem Eisernen Vorhang festsitzen. Gastarbeiter aus Istanbul, Ankara und Izmir sollen deshalb die Lücke füllen. 1964 reist der erste große Schwung vom Bosporus an die Spree, tausende Migranten folgen. Und viele von ihnen bleiben, um sich ein besseres Leben aufzubauen – für drei, vier Mark Arbeitslohn die Stunde.

Türke: "Deutschland 40 Jahre mir helfen. Nicht vergessen! Nicht vergessen! 40 Jahre Arbeit geben, Wohnung geben, sprechen gelernt - alles gut gewesen."

Vor allem der Bezirk Kreuzberg - heute scherzhaft Klein-Istanbul genannt - wird zum Domizil der Kopftuch tragenden und Wasserpfeife rauchenden Migranten. Denn hier gibt es billige Wohnungen. Nach einigen Jahren schießen türkische Gemüseläden wie Pilze aus dem Boden. Die deutschen Kreuzberger gehen dort gerne shoppen.

Deutsche: "Aber andererseits gab’s auch viele Auseinandersetzungen, weil die die Menschen immer sofort auf Türkisch angesprochen haben, wer da reingekommen ist. Wo dann die Kunden auch immer ziemlich barsch gesagt haben: Ich bin kein Türke, rede gefälligst Deutsch mit mir, wir sind hier in Deutschland."

Am Türkischen Gemüsestand: "Hallo! Weintrauben kaufen! Zwei Kilo – drei Euro!"

Nach dem Mauerfall müssen viele Westberliner Betriebe schließen. Zahlreiche Türken werden arbeitslos, andere versuchen sich mit Dönerbuden und Handyläden über Wasser zu halten. Nur wenige Kleinunternehmer gehen in den Ostteil Berlins; der ist zu fremdenfeindlich, glauben sie. Offener – und ehrgeiziger: die Generation der Migrantenkinder. Der 28-jährige Fatih Gültekin zum Beispiel studiert an der TU Berlin Wirtschaftsingenieurwesen, um dann Manager zu werden.

Fatih: "Also wenn ich jetzt meine Eltern ansehe, die haben sich auf gut Deutsch den Arsch aufgerissen, 30, 40 Jahre lang hier gearbeitet, jeden Tag acht Stunden am Fließband und wenn ich sie mir jetzt angucke, die Körper sind total hin und mein Vater auch schon Bypass gehabt, meine Mutter ist zuckerkrank, hat sie auch einen Bandscheibenvorfall und das will ich mir nicht antun. Also ich will auch zeigen, dass man auch als Migrant hoch hinaus kommen kann."

Andere Migrantenkinder haben Integrationsprobleme. An vielen Schulen stellen sie mittlerweile die Masse der Schüler. Sprachschwierigkeiten und mangelnde Freizeitangebote lassen sie zu lautstarken Problem-Jugendlichen werden.

Schüler: "Ich schimpfe alles Mögliche auf Türkisch! Ich sag zum Beispiel ..."

Die türkische Kultur hat mittlerweile zum Teil auf die Deutschen abgefärbt. Gerade die Sprachkultur der Migrantenkinder. Der Berliner Philologe Norbert Dittmar analysiert, dass immer mehr Teenager sagen "Isch geh Schwimmbad" anstelle von "Ich gehe ins Schwimmbad". Oder das türkische "Lan" verwenden anstelle von "Hey, Mann!"

Dittmar: "Etwas, das sich die deutschen Jugendlichen gerne aneignen, weil sie eine Art von Toughness, von Kraft und Mut und physischer Entschlossenheit ausdrücken, es wird rüber genommen ein Stück Männlichkeit, die auf deutsche Jugendliche attraktiv wirkt."

Die Experten bilanzieren: Deutsche und Türken nähern sich in Berlin immer weiter an. Zum einen bringt die Jugendkultur beide Seiten zusammen, zum anderen das verstärkte Engagement vieler Zuwanderer, Bildung und gute Jobs zu bekommen. Unstrittig ist: Die Türken sind mittlerweile fest verankert im Hauptstadt-Leben.