Wir pflügen und wir streuen …

Von Susanne Mack |
In Leipzig wird nicht nur in der Kirche das Entedankfest gefeiert, hier wird zum Entedankfest auch Theater gespielt. "Danke für das Brot!" heißt ein kleines Bühnenstück, das die Schüler und Schülerinnen des Maria Montessori Schulzentrums aufführen.
"Einmal ist Nina von ihrer Mutter ins Lebensmittelgeschäft nebenan geschickt worden. Dort soll sie ein Brot kaufen. Die freundliche Verkäuferin gibt es ihr.
Danke für das Brot!
Das ist lieb von Dir, dass du mir dankst. Aber eigentlich habe ich das Brot ja nur aufbewahrt, bis Du es gekauft hast. Du musst dem danken, der das Brot gebracht hat!"

Generalprobe. Für ein Theaterstückchen zum Erntedankfest. Aufgeführt mit wenigen Requisiten, dafür mit viel Begeisterung, in einem Klassenzimmer in Leipzig. Von Schülerinnen und Schülern des Maria Montessori Schulzentrums. Die Akteure heißen Benjamin und Karl, Marike, Freya, Jule, Janis, um nur einige zu nennen.
Marike heißt "Nina" in diesem Stück. - Nina will jetzt dem Brotlieferanten danken, denn schließlich hat der ja das Brot in den Laden gebracht.
Der Mann freut sich aufrichtig, dass Nina seine Arbeit würdigt, aber auch er schickt sie weiter.

"Du musst dem danken, der das Brot gebacken hat!"
"Oh, dass passiert wirklich selten, dass jemand zu uns kommt, um zu danken! Aber eigentlich haben wir nur das Brot aus dem Mehl gebacken, du musst dem danken, der uns das Mehl gebracht hat!"
So geht Nina zu den Arbeitern in der Mehlfabrik, Dort sagt sie: " Danke für das Brot!"
"Das freut mich, dass Du mir dankst! Aber eigentlich habe ich das Mehl ja nur aus den Weizenkörnern gemahlen. Du musst dem danken, der mir das Korn zum malen gebracht hat."

Nina geht zum Spediteur, der schickt sie zu den Arbeitern im Getreidespeicher. Die wiederum verweisen sie an den Bauern, der zeigt Säcke voll Roggen und Weizen. Die Körner freuen sich über soviel Beachtung, schicken Nina aber weiter zu Erde, Sonne und Regen.

"Danke. Erde, Sonne und Regen für das Brot !"
"Ja, wir sind sehr wichtig für das Brot, aber eigentlich musst Du dem danken, der uns geschaffen hat."

Darum betet Nina:

"Lieber Gott! Ich danke Dir. Für die Erde, den Regen und die Sonne. Für den Samen, der wächst, und für den Bauern. Danke für die Leute, die im Getreidespeicher arbeiten, die Spediteure und die Arbeiter in der Mehlfabrik. Danke für die Bäcker in der Brotfabrik, den Lieferanten und die Verkäuferin im Lebensmittelgeschäft. - Danke, lieber Gott. Für das Brot."

"Also, man muss nicht, aber ich danke meistens Gott für die Sachen."
"Weil, er hat das geschaffen, und er freut sich halt, wenn wir ihm danken."
"Auch wenn’s freiwillig ist, könnte man trotzdem danken, überhaupt, weil, es ist ja sehr nett und sehr freundlich."
"Eigentlich dankt man Gott ja nicht für das Große, man dankt Gott für das ganz Kleine, was dann später ganz groß wird."

Wie eben das Saatkorn, meint Jule.
Menschen, die sich bei Gott bedanken, haben verstanden: diese Schöpfung ist herrlich!

"Ja. Das ist schon Wahnsinn! Wie das wächst und alles …"

"Bei uns im Garten haben wir Mirabellen, kleine runde, gelbe, leckere Früchte."
"Wir haben einen Walnussbaum! Und da klettern wir immer drauf, ich und mein Bruder."
"Also, bei uns sind Rosen. Und das find’ ich total schön, weil, die blühen immer total groß, wir haben ’nen riesigen Busch davon."
"Also, bei uns ist ein Apfelbaum, der wurde zu meinem Geburtstag gepflanzt. Da klettere ich immer drauf, und die Äpfel schmecken auch ganz lecker."

Manchmal sind auch Würmer drin, sagt Jule. Und die Kinder finden es gar nicht gut, dass manche Leute - mit viel Chemie - gleich jedem kleinen Apfel- Wurm den Garaus machen.

"Ja. Sind ja schließlich Tiere!"

Die Würmer, die gern Äpfel essen, hat Gott erfunden, sagen die Kinder. Die Chemikalien dagegen waren nicht seine Idee.

"Weil, die Äpfel, die nicht Bio sind, da wird immer richtiges Gift gesprüht, damit da die Würmer nicht rangehen und so."
"Irgend ’n komisches Gift, dass, wenn die Würmer da rangehen wollen, dann sterben die, und das ist nicht schön!"
"Und wenn man dann die Äpfel schälen muss, weil da diese Chemie drauf ist, dann ist das auch nicht so lecker, weil, die Schale gibt ja auch Kraft und so. Die schmeckt auch lecker."
"Meine Mutter, die treibt sich meistens im Bio-Laden rum, weil, die ist halt richtig auf Bio, weil … sonst …"
"Wir kaufen auch im Bio-Laden, das schmeckt dort alles viel besser."
"Naj a, wir kaufen nicht immer im Bio-Laden, aber manchmal schon."
"Wir kaufen eigentlich meistens im Bio-Laden, weil das da auch sehr gesund ist, und ist meistens nicht gespritzt, das Gemüse. Und Bio-Fleisch schmeckt auch einfach besser und so."

Einige Montessori-Schüler und -schülerinnen essen überhaupt kein Fleisch.

"Weil ich Tiere mag. Und sie nicht töten will und essen, ja."
"Also, meine Schwester ist auch Vegetarierin schon seit mehr als zwei Jahren, und die war auch früher richtig pingelig, wenn da mal so’n kleines Wurststück im Salat drin war."
"Ich find’ es nicht so schön, dass die Fischer immer aufs Meer gehen und riesige Netze auswerfen. Und jetzt sterben die Fische aus langsam."
"Es gibt ja manche Geschäfte, da sitzen die Hühner in Kartons und sind nur dazu da, um Eier zu legen. Und wenn sie dann alt sind, damit man die schlachten kann zum Fleischessen. Die leben im Karton."

Wem Gott soviel anvertraut hat wie uns Menschen - seine ganze Welt: das Wasser, die Berge, die Bäume, die Tiere – der hat auch Verantwortung, sagen die Kinder. Der muss lernen, Gottes kostbare Geschenke mit Sorgfalt zu behandeln und nicht achtlos zu verschleudern. Zum Beispiel das Brot.

"Man kauft ja ein Brot, und, das ist ja nicht schön, bisschen trocken, und dann kauft man sich schon das nächste, und schmeißt das alte weg. Also, das wär’ besser, wenn man das aufisst. Und wenn man dann nix mehr hat, dann kann man sich das neue kaufen."
"Man kann das alte Brot doch auch klein machen und den Enten verfüttern oder Tieren, die das auch so hart essen!"
"Bei uns zu Hause, wenn wir mal das Schulbrot nicht essen, dann schmeißt das meine Mama immer weg. Und mein Papa beschwert sich da immer und sagt, er will das alte Knackerzeug essen."

Verrät uns Annette. Denn ihr Vater weiß, dass mehr als die Hälfte der Menschen auf der Welt in Armut leben und jeden Tag überlegen müssen, woher sie etwas zu essen bekommen. In Afrika oder in Südamerika.

"Ja. Da ist für die ganz schwer. Wegen Stürmen und Überflutungen, da verhungern ganz viele. - Während wir uns hier dick fressen."

Wenn Christen hierzulande ihren Alltag bedenken, sagen die Kinder, dann bedanken sie sich jeden Tag bei Gott. Für diesen besonderen Platz auf der Welt, an dem sie geboren sind und wo sie den Hunger nicht kennen.
Im christlichen Verständnis ist das nicht einfach nur Glück, sondern unverdiente Gnade, also ein Geschenk.

Und wenn wir schon ein Fest feiern, wo es um das Danken geht, sagen die Kinder, dann wollen wir uns auch gleich bei allen unseren Freunden und Verwandten bedanken. Überhaupt bei allen Menschen, die sich Mühe geben und uns Gutes tun.

"Ich hab’ heute früh bei meiner Schwester bedankt, weil ich einen Text im Bad liegenlassen hab’. Das fand ich ganz schön von ihr, dass sie dran gedacht hat."
"Also, wir waren gestern in der Gaststätte, und da hab’ ich auch zu der Kellnerin danke gesagt. Na, weil das lecker geschmeckt hat!"
"Gestern beim Kieferorthopäden … der hat das ganz ausführlich gemacht, und da hab’ ich am Ende auch danke gesagt. Weil, bei unserem anderen Kieferorthopäden, bei dem wir sonst immer sind, der sagt: 'Jaaaa, da braucht das Kind eben ’ne Zahnspange, ist ja ganz normal! und so …' Aber der hat das richtig ausführlich erklärt, sodass ich das auch mal richtig verstanden hab’, und na ja, da fand’ ich halt gut. / Vorhin hat Felix mir die Tür offen gehalten, das fand’ ich nett. - Bitte!"

"Ohne Dankbarkeit gibt es im Grunde keine Gottesbeziehung. Dankbarkeit ist eigentlich der Grundakt alles Religiösen. Und, nebenbei bemerkt, auch alles Menschlichen! Wenn ich nicht das dankbar entgegennehme, was mir ein Mensch entgegenbringt, dann kann ich ihn auch gar nicht richtig würdigen, dann kann sich auch keine tiefere Beziehung zu ihm aufbauen. Wer das tut, macht im Grunde alles zunichte. Umgekehrt führt die Dankbarkeit alles ins Licht. Dankbarkeit ist ein Schlüssel zum Reichtum, zu den Wundern des Lebens."

Eugen Biser, katholischer Theologe, 90 Jahre alt.

"Es immer wieder schön, wenn jemand danke sagt, danken ist etwas ganz Schönes."
"Da wird’s ganz warm in einem, und dann denkt man: 'Jetzt hab’ ich dem anderen Freude bereitet!'"
"Man macht dem anderen und sich ’ne Freude. Man freut sich, dass sich der andere freut."