"Wir müssen dieses Thema auf die Tagesordnung bringen"
Der Psychoanalytiker Matthias Franz hat auf die Bedeutung der Väter in der Familienpolitik hingewiesen. Der Vater ist deshalb wichtig, weil hier nach "Urvertrauen und Autonomieentwicklung die Konsolidierung der sexuellen Identität erfolgt", sagte Franz anlässlich des ersten "Väter-Kongresses".
Frank Meyer: Wo bleiben die Väter in der deutschen Familienpolitik? Der erste deutsche Väterkongress befasst sich ab heute mit der Rolle von Vätern in den Familien in unserer Gesellschaft. Morgen wird der Arzt und Psychoanalytiker Matthias Franz bei diesem Kongress über entwicklungspsychologische und psychosoziale Folgen der Vaterlosigkeit sprechen. Professor Matthias Franz ist am Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Düsseldorf tätig. Matthias Franz, in den letzten Tagen haben wir alle sehr viel gehört über einen Vater, über Josef F. aus Amstetten, der seine Tochter 24 Jahre lang eingesperrt und missbraucht hat. Dieser Fall, dieser Einzelfall, wie hat der Sie bewegt? Sie beschäftigen sich mit dem Thema Vaterschaft in Familien.
Matthias Franz: Dieser Fall hat mich sehr bewegt. Ich bin als Psychoanalytiker und Psychotherapeut konfrontiert mit der Tiefenwirkung dieses Falles auf meine Patientinnen und Patienten. Die Berichterstattung über diesen grauenhaften Fall hat viele traumatisierte Patientinnen wieder stark verunsichert. Das ging bis hinein in die Träume. Man kann sicherlich sagen, dass diese hochpathologische Form, in der der Vater seine ganze Familie vergewaltigte und ihnen in extremer Weise Gewalt zugefügt hat, sicherlich auch so manchen Heilungsprozess in zahlreichen Therapien beeinträchtigt hat und gestört hat. Ich bin also mittelbar über meine Patientinnen und auch Patienten mit diesem Thema noch einmal in einer sehr kritischen Weise konfrontiert worden.
Meyer: Was meinen Sie denn, bei diesem ersten deutschen Väterkongress, sollte da so ein Thema, Gewalt, die von Vätern ausgeübt wird, sollte das dort auch eine Rolle spielen?
Franz: Unbedingt. Ich denke, dass dieses Thema zunehmend auch in seinen Bedingungsfaktoren nicht nur von der gesellschaftlichen Erscheinung her, sondern auch von seinen Bedingungsfaktoren erforscht wird. Wir müssen dieses Thema auf die Tagesordnung bringen. Es werden immer noch circa 10, 15 Prozent unserer Kinder schwer misshandelt, sind ritualisierter Gewalt ausgesetzt, die meistens, nicht immer, aber meistens von Männern ausgeht. Wir müssen uns diesem Thema stellen und es auch in seinen Bedingungsfaktoren und Wurzeln aufklären und diskutieren.
Meyer: Mathias Franz, Sie befassen sich nun insbesondere mit Vaterlosigkeit in Familien – Sie werden darüber sprechen morgen auf dem ersten Väterkongress – und Sie sagen, Vaterlosigkeit ist besonders von drei bis sechs Jahren ein enormes Problem. Warum ist das so ein großes Problem für diese Kinder?
Franz: Ja, in der Tat. Die entwicklungspsychologische Bedeutung des Vaters ist über viele Jahre, man kann sagen über Jahrzehnte hinweg nicht angemessen in der Wahrnehmung gewesen. Es gab auch kein Bewusstsein für die Wichtigkeit der emotionalen Präsenz des Vaters. Der Vater ist deshalb wichtig, weil hier nach den beiden vorangehenden Schritten Urvertrauen und Autonomieentwicklung die Konsolidierung der sexuellen Identität erfolgt. Freud nannte das früher die ödipale Phase. Aus entwicklungspsychologischer Sicht geht es eigentlich darum, dass die Kinder orientiert an den Vorgaben der Elternrollen üben, wie es später mal gehen könnte, ein Partner, eine Partnerin für sich zu gewinnen.
Das geschieht spielerisch in Identifikation mit dem Vater oder der Mutter, je nachdem ob Junge oder Mädchen. Und wenn der Vater genau hier nicht zur Verfügung steht, dann kann es bei vielen Jungen, insbesondere wenn sie dann in den Kitas und Grundschulen auch ausschließlich mit Frauen zu tun haben, kann es bei den Jungen zu einer ganz erheblichen, tief greifenden Verunsicherung führen hinsichtlich ihrer männlichen Identität und hinsichtlich ihres männlichen Selbstbewusstseins.
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Mädchen. Auch kleine Mädchen sind abhängig davon, dass Vater sie in spielerischer Weise bei ihren Suchbewegungen, wie könnte das später mal gehen, bestätigt. Alles, was darüber hinaus geht, und Emsdetten ist ein fürchterliches Beispiel einer solchen Situation, in der der Vater also nicht dieser spielerischen Entwicklungsherausforderung gerecht wird, sondern mit perverser Erwachsenensexualität in diesem Falle reagiert, alles, was darüber hinaus geht, schadet der Tochter in diesem Falle ganz erheblich. Aber wie gesagt, dieses spielerische Lernen, das Vorlesen von Märchen und vom Prinzen und vom Schimmel und das wertschätzende Begleiten der Entwicklungsversuche – das alles ist für Kinder im Alter von drei bis sechs von größter Wichtigkeit zur Konsolidierung und Festigung ihrer eigenen sexuellen Identität, um später dann möglichst kompetent und erfolgreich eine Partnerin oder einen Partner zu finden.
Meyer: Gibt es denn Studien darüber, die tatsächlich belegen, dass Kinder, die ohne Vater aufwachsen mussten, dann später schlechtere Startbedingungen für das Leben haben? Was sagen diese Studien? Was fehlt diesen Kindern?
Franz: Also zunächst mal, diese Studien gibt es. Seit ungefähr 20 Jahren wird zunehmend an diesem Thema geforscht. Eine bedeutende Studie in diesem Zusammenhang, die in Deutschland leider kaum rezipiert worden ist, stammt von einer schwedischen Forscherin, Frau Ringbäck Weitoft, die diese Studie 2003 in der angesehen Zeitschrift Lancet veröffentlich hat. Dort ist eindeutig an einer Stichprobe von fast einer Million Kindern, die zum Teil aus vaterlosen Familien stammten, zum Teil aus Zwei-Eltern-Familien, ist dort eindeutig nachgewiesen worden, dass es ganz erhebliche Entwicklungsrisiken für die Kinder gibt, die vaterlos aufgewachsen sind. Das bedeutet erhöhte Risiken für psychische Auffälligkeiten, Verhaltensstörungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch mit Langzeitwirkung. Dasselbe haben wir auch in unserer Düsseldorfer Alleinerziehendenstudie gefunden, in der wir über 5000 Schulneulinge untersucht haben, ebenfalls auf den Familienstatus hin, und die Kinder aus allen Elternfamilien, zumeist alleinerziehende Mütter, verglichen haben mit Kindern aus Zwei-Eltern-Familien. Auch hier finden wir deutlich erhöhte Risikokennwerte, insbesondere bei den fünf- bis sechsjährigen Jungen.
Meyer: Wenn aber nun mal wie bei vielen Kindern alleinerziehender Mütter keine Väter da sind. Was kann man in so einer Situation tun? Damit befassen Sie sich auch. Sie haben die wissenschaftliche Leitung bei PALME, einem präventiven Elterntraining für alleinerziehende Mütter. Was lernen Mütter denn da?
Franz: Ja, Mütter lernen in diesem bindungsorientierten Elterntraining zunächst mal keine Tipps, es gibt keine schnellen Ratschläge und Empfehlungen, das nützt überhaupt nichts. Es geht viel mehr um Entwicklung, Hinfühlen, Bindungsorientierung.
Und an diese Dinge sich heranzutasten, die so wichtig sind für unsere Kinder, beschäftigen wir uns ein halbes Jahr intensiv mit diesen Müttern. Das geht über vier Schritte hinweg bei einer Sitzung pro Woche. In den ersten fünf, sechs Sitzungen geht es darum, dass die Mütter, die zumeist doch recht belastet und überfordert von der Situation der Alleinverantwortung sind, erst mal wieder lernen, bei sich selbst hinzufühlen, und ihnen den Vertrauensraum und die Möglichkeit zu geben, auch die dunklen Gefühle bis hinein zu den Schuldgefühlen, die ja doch sehr verbreitet sind, zu artikulieren. Also erst das Gefühl für sich, dann das Gefühl für das Kind, dann für die gesamte Familiensituation, und ganz am Schluss erreichen wir erst die Verhaltensebene. Die Verhaltensebene, die bei anderen Elterntrainings häufig das Einzige ist. Wir sind eben davon überzeugt, dass Verhalten erst dann wirksam und anhaltend geändert werden kann, wenn vorher emotionale Lernprozesse stattgefunden haben.
Meyer: Wenn wir uns mal die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anschauen dieses Problems Vaterlosigkeit: Es heißt in der Einladung zum Väterkongress, die Familienpolitik steht heute im Fokus des öffentlichen Interesses, die Position der Väter wird jedoch immer noch unzureichend berücksichtigt. Auf der anderen Seite bemüht sich ja die Politik darum, allen voran Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, die Väter einzubinden, zum Beispiel mit den Vätermonaten beim Elterngeld. Sie will diese Vätermonate ja jetzt noch ausweiten. Wie schätzen Sie denn das ein? Beachtet die Familienpolitik in Deutschland die Väter zu wenig?
Franz: Also, es könnte mehr sein. Die Familienpolitik ist traditionell über Jahrzehnte hinweg in erster Linie von Frauen bestimmt worden. Die meisten Projekte zielen auch auf die sicher berechtigte Verbesserung der Situation vieler Frauen und Mütter. Allerdings was die Beachtung von Männerbedürfnissen oder Männergesundheit angeht, auch die Beachtung der Väterrolle ist sowohl ähnlich wie in der Wissenschaft als auch eben in der Familienpolitik hier ein doch gewachsenes solides Defizit zu verzeichnen, um es mal offen zu sagen. Von daher ist es sehr erfreulich, dass dieser Kongress sich diesem Thema in so zentrierter Weise zuwendet.
Meyer: Vaterlosigkeit und ihre Folgen für die Kinder, das ist das Thema von Professor Matthias Franz von der Universität Düsseldorf. Er spricht darüber morgen beim ersten Väterkongress der Initiative Väteraufbruch für Kinder. Matthias Franz, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Matthias Franz: Dieser Fall hat mich sehr bewegt. Ich bin als Psychoanalytiker und Psychotherapeut konfrontiert mit der Tiefenwirkung dieses Falles auf meine Patientinnen und Patienten. Die Berichterstattung über diesen grauenhaften Fall hat viele traumatisierte Patientinnen wieder stark verunsichert. Das ging bis hinein in die Träume. Man kann sicherlich sagen, dass diese hochpathologische Form, in der der Vater seine ganze Familie vergewaltigte und ihnen in extremer Weise Gewalt zugefügt hat, sicherlich auch so manchen Heilungsprozess in zahlreichen Therapien beeinträchtigt hat und gestört hat. Ich bin also mittelbar über meine Patientinnen und auch Patienten mit diesem Thema noch einmal in einer sehr kritischen Weise konfrontiert worden.
Meyer: Was meinen Sie denn, bei diesem ersten deutschen Väterkongress, sollte da so ein Thema, Gewalt, die von Vätern ausgeübt wird, sollte das dort auch eine Rolle spielen?
Franz: Unbedingt. Ich denke, dass dieses Thema zunehmend auch in seinen Bedingungsfaktoren nicht nur von der gesellschaftlichen Erscheinung her, sondern auch von seinen Bedingungsfaktoren erforscht wird. Wir müssen dieses Thema auf die Tagesordnung bringen. Es werden immer noch circa 10, 15 Prozent unserer Kinder schwer misshandelt, sind ritualisierter Gewalt ausgesetzt, die meistens, nicht immer, aber meistens von Männern ausgeht. Wir müssen uns diesem Thema stellen und es auch in seinen Bedingungsfaktoren und Wurzeln aufklären und diskutieren.
Meyer: Mathias Franz, Sie befassen sich nun insbesondere mit Vaterlosigkeit in Familien – Sie werden darüber sprechen morgen auf dem ersten Väterkongress – und Sie sagen, Vaterlosigkeit ist besonders von drei bis sechs Jahren ein enormes Problem. Warum ist das so ein großes Problem für diese Kinder?
Franz: Ja, in der Tat. Die entwicklungspsychologische Bedeutung des Vaters ist über viele Jahre, man kann sagen über Jahrzehnte hinweg nicht angemessen in der Wahrnehmung gewesen. Es gab auch kein Bewusstsein für die Wichtigkeit der emotionalen Präsenz des Vaters. Der Vater ist deshalb wichtig, weil hier nach den beiden vorangehenden Schritten Urvertrauen und Autonomieentwicklung die Konsolidierung der sexuellen Identität erfolgt. Freud nannte das früher die ödipale Phase. Aus entwicklungspsychologischer Sicht geht es eigentlich darum, dass die Kinder orientiert an den Vorgaben der Elternrollen üben, wie es später mal gehen könnte, ein Partner, eine Partnerin für sich zu gewinnen.
Das geschieht spielerisch in Identifikation mit dem Vater oder der Mutter, je nachdem ob Junge oder Mädchen. Und wenn der Vater genau hier nicht zur Verfügung steht, dann kann es bei vielen Jungen, insbesondere wenn sie dann in den Kitas und Grundschulen auch ausschließlich mit Frauen zu tun haben, kann es bei den Jungen zu einer ganz erheblichen, tief greifenden Verunsicherung führen hinsichtlich ihrer männlichen Identität und hinsichtlich ihres männlichen Selbstbewusstseins.
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Mädchen. Auch kleine Mädchen sind abhängig davon, dass Vater sie in spielerischer Weise bei ihren Suchbewegungen, wie könnte das später mal gehen, bestätigt. Alles, was darüber hinaus geht, und Emsdetten ist ein fürchterliches Beispiel einer solchen Situation, in der der Vater also nicht dieser spielerischen Entwicklungsherausforderung gerecht wird, sondern mit perverser Erwachsenensexualität in diesem Falle reagiert, alles, was darüber hinaus geht, schadet der Tochter in diesem Falle ganz erheblich. Aber wie gesagt, dieses spielerische Lernen, das Vorlesen von Märchen und vom Prinzen und vom Schimmel und das wertschätzende Begleiten der Entwicklungsversuche – das alles ist für Kinder im Alter von drei bis sechs von größter Wichtigkeit zur Konsolidierung und Festigung ihrer eigenen sexuellen Identität, um später dann möglichst kompetent und erfolgreich eine Partnerin oder einen Partner zu finden.
Meyer: Gibt es denn Studien darüber, die tatsächlich belegen, dass Kinder, die ohne Vater aufwachsen mussten, dann später schlechtere Startbedingungen für das Leben haben? Was sagen diese Studien? Was fehlt diesen Kindern?
Franz: Also zunächst mal, diese Studien gibt es. Seit ungefähr 20 Jahren wird zunehmend an diesem Thema geforscht. Eine bedeutende Studie in diesem Zusammenhang, die in Deutschland leider kaum rezipiert worden ist, stammt von einer schwedischen Forscherin, Frau Ringbäck Weitoft, die diese Studie 2003 in der angesehen Zeitschrift Lancet veröffentlich hat. Dort ist eindeutig an einer Stichprobe von fast einer Million Kindern, die zum Teil aus vaterlosen Familien stammten, zum Teil aus Zwei-Eltern-Familien, ist dort eindeutig nachgewiesen worden, dass es ganz erhebliche Entwicklungsrisiken für die Kinder gibt, die vaterlos aufgewachsen sind. Das bedeutet erhöhte Risiken für psychische Auffälligkeiten, Verhaltensstörungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch mit Langzeitwirkung. Dasselbe haben wir auch in unserer Düsseldorfer Alleinerziehendenstudie gefunden, in der wir über 5000 Schulneulinge untersucht haben, ebenfalls auf den Familienstatus hin, und die Kinder aus allen Elternfamilien, zumeist alleinerziehende Mütter, verglichen haben mit Kindern aus Zwei-Eltern-Familien. Auch hier finden wir deutlich erhöhte Risikokennwerte, insbesondere bei den fünf- bis sechsjährigen Jungen.
Meyer: Wenn aber nun mal wie bei vielen Kindern alleinerziehender Mütter keine Väter da sind. Was kann man in so einer Situation tun? Damit befassen Sie sich auch. Sie haben die wissenschaftliche Leitung bei PALME, einem präventiven Elterntraining für alleinerziehende Mütter. Was lernen Mütter denn da?
Franz: Ja, Mütter lernen in diesem bindungsorientierten Elterntraining zunächst mal keine Tipps, es gibt keine schnellen Ratschläge und Empfehlungen, das nützt überhaupt nichts. Es geht viel mehr um Entwicklung, Hinfühlen, Bindungsorientierung.
Und an diese Dinge sich heranzutasten, die so wichtig sind für unsere Kinder, beschäftigen wir uns ein halbes Jahr intensiv mit diesen Müttern. Das geht über vier Schritte hinweg bei einer Sitzung pro Woche. In den ersten fünf, sechs Sitzungen geht es darum, dass die Mütter, die zumeist doch recht belastet und überfordert von der Situation der Alleinverantwortung sind, erst mal wieder lernen, bei sich selbst hinzufühlen, und ihnen den Vertrauensraum und die Möglichkeit zu geben, auch die dunklen Gefühle bis hinein zu den Schuldgefühlen, die ja doch sehr verbreitet sind, zu artikulieren. Also erst das Gefühl für sich, dann das Gefühl für das Kind, dann für die gesamte Familiensituation, und ganz am Schluss erreichen wir erst die Verhaltensebene. Die Verhaltensebene, die bei anderen Elterntrainings häufig das Einzige ist. Wir sind eben davon überzeugt, dass Verhalten erst dann wirksam und anhaltend geändert werden kann, wenn vorher emotionale Lernprozesse stattgefunden haben.
Meyer: Wenn wir uns mal die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anschauen dieses Problems Vaterlosigkeit: Es heißt in der Einladung zum Väterkongress, die Familienpolitik steht heute im Fokus des öffentlichen Interesses, die Position der Väter wird jedoch immer noch unzureichend berücksichtigt. Auf der anderen Seite bemüht sich ja die Politik darum, allen voran Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, die Väter einzubinden, zum Beispiel mit den Vätermonaten beim Elterngeld. Sie will diese Vätermonate ja jetzt noch ausweiten. Wie schätzen Sie denn das ein? Beachtet die Familienpolitik in Deutschland die Väter zu wenig?
Franz: Also, es könnte mehr sein. Die Familienpolitik ist traditionell über Jahrzehnte hinweg in erster Linie von Frauen bestimmt worden. Die meisten Projekte zielen auch auf die sicher berechtigte Verbesserung der Situation vieler Frauen und Mütter. Allerdings was die Beachtung von Männerbedürfnissen oder Männergesundheit angeht, auch die Beachtung der Väterrolle ist sowohl ähnlich wie in der Wissenschaft als auch eben in der Familienpolitik hier ein doch gewachsenes solides Defizit zu verzeichnen, um es mal offen zu sagen. Von daher ist es sehr erfreulich, dass dieser Kongress sich diesem Thema in so zentrierter Weise zuwendet.
Meyer: Vaterlosigkeit und ihre Folgen für die Kinder, das ist das Thema von Professor Matthias Franz von der Universität Düsseldorf. Er spricht darüber morgen beim ersten Väterkongress der Initiative Väteraufbruch für Kinder. Matthias Franz, ich danke Ihnen für das Gespräch.