"Wir haben uns nicht grün verkleidet"

Moderation: Hans-Joachim Wiese · 13.09.2007
BMW-Vorstandsmitglied Klaus Draeger hat Vorwürfe zurückgewiesen, die deutsche Automobilindustrie werde Umweltschutzanforderungen nicht gerecht. BMW habe seit 1990 den Treibstoffverbrauch seiner Modelle um ein Viertel reduziert, sagte Draeger vor der heutigen Eröffnung der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt. 22 Modelle hätten nur noch Kohlendioxid-Emissionen von 140 Gramm pro Kilometer oder darunter.
Hans-Joachim Wiese: Es gab Zeiten, da galt das Auto als des Deutschen liebstes Kind. Diese Zeiten sind vorbei. Wenn nicht das Auto selbst, so ist doch zumindest die deutsche Automobilindustrie zum Prügelknaben geworden. Sie wird mitverantwortlich für die drohende Klimakatastrophe gemacht, weil sie offenbar nicht in der Lage, oder - schlimmer noch - nicht willens ist, kleinere spritsparende und damit klimaschonende Fahrzeuge zu bauen. Stattdessen bietet sie weiterhin Boliden mit hunderten PS an, die mit ihrem übermäßigen CO2-Ausstoss den Treibhaus-Effekt noch befördern. Am Telefon ist Klaus Draeger, BMW-Vorstandsmitglied und zuständig für die Entwicklung neuer Modelle.

Herr Draeger, heute beginnt die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main, und da haben sich auch die deutschen Autobauer grün verkleidet, sie geben sich umweltbewusst. Haben Sie das nötig?

Klaus Draeger: Herr Wiese, ich möchte gleich mal drauf eingehen, grün verkleidet, glaube ich, ist an dieser Stelle der falsche Eindruck. Zumindest wenn ich für die deutschen Automobilhersteller und dann in diesem speziellen Fall natürlich für BMW sprechen kann, glaube ich, haben wir uns nicht grün verkleidet. Sondern wir bieten Fahrzeuge an, die eigentlich dem Thema Umweltschutz ausgesprochen gerecht werden.

Wiese: Mit hunderten PS?

Draeger: Herr Wiese, wir haben vor Jahren bereits proaktiv ein Programm aufgesetzt, mit dem wir die CO2-Emissionen und den Verbrauch deutlich reduzieren wollen. Und die Erfolge dieses Programms, was wir aufgesetzt haben, zeigen sich heute im Prinzip auch auf unserem Stand.

Wir haben mittlerweile mit unserem Programm "Efficient Dynamics" 22 Modelle im Programm, die auch bei unseren Händlern kaufbar sind, die eine Emission von 140 Gramm CO2 pro Kilometer oder weniger haben. Und das sind immerhin 40 Prozent unserer Verkäufe in Europa.

Wiese: Herr Draeger, aber warum hat denn die deutsche Automobilindustrie, und dazu zählt ja nun auch BMW, so ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit? Sie gelten doch als Autobauer, die große und spritfressende Autos bauen. Warum bietet BMW keinen Kleinwagen an, das wäre doch viel einfacher, als große Investitionen in neue Technologien zu tätigen?

Draeger: Zunächst mal zum Thema Kleinwagen. Wir bieten als BMW Group neben BMW und Rolls Royce auch Fahrzeuge der Marke Mini an. Und nehmen Sie unseren Mini Cooper D. Ich denke, unser Mini Cooper D ist ein Beispiel für Sparsamkeit, mit einem CO2-Ausstoß von 104 Gramm pro 100 Kilometer sucht er im Prinzip an dieser Stelle seinesgleichen. Also insofern sind wir auch der Forderung nach kleinen Fahrzeugen voll und ganz gerecht geworden.

Aber unsere Kunden suchen nicht nur Kleinfahrzeuge, unsere Kunden suchen auch größere Fahrzeuge. Und ich denke, wir müssen auch den Kunden gerecht werden, die größere Fahrzeuge haben möchten, und müssen entsprechend auch die größeren Fahrzeuge wie beispielsweise einen 3er und auch einen 5er sparsam gestalten. Und wenn Sie einen 520 Diesel sehen, dann sind wir auch mit diesem Modell bei einem Wert von 140 Gramm pro Kilometer angelangt.

Wiese: Sie nennen den Wert von 140 Gramm pro Kilometer, aber die EU-Regierungschefs haben sich darauf geeinigt, den Grenzwert von CO2 auf 120 Gramm für Neuwagen bis 2012 zu reduzieren. Wird BMW das denn auch schaffen?

Draeger: Ich referenziere deshalb auf die 140 Gramm pro Kilometer, weil es gibt ja eine ACEA-Selbstverpflichtung, die wir alle Automobilhersteller im Prinzip eingegangen sind. Und im Rahmen dieser Selbstverpflichtung haben wir ja uns als Automobilhersteller europaweit verpflichtet, 140 Gramm über die gesamte Flotte in Europa bis zum Jahre 2008 zu brauchen.

Und deshalb referenziere ich jetzt im Jahre 2007 mal zunächst auf das, was haben wir heute bis zum Tage auf der IAA in 2007 erreicht. Deshalb sagte ich 140 Gramm und welche Modelle wir unter 140 Gramm haben. Das bedeutet Konsequenz für das Haus BMW, dass wir seit 1990 unsere Verbräuche bis heute im Prinzip um 25 Prozent gesenkt haben.

Für das 2012 ist es richtig, gibt es eine Vereinbarung, in Richtung 120 Gramm zu gehen. Und natürlich diskutieren wir intensiv, mit welchen Maßnahmen wir von den Werten, auf denen wir heute sind und von dem wir heute was geleistet haben, dann entsprechend in Richtung der 120 Gramm pro Kilometer runterkommen.

Wiese: Nun will die Bundesregierung Autokonzerne, die sich in ihrer Modellpolitik nicht umweltfreundlich verhalten, notfalls mit Strafen belegen. Was halten Sie denn davon?

Draeger: Die Strafen haben wir in gewisser Weise ja heute schon über das Thema Kraftstoffbesteuerung. Das heißt, Fahrzeuge, die viel Benzin brauchen, werden mit hohen Belastungen über das Thema der Kraftstoffsteuer, die auf dem Benzin ist, der Mineralölsteuer im Prinzip bestraft. Das Zweite ist, dass wir ja davon ausgehen, dass eine CO2-Steuer kommen wird. Und im Rahmen dieser CO2-Steuer werden wir dann eine entsprechende Regulierung ebenfalls sehen.

Wiese: Bei allen Ihren Investitionen, Herr Draeger, in umweltfreundliche Zukunftstechnologien, warum wird eigentlich eine Maßnahme kaum in Betracht gezogen, die mit einfachsten Mitteln zur CO2-Verringerung beitragen könnte, die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen, nämlich von, sagen wir, 130 Stundenkilometern?

Draeger: An dieser Stelle gibt es ja Untersuchungen zum Thema Tempolimit. Zunächst einmal sind ein wesentlicher Anteil unserer deutschen Autobahnen ja heute schon bereits in hohem Maße reguliert, sodass ein Tempolimit ja nur auf einem kleinen Teil im Prinzip noch zum Tragen käme.

Das Zweite ist, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen heute 117 km/h beträgt, das heißt bereits deutlich unter dem Tempolimit, das hier gerade genannt ist, von 130 km/h ist. Und der Einspareffekt, der sich dann aus einigen wenigen Fahrzeugen ergibt, die schneller als 130 km/h fahren, ist rechenbar praktisch nicht mehr nachweisbar.

Wiese: Aber dann könnte man es ja auch gleich einführen, wenn es ohnehin nicht schneller geht.

Draeger: Wenn Sie so meinen, wäre das sicher denkbar. Ich denke aber, dass das Thema Tempolimit auf deutschen Autobahnen in gewisser Weise auch an der Stelle kontraproduktiv ist. Denn wir haben über das Thema Tempolimit ganz klar natürlich auf der anderen Seite auch eine Wettbewerbsförderung.

Und deutsche Automobile genießen im Ausland den Ruf, an dieser Stelle besonders sicher und besonders gut zu sein. Und wenn Sie denken an die ganzen Stabilitätssysteme, die beispielsweise in Fahrzeuge reingekommen sind. In all diesen Technologien waren die deutschen Hersteller mit Abstand führend gewesen.