"Wir haben das beste Sicherungssystem der Welt"
Nach Ansicht des finanzpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Otto Bernhardt, ist das milliardenschwere Paket des Bundes zur Stützung des ins Straucheln geratenen Münchner Finanzkonzerns Hypo Real Estate gerechtfertigt. Eine Insolvenz würde den Steuerzahler deutlich mehr kosten, sagte Bernhardt. Zugleich betonte er, der deutsche Sparer brauche sich keine Sorgen um sein Geld zu machen.
Hanns Ostermann: Das ist eine Rettung, die für Sie und für mich teuer ausfallen könnte. Der deutsche Steuerzahler bürgt letztlich. In einer dramatischen Rettungsaktion wollen Bund und Banken den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate vor dem Untergang bewahren. Insgesamt 35 Milliarden Euro sollen es sein, mit denen die Risiken ausgeglichen werden. Über die schwierige Lage beraten heute in Sondersitzungen die Fraktionen des Bundestages. Anschließend kommt der Haushaltsausschuss zusammen. – Otto Bernhardt ist finanzpolitischer Sprecher der Union. Guten Morgen, Herr Bernhardt.
Otto Bernhardt: Guten Morgen!
Ostermann: Warum muss ich als Steuerzahler für das Missmanagement von Unternehmen aufkommen?
Bernhardt: Zunächst einmal steht nicht fest, ob überhaupt Geld benötigt wird. Zunächst geht es um eine Bürgschaft von 35 Milliarden. Es kann sein, dass die Ausfälle viele Milliarden betragen. Es kann auch sein, dass die wirklichen Ausfälle überhaupt nicht vorhanden sind. Es gibt in dieser Bankenkrise, bei der das Vertrauen der Banken untereinander - ich sage es mal so krass - kaputt ist, nur eine Möglichkeit, die Liquidität dieses Instituts aufrechtzuerhalten, und das ist die Bürgschaft von jemand, dessen Name auf dem internationalen Markt noch etwas bedeutet. Das ist zurzeit leider nur der öffentliche Bereich. Das heißt, wenn der Bund keine Bürgschaft übernimmt, dann würde die Bank in die Insolvenz gehen. Und Sie wissen, es handelt sich um eine große Bank mit einem Volumen von etwa 400 Milliarden Bilanzsumme. Viele andere deutsche Kreditinstitute – ich will mich mal mit Namen zurückhalten – und viele andere Organisationen haben ihre Guthaben bei dieser Bank geparkt. Und wenn die Bank kaputt geht, dann würde das automatisch zur Folge haben, dass weitere Banken und weitere Institutionen folgen. Deshalb sage ich als Bänker, der ich von Hause aus bin: Die 35-Milliarden-Bürgschaft ist der günstigere Preis. Die Insolvenz würde insgesamt dem Steuerzahler voraussichtlich deutlich mehr kosten.
Ostermann: Der Staat umgekehrt könnte doch die Bank auch übernehmen. In Großbritannien gibt es diese Modelle. Warum nicht bei uns? Denn Sie sprechen von Vertrauen. Die Banken haben Vertrauen verloren. Relativ stabil noch das Vertrauen in den Staat.
Bernhardt: Selbstverständlich kann man auch über die Frage diskutieren, ob der Staat die Bank übernimmt. Nur das ist im Grundsatz nicht Aufgabe des Staates und wir möchten als öffentliche Hand eigentlich nur Förderinstitute haben wie die KfW, andere Kreditinstitute möglichst nicht. Und die Länder, die andere Institute haben, die Landesbanken, wären zurzeit sehr froh, wenn sie sie nicht hätten. Auf der anderen Seite: Wenn wir die Bürgschaft geben – und ich bin ziemlich sicher, dass die Entscheidung in der Richtung fällt; das ist übrigens keine Parlamentsentscheidung, sondern eine Regierungsentscheidung - -
Ostermann: Aber der Haushaltsausschuss muss doch zustimmen oder nicht?
Bernhardt: Nein, zustimmen nicht, sondern wir haben einen Bürgschaftsrahmen im Haushaltsplan 2008. Diesen Rahmen kann die Bundesregierung in eigener Verantwortung jederzeit in Anspruch nehmen. Sie muss nur vorher den Haushaltsausschuss informieren. Das heißt, von unserer Zustimmung hängt es letztlich nicht ab. Nur wenn der Haushaltsausschuss dagegen votiert, dann wird es für die Bundesregierung politisch schwierig, die Bürgschaft zu übernehmen. Deshalb muss zunächst einmal Überzeugungsarbeit gemacht werden.
Aber zurück zur Frage "übernehmen". Sie können sicher sein: Wenn der Bund 35 Milliarden Bürgschaft übernimmt und letztlich Risiken zu Lasten der Steuerzahler eingeht, dann werden wir die Bank ziemlich genau unter die Obhut der öffentlichen Hand nehmen. Das heißt, wir werden sicher das Management austauschen. Wir werden sicher die Gehälter begrenzen. Wir werden in der Richtung vieles tun. Das heißt, die Bank hat dann nicht mehr viel Spielraum, so dass ich sagen kann, letztlich wird sie behandelt, als wenn sie unsere Bank wäre, bis die Bürgschaft weggenommen werden kann. Ob dies jemals der Fall ist, oder ob die Bank letztlich still liquidiert werden muss, das sind Dinge, über die ist sicher heute noch keine Entscheidung gefallen.
Ostermann: Herr Bernhardt, ein halbes Jahr liegt die Aussage von Deutschlands bestbezahltem Bänker, von Josef Ackermann zurück. Der sagte, die Krise an den internationalen Finanzmärkten, sie sei kurzerhand bewältigt worden. Das ist ein halbes Jahr her. Jetzt tut sich ein Loch nach dem anderen auf. Was ist da eigentlich zu tun?
Bernhardt: Also nicht nur Herr Ackermann hat diese Auffassung vertreten, sondern ich sage mal auch führende Politiker des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung. Wir waren wirklich davon überzeugt, um es klar zu sagen. Heute müssen wir alle eingestehen – und das sagt Herr Ackermann heute und das sagt Herr Müller heute und alle, die hohe Verantwortung tragen -, wir haben das Ausmaß der Krise unterschätzt. Heute riskiert niemand mehr eine Aussage, wann das Ganze zu Ende ist. Wir riskieren nur weiterhin folgende Aussage – und die habe ich in meinem Beitrag in der letzten Woche im Bundestag noch mal deutlich gesagt -, der deutsche Anleger ist durch diese Krise insofern nicht betroffen, weil bei uns alle Einlagen von Privatpersonen unbegrenzt durch Sicherungsfonds gesichert sind. Wir haben das beste Sicherungssystem der Welt, so dass ich weiterhin die Aussage aufrechterhalten kann und sicher auch Herr Ackermann, der deutsche Sparer, um es mal so platt zu sagen, der braucht sich keine Sorgen zu machen. Aber ob wir wirklich schon durch die Krise durch sind, oder doch noch mitten drin, da vermag auch ich heute keine abschließende Aussage mehr zu machen.
Ostermann: Von einem aber dürfen wir uns wohl verabschieden: dem ausgeglichenen Bundeshaushalt 2011 ohne neue Schulden.
Bernhardt: Die Befürchtung ist mit Sicherheit da. Nur ich sage noch mal: Eine Bürgschaft von 35 Milliarden könnte dazu führen, dass überhaupt kein Euro richtig in Anspruch genommen wird, sondern nur Liquidität.
Ostermann: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Bernhardt: Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß und es wird vor dem Hintergrund noch schwieriger als schon durch all die anderen Risiken, 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dennoch: Es bleibt unser politisches Ziel.
Ostermann: Herr Bernhardt, danke für das Gespräch heute früh.
Bernhardt: Bitte schön!
Ostermann: Otto Bernhardt war das, der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Das Gespräch mit Otto Bernhardt können Sie bis zum 1. März 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio
Otto Bernhardt: Guten Morgen!
Ostermann: Warum muss ich als Steuerzahler für das Missmanagement von Unternehmen aufkommen?
Bernhardt: Zunächst einmal steht nicht fest, ob überhaupt Geld benötigt wird. Zunächst geht es um eine Bürgschaft von 35 Milliarden. Es kann sein, dass die Ausfälle viele Milliarden betragen. Es kann auch sein, dass die wirklichen Ausfälle überhaupt nicht vorhanden sind. Es gibt in dieser Bankenkrise, bei der das Vertrauen der Banken untereinander - ich sage es mal so krass - kaputt ist, nur eine Möglichkeit, die Liquidität dieses Instituts aufrechtzuerhalten, und das ist die Bürgschaft von jemand, dessen Name auf dem internationalen Markt noch etwas bedeutet. Das ist zurzeit leider nur der öffentliche Bereich. Das heißt, wenn der Bund keine Bürgschaft übernimmt, dann würde die Bank in die Insolvenz gehen. Und Sie wissen, es handelt sich um eine große Bank mit einem Volumen von etwa 400 Milliarden Bilanzsumme. Viele andere deutsche Kreditinstitute – ich will mich mal mit Namen zurückhalten – und viele andere Organisationen haben ihre Guthaben bei dieser Bank geparkt. Und wenn die Bank kaputt geht, dann würde das automatisch zur Folge haben, dass weitere Banken und weitere Institutionen folgen. Deshalb sage ich als Bänker, der ich von Hause aus bin: Die 35-Milliarden-Bürgschaft ist der günstigere Preis. Die Insolvenz würde insgesamt dem Steuerzahler voraussichtlich deutlich mehr kosten.
Ostermann: Der Staat umgekehrt könnte doch die Bank auch übernehmen. In Großbritannien gibt es diese Modelle. Warum nicht bei uns? Denn Sie sprechen von Vertrauen. Die Banken haben Vertrauen verloren. Relativ stabil noch das Vertrauen in den Staat.
Bernhardt: Selbstverständlich kann man auch über die Frage diskutieren, ob der Staat die Bank übernimmt. Nur das ist im Grundsatz nicht Aufgabe des Staates und wir möchten als öffentliche Hand eigentlich nur Förderinstitute haben wie die KfW, andere Kreditinstitute möglichst nicht. Und die Länder, die andere Institute haben, die Landesbanken, wären zurzeit sehr froh, wenn sie sie nicht hätten. Auf der anderen Seite: Wenn wir die Bürgschaft geben – und ich bin ziemlich sicher, dass die Entscheidung in der Richtung fällt; das ist übrigens keine Parlamentsentscheidung, sondern eine Regierungsentscheidung - -
Ostermann: Aber der Haushaltsausschuss muss doch zustimmen oder nicht?
Bernhardt: Nein, zustimmen nicht, sondern wir haben einen Bürgschaftsrahmen im Haushaltsplan 2008. Diesen Rahmen kann die Bundesregierung in eigener Verantwortung jederzeit in Anspruch nehmen. Sie muss nur vorher den Haushaltsausschuss informieren. Das heißt, von unserer Zustimmung hängt es letztlich nicht ab. Nur wenn der Haushaltsausschuss dagegen votiert, dann wird es für die Bundesregierung politisch schwierig, die Bürgschaft zu übernehmen. Deshalb muss zunächst einmal Überzeugungsarbeit gemacht werden.
Aber zurück zur Frage "übernehmen". Sie können sicher sein: Wenn der Bund 35 Milliarden Bürgschaft übernimmt und letztlich Risiken zu Lasten der Steuerzahler eingeht, dann werden wir die Bank ziemlich genau unter die Obhut der öffentlichen Hand nehmen. Das heißt, wir werden sicher das Management austauschen. Wir werden sicher die Gehälter begrenzen. Wir werden in der Richtung vieles tun. Das heißt, die Bank hat dann nicht mehr viel Spielraum, so dass ich sagen kann, letztlich wird sie behandelt, als wenn sie unsere Bank wäre, bis die Bürgschaft weggenommen werden kann. Ob dies jemals der Fall ist, oder ob die Bank letztlich still liquidiert werden muss, das sind Dinge, über die ist sicher heute noch keine Entscheidung gefallen.
Ostermann: Herr Bernhardt, ein halbes Jahr liegt die Aussage von Deutschlands bestbezahltem Bänker, von Josef Ackermann zurück. Der sagte, die Krise an den internationalen Finanzmärkten, sie sei kurzerhand bewältigt worden. Das ist ein halbes Jahr her. Jetzt tut sich ein Loch nach dem anderen auf. Was ist da eigentlich zu tun?
Bernhardt: Also nicht nur Herr Ackermann hat diese Auffassung vertreten, sondern ich sage mal auch führende Politiker des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung. Wir waren wirklich davon überzeugt, um es klar zu sagen. Heute müssen wir alle eingestehen – und das sagt Herr Ackermann heute und das sagt Herr Müller heute und alle, die hohe Verantwortung tragen -, wir haben das Ausmaß der Krise unterschätzt. Heute riskiert niemand mehr eine Aussage, wann das Ganze zu Ende ist. Wir riskieren nur weiterhin folgende Aussage – und die habe ich in meinem Beitrag in der letzten Woche im Bundestag noch mal deutlich gesagt -, der deutsche Anleger ist durch diese Krise insofern nicht betroffen, weil bei uns alle Einlagen von Privatpersonen unbegrenzt durch Sicherungsfonds gesichert sind. Wir haben das beste Sicherungssystem der Welt, so dass ich weiterhin die Aussage aufrechterhalten kann und sicher auch Herr Ackermann, der deutsche Sparer, um es mal so platt zu sagen, der braucht sich keine Sorgen zu machen. Aber ob wir wirklich schon durch die Krise durch sind, oder doch noch mitten drin, da vermag auch ich heute keine abschließende Aussage mehr zu machen.
Ostermann: Von einem aber dürfen wir uns wohl verabschieden: dem ausgeglichenen Bundeshaushalt 2011 ohne neue Schulden.
Bernhardt: Die Befürchtung ist mit Sicherheit da. Nur ich sage noch mal: Eine Bürgschaft von 35 Milliarden könnte dazu führen, dass überhaupt kein Euro richtig in Anspruch genommen wird, sondern nur Liquidität.
Ostermann: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Bernhardt: Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß und es wird vor dem Hintergrund noch schwieriger als schon durch all die anderen Risiken, 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dennoch: Es bleibt unser politisches Ziel.
Ostermann: Herr Bernhardt, danke für das Gespräch heute früh.
Bernhardt: Bitte schön!
Ostermann: Otto Bernhardt war das, der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Das Gespräch mit Otto Bernhardt können Sie bis zum 1. März 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio