"Wir brauchen den Kontakt mit Libyen"
Der Empfang des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi in Paris ausgerechnet am Tag der Menschenrechte ist ein schlechter Stil, glaubt Monika Griefahn. Gleichwohl setzt die SPD-Politikerin auf den Dialog mit Libyen: Nur so könne man Demokratie und Menschenrechte im Land voranbringen. Der Verkauf von Atomkraftwerken an Libyen sei jedoch höchst bedenklich, so Griefahn.
Ricke: Libyens Machthaber, Muammar al-Gaddafi, ist zu Gast in Frankreich, der libysche Revolutionsführer, der Terrorist, Stichwort Lockerbie, der Schöpfer der dritten Universaltheorie, also des islamischen Sozialismus neben dem Kapitalismus und dem Kommunismus. In den letzten Jahren wurden Gaddafi Schritt für Schritt rehabilitiert, 2004 kam Tony Blair nach Libyen, auch Gerhard Schröder sprach mit Gaddafi. Nun ist Gaddafi also in Frankreich, und dort sind einige doch empört. Die für Menschenrechte zuständige Außenstaatssekretärin sagt es so: Frankreich ist kein Fußabstreifer, auf dem ein Führer - ob Terrorist oder nicht - seine Füße vom Blut seiner Untaten reinigen kann.
Monika Griefahn von der SPD ist die stellvertretende Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentariergruppe des Bundestages und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. Guten Morgen, Frau Griefahn!
Monika Griefahn: Guten Morgen!
Ricke: Wenn Sie mit den Kollegen in Frankreich sprechen, wie groß ist denn die Nervosität wegen des Gaddafi-Besuchs?
Griefahn: Na, es kommt drauf an. Die einen möchten natürlich Geschäfte machen, auf der anderen Seite gibt es natürlich die, die sagen, es ist ein schlechtes Signal, am Tag der Menschenrechte - und das war gestern - Gaddafi zu empfangen, wo in seinem Land immer noch keine Pressefreiheit besteht, wo Folter ist, wo im Prinzip lange die Todesstrafe existiert hat, ob sie nun noch wirklich vollzogen wird oder nicht, weiß man auch nicht ganz genau. Das sind alles Zeichen, wo man sagt: Natürlich brauchen wir den Kontakt mit Libyen, das ist wichtig, man darf Länder nicht isolieren, die sich versuchen, auch wieder an die Gemeinschaft, internationale Gemeinschaft, anzunähern. Aber ob es denn so mit Pomp sein muss und ob es so mit einem Staatsempfang fünf Tage in Paris sein muss, das ist ja dann doch die Frage. Aber die anderen sagen natürlich, Libyen hat Öl, und wir brauchen sozusagen auch die Kontakte, und das ist sehr unterschiedlich bei den Kollegen...
Ricke: Da geht es ja um richtig viel Geld, zehn Milliarden sollen es sein, die da im Topf sind, jede Menge Rüstungsgüter, ein paar Airbusse, auch noch der ein oder andere Atomreaktor. Kann man sich nicht einfach hinsetzen und sagen: Geld heilt alle Wunden?
Griefahn: Das ist das große Problem, denke ich. Wir haben das Problem mit mehreren Ländern auf der Welt, dass ein Kontakt sein muss, dass man zum Beispiel wir ja auch mit China einen Rechtsstaatsdialog machen und das versuchen wir ja mit Libyen auch, aber ich finde, so ein glorioser Empfang am Tag der Menschenrechte erfordert auch, dass man auch über Menschenrechte und nicht nur über Wirtschaft diskutiert. Das hat ja auch die Menschenrechtsstaatsekretärin Rama Yade in Frankreich auch gesagt, und selbst der Außenminister Kouchner sagt, natürlich brauchen wir den Kontakt mit Libyen, aber muss es denn so pompös sein und ist es nicht ein falsches Signal, so, wie es eingetütet ist?
Ricke: Ja, aber ist das nicht ein wenig doch eng gefasst, wenn man sagt, wenn der rote Teppich etwas schmaler gewesen wäre und wenn es vielleicht ein anderer Tag gewesen wäre, dann wäre es recht gewesen? Das ändert doch nichts an Gaddafis Opfern?
Griefahn: Nein, die Opfer sind da, aber trotzdem haben wir ja grundsätzlich in Europa die Politik zu sagen, wir brauchen den Dialog, wir brauchen die Annäherung mit Ländern, um sie auch auf einen demokratischen Weg zu bringen. Das ist ja in einigen Ländern auch gelungen, dass man sagt, da ist … die Todesstrafe ist ja offiziell abgeschafft in Libyen. Wir brauchen Dialog, damit Pressefreiheit, damit Parteienvielfalt existiert. Ich glaube, es ist nur die Frage, wie Sarkozy es aufzieht, es ist die Frage, ob er sagt, wir machen politische Gespräche. Natürlich gibt es auch Wirtschaftsgespräche, aber es muss sozusagen zu gleichen Teilen existieren.
Also, es ist ein bisschen der Stil, der eine besondere Rolle spielt, und natürlich auch die Angst - das sage ich auch ganz klar als Mitglied der SPD -, dass natürlich ein Atomreaktor, der verkauft wird, auch andere Dinge produzieren kann. Natürlich hat Libyen gesagt, es stellt seine Waffengeschäfte ein, aber es ist ein Problem, wenn man einen Reaktor hat, kann man eben auch sehr vieles andere machen. Und Atomreaktoren grundsätzlich haben immer die Möglichkeit, die Bombe zu produzieren, haben immer die Möglichkeit, auch unsicher zu sein und in Ländern, die unsicher sind, auch noch Atomreaktoren hinzustellen, halte ich grundsätzlich für problematisch und wird von der SPD natürlich auch mit Skepsis gesehen.
Ricke: Sie haben mehrfach die Wichtigkeit der Beziehungen zu Libyen betont, nicht zur Person Gaddafi. Das aber ist der Machthaber. Man könnte ja auf den demokratischen Wandel setzen und nicht eben die großen Geschäfte mit einem machen, der noch vor einem Jahr öffentlich zur Ermordung politischer Gegner aufgerufen hat. Warum hält man da die Füße nicht noch ein bisschen still?
Griefahn: Es ist wichtig, dass man überhaupt die Möglichkeiten hat, in Libyen auch eine Entwicklung überhaupt zur Demokratie zu fördern, und dazu gehören manchmal auch die Machthaber. Erinnern Sie sich an Südafrika, da gab es die Apartheid und es war nötig, auch mit den damaligen Machthabern darüber zu diskutieren, dass eben die Apartheid abgeschafft wird. Dass wir auch mit Iran die Kontakte beibehalten, weil wir sagen, auch wenn es dort einen Machthaber gibt, der uns nicht gefällt und der politische Ansichten hat, die uns nicht gefallen, der keine Pressefreiheit hat und der auch Leute mit anderer Meinung unterdrückt, brauchen wir den Dialog, auch, um die Möglichkeit mit den Menschen im Land zu verbessern.
Das ist in vielen, vielen Ländern notwendig, die rufen auch danach, die sagen, wenn ihr nicht den Kontakt zu uns haltet, wenn wir nicht die Möglichkeit haben, uns zu informieren bei euch, dann können wir auch gar keine demokratische Entwicklung machen. Und ich glaube, wenn jemand wirtschaftliche Beziehungen hat, dann kann er auch gleichzeitig Druck ausüben, dass die Entwicklung in dem Land vorangeht. Das hätte ich mir von Sarkozy natürlich auch viel mehr erwartet.
Monika Griefahn von der SPD ist die stellvertretende Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentariergruppe des Bundestages und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. Guten Morgen, Frau Griefahn!
Monika Griefahn: Guten Morgen!
Ricke: Wenn Sie mit den Kollegen in Frankreich sprechen, wie groß ist denn die Nervosität wegen des Gaddafi-Besuchs?
Griefahn: Na, es kommt drauf an. Die einen möchten natürlich Geschäfte machen, auf der anderen Seite gibt es natürlich die, die sagen, es ist ein schlechtes Signal, am Tag der Menschenrechte - und das war gestern - Gaddafi zu empfangen, wo in seinem Land immer noch keine Pressefreiheit besteht, wo Folter ist, wo im Prinzip lange die Todesstrafe existiert hat, ob sie nun noch wirklich vollzogen wird oder nicht, weiß man auch nicht ganz genau. Das sind alles Zeichen, wo man sagt: Natürlich brauchen wir den Kontakt mit Libyen, das ist wichtig, man darf Länder nicht isolieren, die sich versuchen, auch wieder an die Gemeinschaft, internationale Gemeinschaft, anzunähern. Aber ob es denn so mit Pomp sein muss und ob es so mit einem Staatsempfang fünf Tage in Paris sein muss, das ist ja dann doch die Frage. Aber die anderen sagen natürlich, Libyen hat Öl, und wir brauchen sozusagen auch die Kontakte, und das ist sehr unterschiedlich bei den Kollegen...
Ricke: Da geht es ja um richtig viel Geld, zehn Milliarden sollen es sein, die da im Topf sind, jede Menge Rüstungsgüter, ein paar Airbusse, auch noch der ein oder andere Atomreaktor. Kann man sich nicht einfach hinsetzen und sagen: Geld heilt alle Wunden?
Griefahn: Das ist das große Problem, denke ich. Wir haben das Problem mit mehreren Ländern auf der Welt, dass ein Kontakt sein muss, dass man zum Beispiel wir ja auch mit China einen Rechtsstaatsdialog machen und das versuchen wir ja mit Libyen auch, aber ich finde, so ein glorioser Empfang am Tag der Menschenrechte erfordert auch, dass man auch über Menschenrechte und nicht nur über Wirtschaft diskutiert. Das hat ja auch die Menschenrechtsstaatsekretärin Rama Yade in Frankreich auch gesagt, und selbst der Außenminister Kouchner sagt, natürlich brauchen wir den Kontakt mit Libyen, aber muss es denn so pompös sein und ist es nicht ein falsches Signal, so, wie es eingetütet ist?
Ricke: Ja, aber ist das nicht ein wenig doch eng gefasst, wenn man sagt, wenn der rote Teppich etwas schmaler gewesen wäre und wenn es vielleicht ein anderer Tag gewesen wäre, dann wäre es recht gewesen? Das ändert doch nichts an Gaddafis Opfern?
Griefahn: Nein, die Opfer sind da, aber trotzdem haben wir ja grundsätzlich in Europa die Politik zu sagen, wir brauchen den Dialog, wir brauchen die Annäherung mit Ländern, um sie auch auf einen demokratischen Weg zu bringen. Das ist ja in einigen Ländern auch gelungen, dass man sagt, da ist … die Todesstrafe ist ja offiziell abgeschafft in Libyen. Wir brauchen Dialog, damit Pressefreiheit, damit Parteienvielfalt existiert. Ich glaube, es ist nur die Frage, wie Sarkozy es aufzieht, es ist die Frage, ob er sagt, wir machen politische Gespräche. Natürlich gibt es auch Wirtschaftsgespräche, aber es muss sozusagen zu gleichen Teilen existieren.
Also, es ist ein bisschen der Stil, der eine besondere Rolle spielt, und natürlich auch die Angst - das sage ich auch ganz klar als Mitglied der SPD -, dass natürlich ein Atomreaktor, der verkauft wird, auch andere Dinge produzieren kann. Natürlich hat Libyen gesagt, es stellt seine Waffengeschäfte ein, aber es ist ein Problem, wenn man einen Reaktor hat, kann man eben auch sehr vieles andere machen. Und Atomreaktoren grundsätzlich haben immer die Möglichkeit, die Bombe zu produzieren, haben immer die Möglichkeit, auch unsicher zu sein und in Ländern, die unsicher sind, auch noch Atomreaktoren hinzustellen, halte ich grundsätzlich für problematisch und wird von der SPD natürlich auch mit Skepsis gesehen.
Ricke: Sie haben mehrfach die Wichtigkeit der Beziehungen zu Libyen betont, nicht zur Person Gaddafi. Das aber ist der Machthaber. Man könnte ja auf den demokratischen Wandel setzen und nicht eben die großen Geschäfte mit einem machen, der noch vor einem Jahr öffentlich zur Ermordung politischer Gegner aufgerufen hat. Warum hält man da die Füße nicht noch ein bisschen still?
Griefahn: Es ist wichtig, dass man überhaupt die Möglichkeiten hat, in Libyen auch eine Entwicklung überhaupt zur Demokratie zu fördern, und dazu gehören manchmal auch die Machthaber. Erinnern Sie sich an Südafrika, da gab es die Apartheid und es war nötig, auch mit den damaligen Machthabern darüber zu diskutieren, dass eben die Apartheid abgeschafft wird. Dass wir auch mit Iran die Kontakte beibehalten, weil wir sagen, auch wenn es dort einen Machthaber gibt, der uns nicht gefällt und der politische Ansichten hat, die uns nicht gefallen, der keine Pressefreiheit hat und der auch Leute mit anderer Meinung unterdrückt, brauchen wir den Dialog, auch, um die Möglichkeit mit den Menschen im Land zu verbessern.
Das ist in vielen, vielen Ländern notwendig, die rufen auch danach, die sagen, wenn ihr nicht den Kontakt zu uns haltet, wenn wir nicht die Möglichkeit haben, uns zu informieren bei euch, dann können wir auch gar keine demokratische Entwicklung machen. Und ich glaube, wenn jemand wirtschaftliche Beziehungen hat, dann kann er auch gleichzeitig Druck ausüben, dass die Entwicklung in dem Land vorangeht. Das hätte ich mir von Sarkozy natürlich auch viel mehr erwartet.

Der libysche Staatschef Gaddafi© AP