"Exorzist"-Regisseur Friedkin tot

Große Hingabe für das Böse

06:46 Minuten
Der US-Filmregisseur hält in einer Fotopose im Jahr 2012 das geöffnete Maul eines goldenen Krokodils.
War viermal verheiratet: William Friedkin. © picture alliance / abaca / Briquet Nicolas
Von Bernd Sobolla · 07.08.2023
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William Friedkin liebte düstere Charaktere. Seine größten Erfolge waren die Filme „French Connection“ und „Der Exorzist“. Nun ist der US-Filmregisseur, Produzent und Drehbuchautor mit 87 Jahren in Los Angeles gestorben.
Als William Friedkin 1973 „Der Exorzist“ drehte, konnte er sich dem Bösen widmen und wie es selbst bei guten Menschen immer wieder auftaucht. Es war sein Lieblingsthema.
Friedkin wird 1935 in Chicago geboren und hat ukrainisch-jüdische Vorfahren. Sein Vater ist Seemann, seine Mutter Krankenschwester. Als Jugendlicher schließt er sich einer Gang an und wird wegen bewaffneten Raubüberfalls verhaftet, ohne jedoch verurteilt zu werden.
Dann beginnt er, sich für den Film zu interessieren. Es sind düstere Werke wie „Lohn der Angst“ oder „Die Teuflischen“ von Henri-Georges Clouzot, die ihn begeistern, oder „Psycho“ von Alfred Hitchcock. Anfang der 1950er-Jahre fängt Friedkin an, für einen Lokalsender zu arbeiten, und steigt schnell auf. Bereits wenige Jahre später führte er bei den damals üblichen Live-Aufnahmen Regie. Aus dieser Zeit entstammt sein Entschluss, Szenen nur einmal zu drehen.

„Mir geht es um Spontaneität.“

William Friedkin, Filmregissseur

„Perfektion ist mir egal", sagte Friedkin. "Es sei denn, es handelt sich um einen Shakespeare-Dialog. Dann muss jedes Wort stimmen, sonst zerstört man alles. Aber wenn ich einen Film über ein zeitgenössisches Thema drehe, will ich Spontaneität erleben. Vielleicht ist die Einstellung bei der 16. Wiederholung perfekt, aber sie drückt dann nicht mehr den Moment aus.“

Durchbruch mit "French Connection"

1961 dreht Friedkin den Dokumentarfilm „The People vs. Paul Crump“. Er handelt von einem Afroamerikaner, der bei einem Raubüberfall auf eine Babynahrungsfabrik einen Wächter erschossen haben soll, aber seine Unschuld beteuert. Friedkins Film gewinnt in San Francisco den Golden Gate Award.
Kurz danach geht er nach Hollywood, wo er 1971 seinen Durchbruch als Spielfilmregisseur erlebt, mit dem Actionthriller „French Connection“. Das Werk handelt von einem fanatischen Polizisten, gespielt von Gene Hackman, der in New York einen Drogenring dingfest machen will. Der Actionfilm ist brillant inszeniert, und die Verfolgungsjagd in der Gene Hackman im Auto gnadenlos die Hochbahn verfolgt, in der ein Killer fährt, gehört zu den Höhepunkten der Filmgeschichte.
„French Connection“ wird zum Teil mit Handkamera und an Originalschauplätzen gedreht und avanciert zu einem Meilenstein der New-Hollywood-Bewegung. Das Werk wird 1972 mit fünf Oscars ausgezeichnet, unter anderem für den besten Film und die beste Regie.

"Der Exorzist" als Film über den Glauben

Nur ein Jahr später dreht William Friedkin „Der Exorzist“. Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit, die sich 1949 in Maryland abspielte. Regisseure wie Mike Nichols, Arthur Penn oder John Boorman lehnen es ab, den Film zu drehen. Er ist ihnen zu düster und zu risikoreich. Doch William Friedkin liebt das Risiko, und er liebt düstere Charaktere:
„Ich wusste, dass das ein starker und verstörende Stoff war und hatte gar nicht so sehr einen Horrorfilm im Kopf, sondern eher eine Story über das Geheimnis des Glaubens“, so William Friedkin. „Ich dachte auch nicht darüber nach, wie man das besonders grauenvoll inszenieren kann. Die Story, auf der der Film beruht, war ja beängstigend genug.“
In dieser Zeit haben die Schreckensbilder des Vietnamkriegs den Horror bereits in die Wohnzimmer gebracht. Und Friedkin macht den nächsten Schritt: Er präsentiert eine vom Teufel besessene Zwölfjährige, die von Szene zu Szene schrecklicher aussieht, sodass die Zuschauer später reihenweise aus dem Kino rennen. „Der Exorzist“ erhält acht Oscar-Nominierungen und Friedkin den Oscar für das beste Drehbuch. Zudem spielt „Der Exorzist“ als erster Film der Geschichte über 100 Millionen Dollar ein.

Weiterer verstörender Film "Cruising"

Obwohl Friedkin noch 25 weitere Werke dreht, gelingt ihm kein ähnlicher Erfolg mehr. Mit „Cruising“ bringt er 1980 einen weiteren verstörenden Film auf die Leinwand. Darin spielt Al Pacino einen Polizisten, der in New Yorks schwuler Leder- und Sado-Maso-Szene einen sadistischen Mörder sucht.
„Diese Lederbars gehörten damals zum Underground in New York und durch die Aids-Epidemie, die noch keinen Namen hatte, starben eine Menge Leute auf rätselhafte Weise.“

Choleriker und vier Mal verheiratet

Auch Friedkin wirkt privat teilweise rätselhaft, er ist viermal verheiratet, darunter mit den Schauspielerinnen Jeanne Moreau und Lesley Anne Down. Er ist ein Choleriker, der bei Dreharbeiten mit Gegenständen um sich wirft und beim geringsten Anlass Mitarbeiter feuert, die er am nächsten Tag wieder einstellt.
Einen letzten bemerkenswerten Film dreht William Friedkin 2006 mit "Bug". Der Film handelt von einem Golfkriegsveteranen, der unter posttraumatischen Störungen leidet und von imaginären Insekten besessen ist. Ein Horrorfilm, der zugleich eine paranoide Gesellschaft thematisiert.
Mit William Friedkin hat die Filmwelt einen Regisseur verloren, der sich mit großer Hingabe allen Formen des Bösen widmete. Darin war er einer der Besten.
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