Willi Steul zur neuen Markenarchitektur

"Die Programme bleiben"

Dr. Willi Steul, Intendant des Deutschlandradios
Dr. Willi Steul, Intendant des Deutschlandradios © picture alliance / ZB / Britta Pedersen
Willi Steul im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 02.05.2017
Neuer Name, gleicher Inhalt: Die Umbenennung von Deutschlandradio Kultur in Deutschlandfunk Kultur solle den gemeinsamen Markenkern der Deutschlandradio-Programme stärken, sagt Intendant Willi Steul. Das Programm ändere sich dadurch nicht.
Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur, Deutschlandfunk Nova – seit dem 1. Mai tragen zwei der drei Programme des Deutschlandradios einen neuen Namen.
Damit solle die gemeinsame Marke gestärkt und deutlich gemacht werden, dass alle drei Programme zur gleichen Familie gehören, sagte Deutschlandradio-Intendant Willi Steul im Deutschlandfunk Kultur. Denn immer mehr Programminhalte würden über Podcasts, Apps oder andere zeitunabhängige Nutzungswege ausgespielt. "Da braucht es einen ganz klaren Absender, dass dies alles aus einer Familie kommt."

"Die stärkste Radiomarke der Bundesrepublik"

Die Umbenennung betont außerdem die starke Stellung des Deutschlandfunks in der bundesdeutschen Medienlandschaft. "Wir wissen, dass etwa 80 Prozent der Menschen in Deutschland den Deutschlandfunk kennen. Deutschlandfunk ist die stärkste Radiomarke, die es überhaupt in der Bundesrepublik gibt", so Steul. Dem Deutschlandfunk ordneten die Menschen in höchstem Maße Glaubwürdigkeit und journalistische Qualität zu. "Das sind die beiden Stichworte, die in der heutigen Welt immer wichtiger werden: die Glaubwürdigkeit und die Verlässlichkeit."
Inhaltlich verändert sich durch die neue Namensgebung nichts, wie Steul betont: "Die Programme bleiben."

Das Interview im Wortlaut:
Liane von Billerbeck: Es hat sich was geändert, Sie können es seit gestern hören. Wir haben einen neuen Namen und heißen jetzt Deutschlandfunk Kultur. Eine Veränderung, die, wenn man so einen Sendernamen viele Jahre ausgesprochen hat, anfangs gar nicht so leicht über die Lippen geht. Fragen wir also den Intendanten Willi Steul, Deutschlandfunk Kultur, der neue Name seit dem 1. Mai – kriegen Sie das schon hin, ohne zu stolpern?
Willi Steul: Ich habe mir vorgenommen, als ich ins Studio gegangen bin, Vorsicht, Willi, aufpassen, du darfst dich nicht verplappern – ja, natürlich, wenn man das jahrelang so gesagt hat, dann passiert das schon noch mal. Aber Deutschlandfunk Kultur, das soll ja die Familie unterstreichen, und das werden wir auch lernen.
von Billerbeck: Was waren denn nun die genauen Gründe für die Umbenennung?

"Es braucht einen ganz klaren Absender"

Steul: Deutschlandradio ist die Institution, und die hat drei Programme: Deutschlandfunk und jetzt Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova, früher Dradio Wissen. Das haben wir seit vielen Jahren. Vor allen Dingen aber, wir spielen immer mehr über die sogenannten modernen Spielwege aus. Da gibt es Podcasts, was man also zur zeitunabhängigen Nutzung herunterladen kann über das Internet. Da gibt es Apps, da gibt es DLF 24 und so weiter. Und es gibt noch eine Vielzahl von Ausspielwegen, die wir sicher in Zukunft nutzen werden, die wir heute noch gar nicht kennen. Das heißt, in dieser modernen Medienwelt, wo man über viele Zugänge unsere Inhalte hören kann und nutzen kann, nicht nur über das klassische Radio, da braucht es einen ganz klaren Absender, dass dies alles aus einer Familie kommt.
Wir haben Untersuchungen gemacht, soziologische Untersuchungen, wer nutzt uns, und was ist das für ein Publikum und, und, und. Und wir wissen, dass etwa 80 Prozent der Menschen in Deutschland den Deutschlandfunk kennen. Deutschlandfunk ist die stärkste Radiomarke, die es überhaupt in der Bundesrepublik gibt. Und sie ordnen diesem sehr bekannten Namen, selbst wenn sie nicht ihn nicht hören, kennen sie das Radio, ordnen sie im höchsten Maße Glaubwürdigkeit zu und journalistische Qualität. Das sind die beiden Stichworte, die in der heutigen Welt immer wichtiger werden, die Glaubwürdigkeit und die Verlässlichkeit. Und dann liegt es nahe, dass wir alles, was wir senden, unter diese Dachmarke Deutschlandfunk, also jetzt Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur, Deutschlandfunk Nova. Ich habe es richtig hingekriegt.
von Billerbeck: Wunderbar. Nun ist es ja aber auch so, dass Deutschlandfunk Kultur, also der heute, seit gestern Deutschlandfunk Kultur heißt, ja den Namen schon des Öfteren geändert hat, passiert nicht zum ersten Mal. Könnte nicht das auch zu Verwirrung bei Hörerinnen und Hörern führen, dass sie wissen, ja wer seid ihr denn jetzt?
Steul: Es ist zu erwarten, dass die Menschen, die uns hören und schätzen, und das sind übrigens täglich mittlerweile fast 550.000 Menschen …
von Billerbeck: In der Spitze?

"Wir signalisieren hier, bleibt bitte schön in der Familie"

Steul: Nein, wir haben täglich 545.000 Hörer. Das heißt nicht, dass wir die jede Stunde haben. Wir haben täglich 545.000 Hörer, damit sind wir unter den Kulturprogrammen auf dem zweiten beziehungsweise dritten Platz, selbst bei einer schwachen UKW-Verbreitung in der Bundesrepublik. Es konnten uns überhaupt nur 60 Prozent der Menschen hören. Das verbessert sich über DAB. Und diese Menschen, die uns hören und schätzen, die werden uns auch weiter hören, selbst wenn es nicht mehr Deutschlandradio heißt, sondern Deutschlandfunk Kultur. Und die anderen werden assoziieren, dass wir zur selben Familie gehören.
Wir haben ohnehin beim Hörerverhalten die Beobachtung, und das kann man auch messen, dass wir Stammhörer haben von Deutschlandfunk, die hören dann gelegentlich andere Programme, darunter auch Deutschlandfunk Kultur. Und wir signalisieren hier, bleibt bitte schön auch in der Familie. Wir haben Stammhörer beim Deutschlandfunk Kultur, die dann auch vielleicht noch mehr Deutschlandfunk hören. Das ist eine Sache. Und als 1994 Deutschlandradio gegründet wurde, und das Programm hier, das Sie jetzt hören, hieß damals Deutschlandradio Berlin, war ich – ich war damals Chefredakteur in Berlin, war ich ziemlich – ich fand das nicht gut, und zwar deshalb, weil die Spitzmarke Berlin für ein Privatradio gut ist, aber nicht für einen bundesweiten Sender.
Und ich glaube, die Berliner, die sich den Namen ausgedacht haben, die dachten auch fälschlicherweise, dass Berlin in München, wo man das auch hören kann, ein attraktiver Ort ist.
von Billerbeck: Nun also Deutschlandfunk Kultur. Da könnte man ja auch meinen, wir hier im Berliner Funkhaus seien die kulturell angehauchte Tochter des großen Kölner Deutschlandfunks, und der wiederum macht gar keine Kultur mehr.
Steul: Wer die Programme hört, wird schon schnell merken, dass es hier Politik gibt im Berliner Programm, und dass es im Kölner Programm Kultur gibt.
von Billerbeck: Also daran ändert sich nichts?
Steul: Nein, überhaupt nicht. Wir haben unsere Programme in den letzten Jahren teilweise unmerklich, teilweise sehr deutlich, wie hier der Deutschlandfunk Kultur, wir haben sie umgebaut, wir haben sie besser unterscheidbar gemacht und gleichzeitig profilierter – und das merkt man auch in der Zunahme der Hörerzahlen. Und die Programme bleiben – das ist fürs Marketing, der Name.
von Billerbeck: Wird es durch die Namensänderung grundstürzende Änderungen geben, Einsparungen, Kürzungen? Das ist ja immer die Frage, die man sich stellt, auch der Hörer, nicht bloß die Mitarbeiter.
Steul: Nein. Wir haben – ich bin jetzt ziemlich genau acht Jahre und einen Monat Intendant – wir haben mit Veränderungen, Einsparungen, Restrukturierungen angefangen an dem Tag, wo ich Intendant wurde. Und wir haben es jetzt übrigens hinter uns. Wir sind in den Programmen, wir haben so viele Hörer wie nie zuvor. Wir sind auch in der Onlinewelt gut angekommen, und wir haben das Haus durch, ja, natürlich, Rationalisierungsmaßnahmen wirtschaftlicher gemacht. Wir geben heute trotz mehr Aufgaben weniger Geld aus.
von Billerbeck: Sie haben das Stichwort Online-Auffindbarkeit ja auch benutzt, ein Begriff, Deutschlandfunk, für drei Programme. Heißt das auch, es wird künftig ein gemeinsames Deutschlandfunk-Angebot geben im Netz, wo dann alle verbunden sind? Denn wenn man jetzt nachguckt, findet man sie ja alle noch einzeln.

"Es bleibt bei den unterschiedlichen Onlineauftritten"

Steul: Nein. Es sind drei unterschiedliche Programme. Und wenn sie im Netz auftauchen, ist das ja auch ein Gesicht für die Programme. Deshalb bleibt es bei den unterschiedlichen Onlineauftritten. Aber wir haben zum Beispiel – wir entwickeln eine Nachrichten-App, und in dieser Nachrichten-App, das heißt, die Sie sozusagen automatisch von Ihrem Smartphone aufrufen können, da fließen ja zum Beispiel die Kulturnachrichten von Deutschlandfunk Kultur und die anderen Nachrichten vom Deutschlandfunk oder auch von Deutschlandfunk Nova, unserem jungen Programm, zusammen. Und das heißt dann Deutschlandfunk.
von Billerbeck: Wir haben ja auf dem Dach zwei Schriftzüge, einmal RIAS und einmal Deutschlandradio – wird da noch ein dritter dazu kommen?
Steul: Der RIAS steht unter Denkmalschutz. Deutschlandradio steht nicht unter Denkmalschutz, aber der wird irgendwann – die Institution heißt ja weiterhin Deutschlandradio.
von Billerbeck: Seit 1. Mai heißen wir hier Deutschlandfunk Kultur. Sie haben es gehört, der Intendant Willi Steul kann es schon ohne zu zucken aussprechen. Herzlichen Dank für das Gespräch!
Steul: Bitte schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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