Ein Kaiser auf Augenhöhe
In den Wirren des Zweiten Krieges wurde er vom Sockel gestoßen, nun ist er wieder da: Kaiser Wilhelm I. Doch weil die Stadt Wesel ein zwiespältiges Verhältnis zum Preußen-Kaiser hat, entschied man sich für eine ungewöhnliche Form der Präsentation.
Er ist pünktlich auf die Minute. Ernst Joachim Trapp lächelt. Gehört sich so. In Wesel, der ehemaligen preußischen Garnisonsstadt. Der pensionierte Bauunternehmer hat seinen Jaguar auf dem Vorplatz des Preußen-Museums geparkt – schräg gegenüber vom Objekt seiner Begierde: Kaiser Wilhelm I. Frisch poliert, drei Tonnen schwer.
"Ja. So der Gesichtsausdruck: Ernst. Majestätisch, würde ich sagen."
Früher thronte das 2,65 Meter große Denkmal vor dem Weseler Bahnhof. Am Kaiserplatz. Bis es in den Wirren des Kriegsendes 1945 vom Sockel gestoßen wurde und in irgendwelchen Kellern verschwand. Jetzt ist es wieder da. Dank Trapp, dem Vorsitzenden des "Freundeskreises Denkmal Kaiser Wilhelm I." Allerdings nicht am Originalstandort. Und auch nicht im Originalzustand. Sondern: liegend.
"Ja, ja. Sicher. Das ist eigenartig. Also Wesel ... na ja. Selbst das Wappentier ist an sich der Wiesel. Nicht der Esel. Aber sie kennen ja das schöne Echo-Wort: Der Bürgermeister von Wesel ..."
Heißt: Esel.
"Hier kann man also auch mal eine kleine Eselei machen. Und macht dadurch ganz Wesel etwas bekannter in Deutschland."
"Ja. So der Gesichtsausdruck: Ernst. Majestätisch, würde ich sagen."
Früher thronte das 2,65 Meter große Denkmal vor dem Weseler Bahnhof. Am Kaiserplatz. Bis es in den Wirren des Kriegsendes 1945 vom Sockel gestoßen wurde und in irgendwelchen Kellern verschwand. Jetzt ist es wieder da. Dank Trapp, dem Vorsitzenden des "Freundeskreises Denkmal Kaiser Wilhelm I." Allerdings nicht am Originalstandort. Und auch nicht im Originalzustand. Sondern: liegend.
"Ja, ja. Sicher. Das ist eigenartig. Also Wesel ... na ja. Selbst das Wappentier ist an sich der Wiesel. Nicht der Esel. Aber sie kennen ja das schöne Echo-Wort: Der Bürgermeister von Wesel ..."
Heißt: Esel.
"Hier kann man also auch mal eine kleine Eselei machen. Und macht dadurch ganz Wesel etwas bekannter in Deutschland."
Niemand soll zum Kaiser aufschauen
30.000 Euro hat Trapps Verein an Spenden eingetrieben, um den alten Wilhelm wieder aus der Versenkung zu holen, sieben Jahre lang die Bürgermeisterin und den Stadtrat bearbeitet, bis sie ihr OK gaben, das Denkmal wieder öffentlich auszustellen – allerdings nur in der Horizontalen. Damit niemand zu ihm hochschauen muss.
"Na gut. Habe ich mir gedacht: Besser liegend als gar nicht."
"Na gut. Habe ich mir gedacht: Besser liegend als gar nicht."
Der 83-Jährige streicht sachte über die Glasvitrine, die das Denkmal schützt. Wilhelm ist sein Held.
"Wilhelm I. war in erster Linie ja der Schöpfer des Deutschen Reiches. Damals gab es 28 Staaten auf deutschem Gebiet. Und er hat also ... gut, das wird ihm vorgeworfen ... mit drei Kriegen das Deutsche Reich geschaffen."
Wilhelm war Kriegstreiber und Sozialisten-Hasser. Sagen seine Kritiker. So ein Quatsch, Trapp und CO. Das kommt nicht von ungefähr.
"Meine Mutter war Tochter eines preußischen Generalstabs-Offiziers aus Berlin. Aber sagen wir mal: Hatten nun nicht direkt mit den Hohenzollern zu tun."
"Guten Morgen."
"Guten Morgen, näh!"
"Is Herr Trapp?"
"Jawohl."
"Kenne ich auch. Marten mein Name."
Hans-Jürgen Marten – um genau zu sein. Seines Zeichens: Rentner und allseits interessiert.
"Ich bin schon viel gereist. Auch Rom und so. Aber. Liegend?! Ist selten. Also ganz selten."
Präsentieren, aber nicht ehren
Anfangs dachte Marten, das sei ein Scherz mit dem liegenden Wilhelm. Bis er sich auf sein Fahrrad schwang und feststellte: Ist ernst gemeint.
"Normalerweise ist es ja schöner, wenn er steht. Hat man mehr von, näh? Aber nu: Vielleicht ist er auch ein bisschen müde."
"Normalerweise ist es ja schöner, wenn er steht. Hat man mehr von, näh? Aber nu: Vielleicht ist er auch ein bisschen müde."
Ein müder Wilhelm: Da muss selbst Ernst-Joachim Trapp lachen.
"Wenn sich die Meinung mal ändert, können wir das also technisch ohne weiteres ändern. Dass er dann aufgestellt wird."
"Wenn sich die Meinung mal ändert, können wir das also technisch ohne weiteres ändern. Dass er dann aufgestellt wird."
Wilhelm I. erhobenen Hauptes: Da wird Ulrike Westkamp im Weseler Rathaus ganz anders. Wenn es nach der Bürgermeisterin geht, bleibt alles, wie ist es.
"Als die Diskussion in die Richtung ging: Ja: Präsentieren – das Denkmal. Das wollen wir. Aber nicht aufrichten: Das hab ich für einen guten Vorschlag gefunden. Und ich finde den Weg, den wir jetzt beschritten haben, richtig gut."
Wesel - durch den Krieg völlig zerstört
Westkamp kommt gerade aus einer Fraktionssitzung. Zur Digitalisierung ihrer Verwaltung. Sie stöhnt leise. Nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Genau wie die endlose Diskussion um Wesels Wilhelm in der vergangenen Jahren. In ihrer SPD-Fraktion wollten anfangs viele das Wilhelm-Denkmal da lassen, wo es war: in Einzelteilen zerlegt in den Kellern des Bauhofs und Stadtarchivs. Einen Kriegsherrn huldigen: Bei den Genossen kam das nicht gut an. Noch dazu in Wesel. Außer Dresden ist keine Stadt in Deutschland im Zweiten Weltkrieg so zerstört worden wie die Stadt am Niederrhein.
"Mein Vater hat mir sehr oft erzählt, früher, wie es gewesen ist im Krieg in Wesel. Und vor allem als Wesel zerstört worden ist. Es ist schon traurig, einfach zu hören, wie diese einst sehr schöne Stadt zerstört worden ist. Und daher glaube ich, dass es gerade in Wesel wichtig ist, sich mit unserer Geschichte auseinander zu setzen und mit der Fragestellung auseinander zu setzen: Wie verhindern, dass Kriege entstehen."
Westkamp hat ihren Frieden geschlossen - mit dem Preußen-Kaiser. Und dem preußischen Erbe ihrer Stadt. Ab und zu nimmt sie Besucher jetzt sogar mit zu Wesels Wilhelm, dem müden Krieger.
"Weil diese Art der Präsentation ungewöhnlich ist. Aber vor allem geht es darum, den Einzelnen, die Einzelne dazu anzuregen, darüber nachzudenken, warum wir dieses Denkmal so präsentieren und sich mit der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen."
"Mein Vater hat mir sehr oft erzählt, früher, wie es gewesen ist im Krieg in Wesel. Und vor allem als Wesel zerstört worden ist. Es ist schon traurig, einfach zu hören, wie diese einst sehr schöne Stadt zerstört worden ist. Und daher glaube ich, dass es gerade in Wesel wichtig ist, sich mit unserer Geschichte auseinander zu setzen und mit der Fragestellung auseinander zu setzen: Wie verhindern, dass Kriege entstehen."
Westkamp hat ihren Frieden geschlossen - mit dem Preußen-Kaiser. Und dem preußischen Erbe ihrer Stadt. Ab und zu nimmt sie Besucher jetzt sogar mit zu Wesels Wilhelm, dem müden Krieger.
"Weil diese Art der Präsentation ungewöhnlich ist. Aber vor allem geht es darum, den Einzelnen, die Einzelne dazu anzuregen, darüber nachzudenken, warum wir dieses Denkmal so präsentieren und sich mit der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen."