Wiener Staatsoper: Eugen Onegin

Ein Paar, das sich nicht findet

Ein Paar in historischer Kleidung sitzt an einem Wohnzimmertisch mit großer Tischdecke.
Nicole Car als Tatjana und Andre Schuen als Eugen Onegin in Peter Tschaikowskys "Eugen Onegin" an der Wiener Staatsoper am 31.10.2020. © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Moderation: Volker Michael · 14.11.2020
Auch nach 150 Jahren immer noch ein Liebling im Opernrepertoire: Peter Tschaikowskys Vertonung des Puschkin-Poems über einen gelangweilten Adligen, der seine Liebe nicht findet. Eugen Onegin. An der Wiener Staatsoper gab es eine Produktion mit Starbesetzung.
Genau zweihundert Jahre alt ist die Szenerie – und dennoch kann sie auch heute noch viel über UNS erzählen. Eugen Onegin – Jewgenij Anjegin – die Oper von Peter Tschaikowsky nach Alexander Puschkins Versroman.
Ende Oktober 2020 gab es eine Neuproduktion an der Wiener Staatsoper, kurz bevor auch in Österreich alle Kulturinstitutionen schließen mussten. Musikalisch war alles frisch und individuell, der versierte und tiefgründig arbeitende tschechische Dirigent Tomáš Hanus zeichnet für die musikalische Umsetzung verantwortlich.
Der Dirigent Tomáš Hanus schaut in Abendrobe in die Kamera.
Der Dirigent Tomáš Hanus© IMG Artists
Allein die Inszenierung selbst war eine Übernahme von 2006 aus dem Bolschoj-Theater in Moskau. Die szenische Umsetzung lässt sich außerhalb des Saals ja nur erahnen. Was Regisseur Dmitrij Tscherniakow verändert hat, wird nicht direkt hörbar.

Kein einziger Umbau

Bei einer lebendigen Opernaufführung gehören Pistolenschüsse oder lautes Gelächter zum akustischen Ambiente. Vor allem die Entscheidung Tscherniakows, alle Szenen in ein und demselben Setting des Wohnzimmers eines Herrenhauses bzw. Stadtpalais spielen zu lassen, bringt gehörige Änderungen gegenüber einer traditionellen Aufführung des Eugen Onegin.
Im Lauf der berühmten Briefszene Tatjanas, in der sie ihre Liebe zu Onegin gesteht, scheppert es an einer Stelle gewaltig - der Wind hat die Fenster des Zimmers aufgedrückt und kündet von Unheil.
Eine Frau mit Brief in der Hand sitzt am offenen Fenster an einem hochherrschaftlichen Tisch.
Nicole Car als Tatjana in Peter Tschaikowskys "Eugen Onegin" an der Wiener Staatsoper am 31.10.2020 © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Eugen Onegin, das ist die Geschichte um einen gelangweilten Adligen, der aufs Land kommt und dort die Verhältnisse aufmischt. Er stößt eine junge Frau namens Tatjana vor den Kopf, die sich in ihn verliebt hat.
Onegin tötet seinen Freund Lenski beim Duell, flieht in die Welt und trifft nach der Rückkehr Tatjana als gereifte Ehefrau eines einflussreichen Mannes wieder und verliebt sich nun seinerseits in sie. Am Ende ist es an Tatjana, ihn abzuweisen. Was daraus wird, lassen sowohl Puschkin als auch Tschaikowsky völlig offen.
An einem langen Tisch sitzt eine Abendgesellschaft unter prächtigem Kronleuchter.
Eine Szene aus Peter Tschaikowskys "Eugen Onegin" an der Wiener Staatsoper am 31.10.2020 © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Der Text von Puschkin liest sich eher wie eine distanzierte und fast schon ironische Erzählung, während Tschaikowsky Partei ergreift und viel Wert auf Empathie und Emotion legt. Er hatte für seine Lyrischen Szenen, wie das Werk eigentlich genannt werden soll, andere Titel im Sinn, Tatjana oder Lenski hätte das heißen können, was nun doch seitdem als "Oper Eugen Onegin" aufgefasst wird.
Bei einer Abendgesellschaft in einem herrschaftlichen Zimmer schaut ein Mann kritisch auf einen anderen, der mit großer Geste erzählt.
Bogdan Volkov als Lensky und Andrè Schuen als Eugen Onegin in Peter Tschaikowskys "Eugen Onegin" an der Wiener Staatsoper am 31.10.2020 © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Der Vokalcast in Wien kann sich hören lassen: Nicole Car war als Tatjana recht kurzfristig eingesprungen und gab ihrer Rolle eine warme und selbstsichere Ausstrahlung, ganz im Sinne des Schöpfers dieser Oper. Andrè Schuen feierte sein Debüt als Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper und gestaltete den Buhmann dieser Lyrischen Szenen erstaunlich weich und einfühlsam.
Bogdan Volkov wiederum ließ den Lenski strahlen und zeigte damit, wie Tschaikowsky ganz bewusst diesem Charakter eine große Bedeutung in der Oper beigemessen hat.
Wiener Staatsoper
Aufzeichnung vom 31. Oktober 2020
Peter Tschaikowsky
"Eugen Onegin" op. 24 , Oper in drei Akten
Libretto: Konstantin Schilowski, nach dem Roman von Alexander Puschkin

Tatjana - Nicole Car, Sopran
Olga - Anna Goryachova, Mezzosopran
Eugen Onegin - Andrè Schuen, Bariton
Lenski - Bogdan Volkov, Tenor
Fürst Gremin - Dimitry Ivashchenko, Bass
Larina, Gutsbesitzerwitwe - Helene Schneidermann, Mezzosopran
Filipjewna, Kinderfrau - Larissa Diadkova, Alt
Saretzki, Sekundant - Dan Paul Dumitrescu, Bass
Slowakischer Philharmonischer Chor
Orchester der Wiener Staatsoper
Leitung: Tomáš Hanus

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