Wiederbegegnung in der Bauernstube
Drei 30-Jährige diskutieren darüber, ob sie ihren Lebenszenit schon überschritten haben – das könnte langweilen. Furiose Monologe und gute Schauspielkunst sorgen jedoch dafür, dass das von Frank Abt in München inszenierte Stück „wohnen unter glas“ nicht zur Zeitgeist-Diagnose verkommt.
Das Münchner Volkstheater ist sicherlich keine bayerische Bauernbühne – im Gegenteil hier werden vom 27.4. bis 4.5.2008 junge Regisseure im Festival „radikal jung“ um den Publikumspreis wetteifern, aber Ewald Palmetshofers Stück über die Generation der Dreißigjährigen, „wohnen unter glas“, wurde in der Inszenierung von Frank Abt durchaus als Volksstück vorgeführt: Autor und Regisseur sind übrigens so alt wie die Personen des Stücks.
Babsi, Jeani und Max waren einst eine Dreier-Wohngemeinschaft, eine Clique. Haben sie nun, 30 Jahre alt, ihren Zenit, ihren Lebenshöhepunkt schon hinter sich? Hatten sie nur einen öden, „flachen Zenit“, der schon Vergangenheit ist?
Nun treffen sie sich als Dreißigjährige, obwohl ihre Wege auseinander gingen, noch einmal und haben dafür ein rustikales Hotel mit Fensterbank, Gardinen und Tischdeckchen ausgesucht: Die Bar eine schäbige Bauernstube. In der in München gestrichenen Einleitung meinen die Figuren, dass sie einmal Mittelstand gewesen seien, nun aber den Mittelstand – den „emotionalen Mittelstand“, wie dann eingeschränkt wird – „schleichend hinter sich gelassen“ hätten und an die „Armutsgrenze“ gelangt wären.
In der Münchner Inszenierung steht für diesen sozialen Befund das folkloristische Bühnenbild (Anne Ehrlich): Das Hotel, vielleicht früher Urlaubshotel für den Mittelstand, nun schon seit einiger Zeit in die Schäbigkeit abgerutscht ist.
Was die Figuren betrifft, weigert sich die Münchner Aufführung konsequent, Palmetshofers Stück als Zeitgeist-Diagnose oder Befund über die „Generation Dreißig“, die angeblich früher politischer war, vorzuführen. Auch die bisweilen an René Pollesch erinnernden furiosen Monologe von Max fallen dabei nicht aus dem Rahmen dieser Volksstück-Inszenierung.
Friedrich Mücke als Max, als Hahn im Korb der beiden Frauen, geriert sich kaum als verklemmtes akademischen Prekariat, sondern agiert sehr unmittelbar. Doch obwohl auch lyrisch kommentierende Passagen in München gestrichen sind, Palmetshofers Stück funktioniert dennoch. In der Tat liegt ja das Interesse vor allem daran, wie Jeani, Max und Babsi ihre frühere Gemeinsamkeit verklären und sich an ihr abarbeiten.
Ein „Fressen“ für Schauspieler ist Palmetshofers Stück jedenfalls, das wird auch in München wieder deutlich. Diesmal ist es vor allem Barbara Romaner als Jeani im roten Strick, der man besonders gerne zuschaut, wie sie mit leicht angestrengtem Lächeln souverän erscheinen will, gerne nebenbei finanzielle Rationalität ins Spiel bringt – und doch nicht unter freiem Himmel lebt, sondern unter Glas wohnt.
Palmetshofers meist prädikatlose Sätze voller Andeutungen und Wiederholungen ermöglichen Ironisierungen und zeigen gleichzeitig Abgründe. Und da er sich inzwischen inhaltlich und stilistisch nach „wohnen. unter glas“ noch weiter entwickelt hat – sein darauf folgendes Stück „hamlet ist tot. keine schwerkraft“ wurde für die Mühlheimer Theatertage nominiert – ist sein „Schriftsteller-Zenit“ wohl noch nicht überschritten.
wohnen unter glas
Von Ewald Palmetshofer
Inszenierung: Frank Abt
Münchner Volkstheater
Babsi, Jeani und Max waren einst eine Dreier-Wohngemeinschaft, eine Clique. Haben sie nun, 30 Jahre alt, ihren Zenit, ihren Lebenshöhepunkt schon hinter sich? Hatten sie nur einen öden, „flachen Zenit“, der schon Vergangenheit ist?
Nun treffen sie sich als Dreißigjährige, obwohl ihre Wege auseinander gingen, noch einmal und haben dafür ein rustikales Hotel mit Fensterbank, Gardinen und Tischdeckchen ausgesucht: Die Bar eine schäbige Bauernstube. In der in München gestrichenen Einleitung meinen die Figuren, dass sie einmal Mittelstand gewesen seien, nun aber den Mittelstand – den „emotionalen Mittelstand“, wie dann eingeschränkt wird – „schleichend hinter sich gelassen“ hätten und an die „Armutsgrenze“ gelangt wären.
In der Münchner Inszenierung steht für diesen sozialen Befund das folkloristische Bühnenbild (Anne Ehrlich): Das Hotel, vielleicht früher Urlaubshotel für den Mittelstand, nun schon seit einiger Zeit in die Schäbigkeit abgerutscht ist.
Was die Figuren betrifft, weigert sich die Münchner Aufführung konsequent, Palmetshofers Stück als Zeitgeist-Diagnose oder Befund über die „Generation Dreißig“, die angeblich früher politischer war, vorzuführen. Auch die bisweilen an René Pollesch erinnernden furiosen Monologe von Max fallen dabei nicht aus dem Rahmen dieser Volksstück-Inszenierung.
Friedrich Mücke als Max, als Hahn im Korb der beiden Frauen, geriert sich kaum als verklemmtes akademischen Prekariat, sondern agiert sehr unmittelbar. Doch obwohl auch lyrisch kommentierende Passagen in München gestrichen sind, Palmetshofers Stück funktioniert dennoch. In der Tat liegt ja das Interesse vor allem daran, wie Jeani, Max und Babsi ihre frühere Gemeinsamkeit verklären und sich an ihr abarbeiten.
Ein „Fressen“ für Schauspieler ist Palmetshofers Stück jedenfalls, das wird auch in München wieder deutlich. Diesmal ist es vor allem Barbara Romaner als Jeani im roten Strick, der man besonders gerne zuschaut, wie sie mit leicht angestrengtem Lächeln souverän erscheinen will, gerne nebenbei finanzielle Rationalität ins Spiel bringt – und doch nicht unter freiem Himmel lebt, sondern unter Glas wohnt.
Palmetshofers meist prädikatlose Sätze voller Andeutungen und Wiederholungen ermöglichen Ironisierungen und zeigen gleichzeitig Abgründe. Und da er sich inzwischen inhaltlich und stilistisch nach „wohnen. unter glas“ noch weiter entwickelt hat – sein darauf folgendes Stück „hamlet ist tot. keine schwerkraft“ wurde für die Mühlheimer Theatertage nominiert – ist sein „Schriftsteller-Zenit“ wohl noch nicht überschritten.
wohnen unter glas
Von Ewald Palmetshofer
Inszenierung: Frank Abt
Münchner Volkstheater