Wie man den Zufall meistert

Wie verlässlich sind Vorhersagen? Nur sehr begrenzt, so das Fazit der drei Wissenschaftler, die in ihrem Buch das Spiel des Zufalls in Medizin, Geldanlage und Beruf untersuchen. Daneben geben sie Tipps, wie man dennoch das Glück auf seine Seite ziehen kann.
Die Kernbotschaft besteht aus einem Paradox: Wer lernt, den Zufall zu erkennen und zu akzeptieren, kann ihn sich zunutze machen. Und das sei bitter nötig, meinen die Autoren. Denn die meisten Menschen, so ihre These, leiden unter der sogenannten "Kontrollillusion": Dem Glauben, die Zukunft sei vorhersehbarer, als sie es tatsächlich ist. Wer stattdessen mit den Ungewissheiten der Zukunft pragmatisch umzugehen lernt, könne sein Schicksal besser managen und böse Überraschungen vermeiden.

Das klingt nach Esoterik, die Autoren jedoch überzeugen mit Empirie. Drei Lebensbereiche haben sie herausgegriffen, in denen gerade in der Ratgeberliteratur häufig suggeriert wird, man müsse nur einfachen Rezepten folgen und schon stellten sich Reichtum, beruflicher Erfolg und ein langes Leben fast automatisch ein. Die Realität, so zeigen sie mit vielen Anekdoten, Statistiken und wissenschaftlichen Untersuchungen, verläuft hingegen nicht nach Plan, sondern ist in hohem Maße bestimmt von Zufall und Glück.

Beispiel Gesundheitswesen: Die "Illusion einer allwissenden Medizin" wird nicht nur vom kurzen Verfallsdatum etlicher "medizinischer Weisheiten" entkräftet. Auch der Umstand, dass – so Studien – Behandlungsfehler die dritthäufigste Todesursache in den USA sind, spricht dafür, dass man manchmal einfach nur das Glück haben muss, in die richtigen Hände zu geraten. Ähnlich Ernüchterndes berichten Makridakis und seine Co-Autoren über die Vorhersagbarkeit von Finanzkrisen oder von Entwicklungen in der Unternehmenswelt: Theorien für ein erfolgreiches Markttiming oder dauerhaften Geschäftserfolg entlarven sie als Unsinn.

Dennoch lassen sich – langfristig betrachtet – Rahmenbedingungen und Muster skizzieren, in denen sich Ökonomie und Wissenschaft bewegen. Dazu zählen die Autoren das Wissen um die Unzulänglichkeit vieler medizinischer Erkenntnisse ebenso wie die Beobachtung, dass gerade jene Anleger über einen großen Zeitraum am Aktienmarkt erfolgreich sind, die ihr Geld nach dem Zufallsprinzip in verschiedene Papiere stecken und nicht auf Experten vertrauen. Denn sowohl für Investoren als auch ehrgeizige Manager gelte: Zwar bewegt sich der Markt tendenziell nach oben, doch vergangene Erfolgsmodelle haben keinen Einfluss auf zukünftiges Gelingen. Das Prinzip der kreativen Zerstörung sorgt dafür, dass immer wieder Neues entsteht. Nicht zu reden von Naturkatastrophen, die letztlich jeden Plan zunichte machen können.

Die daraus abgeleiteten Empfehlungen heben sich wohltuend ab von der Flut von Lebenshilfe- und Ratgeberbüchern, die einfache Lösungen versprechen. Die drei Wissenschaftler appellieren, sich der Komplexität des Alltags zu stellen, genau hinzusehen und dem eigenen Sachverstand zu vertrauen. Die Informationen, die dabei helfen können, findet der Leser in diesem unterhaltsamen, aufklärerischen Buch.

Besprochen von Vera Linß

Spyros Makridakis, Robin Hogarth, Anil Gaba: Tanz mit dem Glück. Wie wir den Zufall für uns nutzen können
Tolkemitt Verlag 2010
336 Seiten, 22,90 Euro