Wie Holland sich verändert
In Amsterdam hat am Montag der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder des Filmregisseurs Theo van Gogh begonnen. Zweifellos hat der Mord Holland verändert - strengere Immigrations- und Integrationsgesetze sind da nur ein Beispiel.
Das Fußballstadion im südniederländischen Uden: Letzte Woche traten dort die Amateurkicker von Udi 19 gegen das prominente Team des ehemaligen türkischen Uefacup-Siegers Galatassaray an. Die Amateurkicker hatten keine Chance - aber darum ging es auch gar nicht: Ziel war es, die Kluft zwischen Einheimischen und Immigranten zu überbrücken.
"Sport verbrüdert", so der Vorsitzende von Udi 19, Henk Salome.
"Wir wollen deutlich machen, dass wir nichts gegen unsere türkischen Mitbürger haben und sie auch in unserem Fußballclub willkommen heißen. "
Denn in Uden wurden gleich nach dem Attentat auf Theo van Gogh eine Moschee in Brand gesetzt sowie zweimal innerhalb von vier Monaten eine islamische Grundschule. Maßnahmen wie dieses Fußballspiel seien deshalb bitter nötig, betont auch Starspieler Hakan Sükür von Galatassaray.
So wie in Uden suchen viele niederländische Städte den Dialog.
Zunächst hatte es so ausgesehen, als würden sich die Fronten weiter verhärten. Schon lange vor dem Attentat hatte sich eine Kluft aufgetan zwischen Einheimischen und Immigranten. Auslöser waren die New Yorker Terroranschläge gewesen - und der rechtspopulistische Politiker Pim Fortuyn: Er hatte Missstände an der Integrationspolitik angeprangert. Denn lange Zeit hatten die Niederländer die Schattenseiten der Immigration geflissentlich übersehen.
Durch Pim Fortuyn fielen sie von einem Extrem ins andere: Die rosarote Brille setzten sie ab, aber fortan sahen sie schwarz und ließen kein gutes Haar mehr an ihrer Integrationspolitik und den Immigranten.
Nach dem Attentat auf van Gogh wurden noch strengere Immigrations- und Integrationsgesetze eingeführt. Viele Politiker gingen mit populistischen Sprüchen auf Stimmenfang. So etwa will der umstrittene Abgeordnete Geert Wilders eine Anti-Islampartei gründen. Der Mord an van Gogh besorgte ihm einen ungeahnten Popularitätsschub. Wilders ist vehement gegen den EU-Beitritt der Türkei. Sollte es tatsächlich so weit kommen, werde er für den Austritt der Niederlande sorgen.
Auch Kabinettsmitglieder schütteten Öl ins Feuer. So etwa vergriff sich Immigrationsministerin Rita Verdonk im Ton: Die Moslems, so Verdonk wörtlich, sollten sich nicht anstellen wie Mimosen, sie müssten lernen, kritikfähig zu werden.
Vor allem moslemische Jugendliche fühlten sich mehr und mehr stigmatisiert. Viele haben noch nie eine Diskothek von innen gesehen, kein Türsteher ließ sie herein. Ferienjobs gehen oft an weniger qualifizierte einheimische Mitbewerber.
"Ich kann verstehen, dass sie Streit suchen oder für extremistische Ideen empfänglich werden", sagt der 24 Jahre alte Adnan, ein Student marrokanischer Abstammung. Dann brenne auf einmal eine Sicherung durch.
Eine weitere Stigmatisierung und Diskriminierung, so warnten Anfang des Jahres die Nachrichtendienste, führe zu einer weiteren Radikalisierung. Diese Erkenntnis hat inzwischen in vielen Städten eine gesellschaftliche Wende eingeläutet. Seitdem versuchen Immigranten und Einheimische nicht mehr übereinander, sondern miteinander zu reden:
So etwa schließt Amsterdam Verträge mit Moscheen: Darin verpflichtet sich die Moslemgemeinschaft, sofort zu melden, wenn ein Moscheebesucher Anzeichen der Radikalisierung zeigt. Die Stadt wiederum verpflichtet sich, sofort einzugreifen, wenn Moslems diskriminiert werden.
Rotterdam organisierte in voll besetzten Sälen Integrationsdebatten. Die größten Probleme wurden gesammelt, um ein Paket mit Gegenmaßnahmen zu entwickeln. So etwa sollen die Chancen von Immigranten auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden.
Während dieser Debatten hielten die Teilnehmer mit ihrer Wut oft nicht hinter den Berg. Der Film "Submission" von Theo van Gogh sei kein einfacher Film gewesen, sondern eine Beleidigung, schimpfte ein Moslem. Aber auch Einheimische ließen ihrem Unmut freien Lauf. Sie habe zwar nicht wirklich Angst, klagte eine alte Dame, aber manchmal fühle sie sich als Fremde in der eigenen Stadt.
Doch auch wenn die Atmosphäre zuweilen grimmig wurde: Das gehöre einfach dazu, sagen viele. Abende wie diese hätten dafür gesorgt, dass sich der Himmel wieder aufklärte - wie nach einem Gewitter, so eine marokkanische Studentin: Solange du nicht weißt, was der andere denkt, kannst du dich auf Vorurteilen ausruhen und dich beschweren, dass dich niemand versteht. Wir müssen sagen, was wir denken, und uns auch anhören, was andere denken!
"Sport verbrüdert", so der Vorsitzende von Udi 19, Henk Salome.
"Wir wollen deutlich machen, dass wir nichts gegen unsere türkischen Mitbürger haben und sie auch in unserem Fußballclub willkommen heißen. "
Denn in Uden wurden gleich nach dem Attentat auf Theo van Gogh eine Moschee in Brand gesetzt sowie zweimal innerhalb von vier Monaten eine islamische Grundschule. Maßnahmen wie dieses Fußballspiel seien deshalb bitter nötig, betont auch Starspieler Hakan Sükür von Galatassaray.
So wie in Uden suchen viele niederländische Städte den Dialog.
Zunächst hatte es so ausgesehen, als würden sich die Fronten weiter verhärten. Schon lange vor dem Attentat hatte sich eine Kluft aufgetan zwischen Einheimischen und Immigranten. Auslöser waren die New Yorker Terroranschläge gewesen - und der rechtspopulistische Politiker Pim Fortuyn: Er hatte Missstände an der Integrationspolitik angeprangert. Denn lange Zeit hatten die Niederländer die Schattenseiten der Immigration geflissentlich übersehen.
Durch Pim Fortuyn fielen sie von einem Extrem ins andere: Die rosarote Brille setzten sie ab, aber fortan sahen sie schwarz und ließen kein gutes Haar mehr an ihrer Integrationspolitik und den Immigranten.
Nach dem Attentat auf van Gogh wurden noch strengere Immigrations- und Integrationsgesetze eingeführt. Viele Politiker gingen mit populistischen Sprüchen auf Stimmenfang. So etwa will der umstrittene Abgeordnete Geert Wilders eine Anti-Islampartei gründen. Der Mord an van Gogh besorgte ihm einen ungeahnten Popularitätsschub. Wilders ist vehement gegen den EU-Beitritt der Türkei. Sollte es tatsächlich so weit kommen, werde er für den Austritt der Niederlande sorgen.
Auch Kabinettsmitglieder schütteten Öl ins Feuer. So etwa vergriff sich Immigrationsministerin Rita Verdonk im Ton: Die Moslems, so Verdonk wörtlich, sollten sich nicht anstellen wie Mimosen, sie müssten lernen, kritikfähig zu werden.
Vor allem moslemische Jugendliche fühlten sich mehr und mehr stigmatisiert. Viele haben noch nie eine Diskothek von innen gesehen, kein Türsteher ließ sie herein. Ferienjobs gehen oft an weniger qualifizierte einheimische Mitbewerber.
"Ich kann verstehen, dass sie Streit suchen oder für extremistische Ideen empfänglich werden", sagt der 24 Jahre alte Adnan, ein Student marrokanischer Abstammung. Dann brenne auf einmal eine Sicherung durch.
Eine weitere Stigmatisierung und Diskriminierung, so warnten Anfang des Jahres die Nachrichtendienste, führe zu einer weiteren Radikalisierung. Diese Erkenntnis hat inzwischen in vielen Städten eine gesellschaftliche Wende eingeläutet. Seitdem versuchen Immigranten und Einheimische nicht mehr übereinander, sondern miteinander zu reden:
So etwa schließt Amsterdam Verträge mit Moscheen: Darin verpflichtet sich die Moslemgemeinschaft, sofort zu melden, wenn ein Moscheebesucher Anzeichen der Radikalisierung zeigt. Die Stadt wiederum verpflichtet sich, sofort einzugreifen, wenn Moslems diskriminiert werden.
Rotterdam organisierte in voll besetzten Sälen Integrationsdebatten. Die größten Probleme wurden gesammelt, um ein Paket mit Gegenmaßnahmen zu entwickeln. So etwa sollen die Chancen von Immigranten auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden.
Während dieser Debatten hielten die Teilnehmer mit ihrer Wut oft nicht hinter den Berg. Der Film "Submission" von Theo van Gogh sei kein einfacher Film gewesen, sondern eine Beleidigung, schimpfte ein Moslem. Aber auch Einheimische ließen ihrem Unmut freien Lauf. Sie habe zwar nicht wirklich Angst, klagte eine alte Dame, aber manchmal fühle sie sich als Fremde in der eigenen Stadt.
Doch auch wenn die Atmosphäre zuweilen grimmig wurde: Das gehöre einfach dazu, sagen viele. Abende wie diese hätten dafür gesorgt, dass sich der Himmel wieder aufklärte - wie nach einem Gewitter, so eine marokkanische Studentin: Solange du nicht weißt, was der andere denkt, kannst du dich auf Vorurteilen ausruhen und dich beschweren, dass dich niemand versteht. Wir müssen sagen, was wir denken, und uns auch anhören, was andere denken!