Wie Games die Zukunft thematisieren

Dystopische Spiele als Spiegel der Gegenwart

Gamescom Hände eines Spielers bedienen game controller über einer beleuchteten Tastatur auf der weltweit grössten Messe für Computer-und Videospiele Gamescom in Köln, NRW am 24.8.2018
Bei Computerspielen überwiegt der düstere Blick auf die Zukunft. © imago stock&people
Gundolf Freyermuth im Gespräch mit Julius Stucke · 12.11.2018
Etwa 90 Prozent der Computerspiele, die sich mit der Zukunft beschäftigen, haben dystopische Szenarios und malen ein düsteres Bild. Nur wenige Games entwerfen Utopien. Warum das durchaus auch sinnvoll sein kann, erläutert Game-Experte Gundolf Freyermuth.
Hunger, Naturkatastrophen, nuklearer GAU, soziale und religiöse Konflikte, Kriege... Die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen - all das gehört zum festen Repertoire, wenn Game-Entwickler an Computerspielen entwickeln, die in der Zukunft spielen. Eindeutig überwiegen die Dystopien - Utopien, die ein optimistisches Bild entwerfen, sind selten.
Zu besichtigen ist all das noch bis zum 14. November bei der Clash of Realities Conference in Köln, die technische Entwicklungen und die gesellschaftliche Wahrnehmung von digitalen Spielen in den Blick nimmt - mit Experten aus Wissenschaft, Forschung und Spielindustrie.

Sind Utopien im Kommen?

Einer der Themen-Schwerpunkte der Konferenz heißt "Playing Utopia". Warum nur sind Game Designer so dystopisch?
Heute Utopie und morgen Dystopie: Nach der Urbarmachtung des Saturns installieren díe Kolonisatoren von der Erde auf dem fernen Planeten eine Landestation für ihre Raumschiffe
Weltraum-Szenarios sind beliebt bei dystopischen Games.© imago stock&people
Der Medienwissenschaftler Gundolf Freyermuth, Direktor des Cologne Games Lab und Mitveranstalter der Konferenz, sagt: Wer einen pessimistischen Blick auf die Gegenwart habe, übertrage dies oft auch auf die Zukunft. Dabei hätten die Game Designer durchaus Gründe, optimistischere Spiele zu entwickeln, denn, so Freyermuth, Science-Fiction sei oft ein positiver Innovationstreiber gewesen: Die Frage "Was wäre, wenn…?" habe reale und bahnbrechende Erfindungen und Entwicklungen gefördert.

Ein bisschen Dystopie kann durchaus sinnvoll sein

"Solarpunk" steht für diesen Optimismus und für eine Welt, die Konflikte, Klimawandel und Co. überwunden hat. Aus Sicht von Freyermuth ist das eine spannende literarisch-politische Bewegung. Allerdings:
"Auch in den Dystopien selbst scheint häufig Hoffnung auf. Auch wenn die Welt selbst dystopisch ist, spielen wir ja darin oft Menschen, die diese negative Zukunft, in die wir da geworfen sind, zu überwinden suchen." Als Spieler könne man die bösen Mächte aktiv überwinden. Ist diese Kombination realistischer und letztlich besser, als Spiele mit einer "Alles-ist-gut"-Botschaft zu entwickeln?
Szene aus dem Computerspiel "Frontiers"
Szene aus dem Computerspiel "Frontiers": Das Multiplayer-Spiel thematisiert die Problematik von Flucht und Migration an europäischen Grenzen.© Gold extra
Freyermuths Meinung dazu: "Durchaus. Wir haben ja diesen bekannten Effekt, dass Warnungen vor einer Sache deren Lauf beeinflussen. Wenn wir vor etwas warnen, dann tun wir das ja, weil wir hoffen, dass etwas nicht eintrifft. Und oft haben Warnungen Erfolg."

Der große Umbruch: Künstliche Intelligenz

Apropos, Zukunft. Die Gameentwickler-Szene sei im Umbruch begriffen - vor allem die Optimierung der Künstlichen Intelligenz werde die Spiele komplett verändern können. Nämlich dann, wenn die anderen nicht an Spieler gebundenen Charaktere in der Lage seien, mit situativer Intelligenz auf die Spieler zu reagieren, sagt Freyermuth.
"Die Künstliche Intelligenz könnte den Spielen einen ähnlichen Schub geben, wie einst der Einsatz des Tons dem Film - dem Stummfilm - einen Schub gegeben hat."
(mkn)
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