Wie ein Fisch im Wasser
Als Hans ohne Protest aus seinem Job fliegt, schleicht er sich fortan jeden Tag ins Hallenbad. Dort fühlt er sich immer mehr zu Hause, taucht buchstäblich ein in eine andere Umgebung, die ihm interessanter und wahrer erscheint als die Welt draußen. Das Romandebüt des Wiener Autors Johannes Gelich erzählt die Geschichte vom anderen, besseren Leben.
Hans heißt der Held und Erzähler, er führt eine apathische Büro-Existenz in einem nutzlosen Zweig einer Consulting-Firma. Verheiratet ist er mit Vivien, einer rasanten PR-Managerin, immer auf dem Sprung zum nächsten Meeting, den Kopf voller Worthülsen der globalen Geschäftswelt. Die Ehe läuft nicht gut, die Leidenschaft von einst ist erkaltet, beide leben in unterschiedlichen Sphären. Vivien verlangt vom Gatten mehr Initiative, sie will keinen Verlierer an ihrer Seite haben.
Als Hans ohne Protest aus seinem Job fliegt, sagt er Vivien nichts, fortan schleicht er sich jeden Tag ins Hallenbad. Dort fühlt er sich immer mehr zu Hause, taucht buchstäblich ein in eine andere Umgebung, die ihm interessanter und wahrer erscheint als die Welt draußen vor den Milchglasscheiben. Zuhause versteckt er seine Badesachen, Vivien hasst den Geruch von Chlor, geschickt tarnt Hans sein Doppelleben, bis die Krise mit Vivien eskaliert...
Oft hat die Literatur es verstanden, zauberhafte Fluchten aus der tristen Realität zu inszenieren, "Chlor" ist eine moderne Variante. Hans ist ein Taugenichts neuester Prägung, der einfach keine Lust mehr hat, in einem blöden Spiel weiter mitzuspielen.
In einer unaufdringlichen sanften Sprache lässt er sich ins Schwimmbad-Becken gleiten, für das stille, stumme Leben im Wasser hat er sich schon immer interessiert. Fische sind sein Hobby. Wenn die Halle geschlossen hat, besucht er das Aquarium.
Wozu Karriere, wozu all die Plackerei, wozu die ganze Ehe-Akrobatik, auch die sexuelle, wenn anderswo dieser ruhige Frieden zu genießen ist? Das nasse Element wird zur Metapher von leisem Behagen und ewiger, abwechslungsreich schimmernder Dauer.
Als Leser möchte man da irgendwann mittun, mitschwimmen, sich treiben lassen, wenn auch die Wirklichkeit nicht ganz zu verdrängen ist. Auch im Schwimmbad muss man Eintritt zahlen, und irgendwann ist jedes Bankkonto leer. Doch Hans kommt auf eine pfiffige, leicht kriminelle Idee, von der sich am Ende sogar Vivien überzeugen lässt. Denn sie hat inzwischen auch die Klauen des Neoliberalismus zu spüren bekommen. Und so wird die Geschichte schließlich zu einer kleinen Utopie vom anderen, besseren Leben.
Der Wiener Autor Johannes Gelich ist noch wenig bekannt. Geboren 1969 in Salzburg, war er nach einem geisteswissenschaftlichen Studium zwei Jahre Lektor im rumänischen Iasi. Er gab Anthologien mit rumänischer und moldawischer Gegenwartsliteratur heraus, veröffentlichte Kurzprosa, Reportagen, Essays und mehrere Hörspiele. Seine erste Novelle "Die Spur des Bibliothekars" erschien 2003 und sorgte für einen Achtungserfolg. Man kann nur wünschen, dass "Chlor" die Aufmerksamkeit findet, die solch reizende Literatur verdient.
Johannes Gelich: Chlor
Roman
Literaturverlag Droschl Wien
216 Seiten, 19 Euro.
Als Hans ohne Protest aus seinem Job fliegt, sagt er Vivien nichts, fortan schleicht er sich jeden Tag ins Hallenbad. Dort fühlt er sich immer mehr zu Hause, taucht buchstäblich ein in eine andere Umgebung, die ihm interessanter und wahrer erscheint als die Welt draußen vor den Milchglasscheiben. Zuhause versteckt er seine Badesachen, Vivien hasst den Geruch von Chlor, geschickt tarnt Hans sein Doppelleben, bis die Krise mit Vivien eskaliert...
Oft hat die Literatur es verstanden, zauberhafte Fluchten aus der tristen Realität zu inszenieren, "Chlor" ist eine moderne Variante. Hans ist ein Taugenichts neuester Prägung, der einfach keine Lust mehr hat, in einem blöden Spiel weiter mitzuspielen.
In einer unaufdringlichen sanften Sprache lässt er sich ins Schwimmbad-Becken gleiten, für das stille, stumme Leben im Wasser hat er sich schon immer interessiert. Fische sind sein Hobby. Wenn die Halle geschlossen hat, besucht er das Aquarium.
Wozu Karriere, wozu all die Plackerei, wozu die ganze Ehe-Akrobatik, auch die sexuelle, wenn anderswo dieser ruhige Frieden zu genießen ist? Das nasse Element wird zur Metapher von leisem Behagen und ewiger, abwechslungsreich schimmernder Dauer.
Als Leser möchte man da irgendwann mittun, mitschwimmen, sich treiben lassen, wenn auch die Wirklichkeit nicht ganz zu verdrängen ist. Auch im Schwimmbad muss man Eintritt zahlen, und irgendwann ist jedes Bankkonto leer. Doch Hans kommt auf eine pfiffige, leicht kriminelle Idee, von der sich am Ende sogar Vivien überzeugen lässt. Denn sie hat inzwischen auch die Klauen des Neoliberalismus zu spüren bekommen. Und so wird die Geschichte schließlich zu einer kleinen Utopie vom anderen, besseren Leben.
Der Wiener Autor Johannes Gelich ist noch wenig bekannt. Geboren 1969 in Salzburg, war er nach einem geisteswissenschaftlichen Studium zwei Jahre Lektor im rumänischen Iasi. Er gab Anthologien mit rumänischer und moldawischer Gegenwartsliteratur heraus, veröffentlichte Kurzprosa, Reportagen, Essays und mehrere Hörspiele. Seine erste Novelle "Die Spur des Bibliothekars" erschien 2003 und sorgte für einen Achtungserfolg. Man kann nur wünschen, dass "Chlor" die Aufmerksamkeit findet, die solch reizende Literatur verdient.
Johannes Gelich: Chlor
Roman
Literaturverlag Droschl Wien
216 Seiten, 19 Euro.