Wie definiert man Elite?

Von Margarete Limberg |
Die Studienstiftung des deutschen Volkes hat die Stipendiaten der elf Begabtenförderwerke nach Berlin zu einer Konferenz eingeladen. Auffällig war, wie stark sie den Elite-Begriff mit der Pflicht zu politischer und gesellschaftlicher Verantwortung verbinden.
Für das Treffen der Stipendiaten deutscher Begabtenförderwerke hätte die Studienstiftung des deutschen Volkes kaum einen besseren Zeitpunkt wählen können: Es ist Halbzeit des Einstein-Jahres, in dem Deutschland ein Genie feiert, das die gesellschaftliche und politische Verantwortung der Forscherelite vorgelebt hat. Und vor wenigen Tagen haben Bund und Länder endlich das lang ersehnte Programm zur Förderung der Spitzenforschung abgesegnet. Um die besondere Verantwortung der Elite ging es gleich zu Beginn der Veranstaltung.

Denn Eliteförderung selbst ist nicht mehr wirklich umstritten, dieser Begriff hat kaum noch etwas Anrüchiges, wie die rot-grüne Koalition in den letzten Jahren demonstriert hat und wie der Staatssekretär im Bundesbildungsministerium Wolf-Michael Catenhusen noch einmal deutlich machte:

" Die Förderung begabter und motivierter junger Menschen gehört zu den besonders wichtigen Aufgaben der Bildungspolitik. Es ist Konsens, dass wir Menschen mit hoher Kompetenz dringend brauchen, mit wacher Intelligenz und sozialer Verantwortung, und deshalb ist es auch Aufgabe der Gesellschaft, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen besondere Begabungen frühzeitig und systematisch entdeckt und gefördert werden."

Catenhusen verweist darauf, dass gerade diese Bundesregierung seit 1998 die Gelder für die Förderung von hochbegabten Studenten von 53 auf 80 Millionen Euro aufgestockt und die Zahl der Stipendiaten der Studienstiftung des Deutschen Volkes um 20 Prozent auf 12.300 zugenommen hat. Dass die Innovationsfähigkeit und die Wirtschaftskraft der Bundesrepublik ganz entscheidend von der Spitzenqualität der Verantwortlichen in Forschung und Wirtschaft, Verwaltung und Politik abhängt, ist eine Binsenweisheit.

Catenhusen machte allerdings deutlich, dass er einen ganz bestimmten Elite-Begriff im Sinn hat:

" Natürlich sind Eliten, wie sie traditionell aufgrund von Geburt, Macht oder Prestige oder Geld entstanden sind, und die Thomas Mann einmal sarkastisch als General Dr. von Staat bezeichnet hat, mit Demokratien und unserem Verständnis von Demokratie nicht vereinbar. Anders sieht es aber mit Eliten aus, die sich nicht durch angeborene oder angemaßte Privilegien definieren."

Bei den Stipendiaten der politischen und gewerkschaftlichen Stiftungen sowie der kirchlichen Begabtenförderwerke rannte der Staatssekretär damit offene Türen ein. Es war auffallend, wie stark gerade diese Studenten den Elite-Begriff mit der Pflicht zu politischer und gesellschaftlicher Verantwortung verbinden. Stefan Vanselow, Stipendiat des Evangelischen Studienwerks:

" Wichtig ist für mich, dass Elite geerdet bleibt, dass es nicht eine Gruppe ist, die ausgewählt wird und dann sich absetzt und ein für alle Mal da ist und sich selbst reproduziert."

Für Stormy-Annika Mildner können die USA hier durchaus als Vorbild dienen, in denen die Elite-Universitäten, aber auch schon die Highschools, von ihren Studenten erwarten, dass sie in Kindergärten, Altenheimen oder Suppenküchen helfen. Auch die Konrad-Adenauer-Stiftung setzt gesellschaftliches Engagement der von ihr geförderten Studenten voraus. Aber das ist der Stipendiatin Stormy-Annika Mildner nicht genug:

" Das muss bis in die Schulen reingehen, damit wir damit aufwachsen, dass bestimmte Erwartungen an uns gestellt werden, an das, was mit Elite zusammenhängt, und nicht nur auf'ner Begabungsebene hängen bleiben."

Ganz unumstritten war die Eliteförderung übrigens bei dieser Veranstaltung nicht. Unter Verweis auf die katastrophalen Studienbedingungen für die Masse der deutschen Studenten meinte Dirk Jörke, Stipendiat der Rosa Luxemburg-Stiftung:

" Es darf kein Nullsummenspiel sein, das heißt wir müssen gleichzeitig, wenn wir die Elite fördern, auch schauen, was passiert in der Masse, und ich glaube, es ist sowohl für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wie auch für das, was hinten bei rauskommen soll, also für wirklich gute Leistungen, wichtig, dass es einen ordentlich ausgebildeten Sockel gibt."

Dass es besonderer Anstrengungen bedarf, damit aus Begabungen eine Elite wird, das war auch dem Regierungsvertreter klar. Und gerade hier hat die Bundesrepublik trotz des gerade verabschiedeten Exzellenzprogramms nach wie vor erheblichen Nachholbedarf.

Das Gespräch zum Thema mit Gerhard Teufel, Generalsekretär der Studienstiftung des deutschen Volkes, die der Gastgeber der Konferenz war, können Sie in der rechten Spalte als Audio hören.