Wider den Machismo

25.01.2010
Frauen widersetzen sich in den Erzählungen der mexikanischen Schriftstellerin Angeles Mastretta dem männlichen Allmachtsanspruch. In dem Prosabändchen "¡Ehemänner!" exerziert sie kurzweilig das kleine Einmaleins komplizierter Partnerschaften durch.
Angeles Mastretta, geboren 1949 in Puebla, lebt in einer der feinen Gegenden von Mexiko-Stadt, in Chapultepec; die Herrscher wohnten lange Zeit gleich um die Ecke. Ihr Viertel ist eine Art Getto: abgeschieden vom Lärm und Schmutz des Molochs, von der Gewalt. Die Schriftstellerin – eine Berühmtheit im Land - geht nicht gern hinüber in die andere Welt, und wenn sie es tut, dann (so sagt sie) immer mit Ohrenstöpseln. Noch lieber schickt sie Boten, die Figuren ihrer Prosabände. "Mexikanischer Tango", das romantische Romandebüt von 1985, folgte einer selbstbewussten Latina in den Kampf gegen den Machismo. Bei dieser Konstellation ist die Erzählerin fortan geblieben: Frauen widersetzen sich dem männlichen Allmachtsanspruch.

"¡Ehemänner!" zeigt das männliche Geschlecht abermals von seiner schlechten Seite. Oberflächlich sind diese Männer, geckenhaft, gefangen in den Rollenklischees der 1950er. Oft saufen sie, fast immer nerven sie, sie lügen und betrügen, fort mit ihnen. Die Frauen, die Dolores und Dominga heißen, Camilla, Carmen, Claudia, die Frauen beherrschen den Kampfplatz der Geschlechter.
In knapp zwei Dutzend Texten wird das kleine Einmaleins komplizierter Partnerschaften durchexerziert. "Laut Aussage der Therapeutin neigen wir zu gestörten Beziehungen", sagt die Schwester einer Protagonistin; aber, ergänzt sie: "Gestört sind wir doch alle." Manche Texte sind nur wenige Zeilen lang, eher Bonmot denn Erzählung. Manche Szenen sind schnell und elegant erzählt, sind witzig oder böse ironisch. Andere klingen kitschig. Eine Frau – dem treulosen Ehemann entflohen, nun aber rückkehrwillig – ist "nur noch ein einziger See des Friedens und des Vergessens". Vom "Vernaschen" ist die Rede, und manchmal gehen (dem Vornamen der Verfasserin folgend) Engel durch den Text.

Die Autorin präsentiert einen Reigen, einen Querschnitt, Provinz und Metropole, arm oder wohlhabend, tumb oder akademisch klug, sie offeriert ein Bild jener Gesellschaft, in der sie zu leben meint. So schreckliche Dinge wie die hundertfachen Frauenmorde im fernen Ciudad Juárez gibt es in Mastrettas Mexiko nicht. "¡Ehemänner!" bietet ein bisschen Bollywood, ein bisschen Hollywood, bisweilen glaubt man Anthony Quinn zu sehen, bisweilen fühlt man sich an andere Texte und Autoren erinnert: an Carlos Fuentes oder Cristina Peri Rossi, an einen Erzählband Mastrettas von 1990 ("Frauen mit großen Augen"), an das Geplauder der omnipräsenten Isabel Allende-Gioconda Belli-Laura Esquivel. Kurz: "Machismo und starke Frau" ist ein heftig überstrapazierter Topos der lateinamerikanischen Literatur. Das Prosabändchen erfüllt jedoch den legitimen Anspruch auf Kurzweil, Unterhaltung, es ist handwerklich gut gemacht.

Die Erstausgabe der Sammlung, "Maridos", erschien 2007 in Barcelona. In Mexiko, Argentinien und Spanien stand das Werk lange auf den Bestsellerlisten. Suhrkamp hat nun eine Auswahl aus dem Originalband getroffen; die Kriterien dieser Auslese werden im Buch nicht mitgeteilt.

Besprochen von Uwe Stolzmann

Angeles Mastretta: ¡Ehemänner! Erzählungen.
Aus dem Spanischen von Petra Strien. Suhrkamp Verlag, Berlin 2009.
201 Seiten, 11,90 Euro.