Wichtige Stationen der Musikgeschichte

Von Alexandra Gerlach |
Nicht nur Johann Sebastian Bach hat in Leipzig gewirkt, auch fast alle anderen Komponisten von Weltruf waren in der Messestadt zu Gast. Erhalten geblieben sind einige der Komponistenhäuser und andere wichtige Wirkungsstätten der Musiker - doch kaum einer weiß, wo diese Orte zu finden sind. Das soll sich nun ändern, eine "Notenspur" soll künftig Musikliebhaber durch die Stadt führen.
Leipzig in der frühen Biedermeierzeit, das war so eine Art großer Musiksalon.

Werner Schneider: "Janacek hat auch hier in Leipzig studiert und hat so eine ganz tiefe, ganz intensive Musik gemacht, Brahms auch, seine Violinkonzerte sind in Leipzig uraufgeführt worden, na gut, und Telemann und Schumann natürlich, Mozart war zum Konzert hier, Tschaikowsky, Dvorak, und so, Berlioz, Chopin …"

Fast alle waren sie hier, Komponisten und Musiker auf dem Weg zur Prominenz oder auf dem Gipfel ihres Ruhms, sie kamen an die Pleiße, denn hier in der Buch- und Druckstadt saßen die Verleger. In Leipzig traf man sich, nur Georg Friedrich Händel und Franz Schubert waren niemals hier:

"Sie haben sich auch untereinander besucht natürlich, der Salon drüben bei Schumanns, wo wir dann hingehen. Dann gab es hin und her und dort haben sie zusammen das erste Mal gespielt, Streichquartette, und Mendelsohn hat die Bratsche gespielt, und die Clara Schumann die hat den Klavierpart gespielt und das war … Oder wenn Liszt da war, dann hat er dann etwas gespielt mit seiner ein bisschen, na ja , heroischen Art, die menschlich nicht so gut dort ankam. Es war also jedenfalls ein Zentrum der Musik – weltweit – als Mendelsohn hier war."

Werner Schneider hat einen Traum. Er möchte die Vielfalt der noch erhaltenen Leipziger Komponisten-Häuser aus der Unbekanntheit herausholen und wieder erlebbar machen. Der Physiker und Hobby-Pianist, der an der Universität Leipzig arbeitet, brennt für sein Projekt – die Notenspur:

"Das Hören von Musik, Atmosphäre aufnehmen, dafür haben wir die gut erhaltenen Häuser."

Felix Mendelssohn Bartholdy hat nachhaltige Spuren hinterlassen in Leipzig. Hier hat er erstmalig von 1835 an fünf Jahre lang gelebt. Damals gründete er das erste Konservatorium. Bei seinem zweiten längeren Aufenthalt in der Messestadt zwischen 1845 und 1847 blieb er der musikalischen Nachwuchspflege treu und förderte gleich mehrere damals noch unbekannte Komponisten, die in der Stadt zu Gast waren.

Seit kurzem ist das Wohnhaus aus dieser zweiten Leipziger Lebensphase wieder komplett hergestellt. Eine eigens gegründete Stiftung und der frühere Gewandhauskapellmeister Kurt Masur machten es möglich. Aus einer Ruine ist wieder ein prachtvoller, mehrgeschossiger, klassizistischer Bau entstanden. In hellem Grau gestrichen liegt nun er majestätisch elegant an der außerhalb des Stadtrings gelegenen Goldschmidtstraße:

"So, jetzt sind wir erste Station, das ist hier das Mendelssohn-Haus, also hier hat Mendelssohn die letzten Jahre seines Lebens verbracht, von 45 bis 47, er war ja mehrfach in Leipzig, Gewandhauskapellmeister und zwischendurch mal in Berlin. Und hat dann hier die letzten Jahre zugebracht, und es ist das einzige erhaltene Wohnhaus von ihm, und auch ein sehr schönes Museum, die Räume in der Originalzeit, der Biedermeier-Zeit auch möbliert, und der Musiksalon erhalten. Und hier ist auch so eine richtige kleine Musikkultur, wie Salons, jeden Sonntag ist hier um elf Konzert im Mendelsohnhaus."

Im ersten Stock befinden sich die ehemaligen Wohnräume der Mendelsohns. Hier lebte der Gewandhauskapellmeister mit seiner Frau. In den originalgetreu wieder hergerichteten Räumen im Biedermeierstil wird auch von ihr erzählt. Nur wenige Straßenecken von hier entfernt wird heute das Erbe des norwegischen Komponisten Edvard Grieg gepflegt.

"Ja, wir sind jetzt in der Talstraße, vor dem Haus, in dem Grieg oft zu Gast war, auch längere Zeit gewohnt hat, vor allem über den Winter, nämlich bei seinem Verleger, Petersverlag, Max Abraham, und dessen Neffen Hinrichsen, die hier gewohnt haben. Und hier entstand unter anderem seine erste Peer-Gynt-Suite, aber mit seiner Frau, der Sängerin Nina Grieg. Er hatte in Leipzig studiert, hatte seinen Sommersitz in Norwegen, in Bergen, um dort auch seine Eindrücke der Landschaft
aufzunehmen und hier war er dann immer und hat seine Werke vorgestellt und er war sehr gerne in Leipzig und hat über den Winter dann hier die Musikkultur genossen."

Das ehemalige Verlegerhaus ist erst jüngst von einem privaten Investor liebevoll restauriert worden. In der hier ansässigen Grieg-Begegnungsstätte wird ehrenamtlich Erinnerung an den weltbekannten Komponisten gepflegt. Einige der historischen Räume können besichtigt werden. Von hier aus führt die Notenspur weiter in Richtung Grassi-Museum, wo sich die weltweit größte Sammlung von Musikinstrumenten befindet. Im Klanglabor wird Musik physisch erfahrbar. Für die Initiatoren der Notenspur ist es ein wichtiges Anliegen, diese Leipziger Welt der Musik nicht nur für die Erwachsenen zu öffnen. Werner Schneider plant auch familienfreundliche Touren:

"Für diese kindergerechte Gestaltung muss man sich aber wieder etwas ganz anderes überlegen, sie können ja nicht einfach an Vitrinen geführt werden, an denen sie sich langweilen. Und da haben wir gesagt, wir machen so etwas wie einen Notenspur-Entdecker-Pass."

Zu entdecken gibt es derzeit 21 Stationen der Musikgeschichte in Leipzig. Überall soll dann, wenn der Weg einmal fertig ausgeschildert und beschriftet ist, Musik erklingen, die Geschichte lebendig werden, so zum Beispiel in der alten Nicolaischule, wo einst Wagner die Schulbank drückte.

Oder das alte Rathaus der Stadt, wo heute noch jenes Notenpult zu sehen ist, das Mozart diente, als er hier ein Konzert gab. Natürlich kann man sich auch auf die Spuren des langjährigen legendären Thomas-Kantors Johann Sebastian Bach begeben, der mit der Stadt Leipzig nie so richtig warm wurde und dennoch heute wie kein zweiter Komponist mit ihr verbunden wird.

Erahnen lässt sich auf dieser Tour, welche Rolle Clara und Robert Schumann hier gespielt haben, nachdem sie endlich einen eigenen Hausstand gründen dürften:

"Und zwar in der Inselstraße, ein klassizistisches Gebäude, und hier in der ersten Etage, der Beletage, sind Clara und Robert Schumann, nachdem sie die Heiratseinwilligung vor Gericht erstritten hatten, eingezogen und haben dann ihre ersten vier Ehejahre hier verlebt. Und es war … der Gefühlsstau hat sich gelöst, bei Robert und bei Clara, man hört es, er hat vorher nur Klaviermusik gemacht und hat sich hingesetzt und zuerst die Frühlingssinfonie komponiert, ist damit zu Mendelsohn gegangen. Und der hat ihm noch ein wenig geholfen, dass es uraufgeführt wurde. Und man hört richtig, dass es losgeht, welches Glück dann in die Clara dann kommt, denn sie haben ja ganz viele Jahre darum kämpfen müssen und es ist eine ganz schwierige Beziehung gewesen."

Dies und andere Kuriositäten werden ab Mitte 2008 zu entdecken sein, auf der "Notenspur" in Leipzig.