Wichtige Helfer der Integration
Die Öffentlichkeit weiß nur wenig über muslimische Geistliche. Der Religionswissenschaftler Rauf Ceylan hat Imame in Deutschland befragt. Sein Ergebnis: Sie können zu gelungener Integration beitragen. Er warnt aber auch vor extremistischen Geistlichen.
In Deutschland gibt es mehr als 2000 muslimische Geistliche, auf Arabisch "Imame" und auf Türkisch "Hodschas" genannt, doch darüber, wie sie ihren Beruf ausüben, weiß die Öffentlichkeit wenig. Grund genug für den Religionswissenschaftler Rauf Ceylan, näher hinzuschauen. Das Buch basiert auf einer Studie, die Ceylan vor einigen Jahren durchgeführt und zu der er eine große Anzahl an Imamen vornehmlich im Ruhrgebiet befragt hat.
Eines macht Ceylan von Anfang an klar: Imamen kommt eine Schlüsselfunktion bei der Integration der hier lebenden Muslime zu, da sie einen großen Einfluss auf die muslimischen Gemeinden und deren Verhältnis zur Mehrheitsgesellschaft ausüben.
Doch Ceylan weist auch schnell auf die Problematik hin, auf die die meist aus dem Ausland nach Deutschland geholten Imame treffen: Sind sie es in ihren Heimatländern gewohnt, sich auf die klassischen Funktionen wie Gebet und Freitagspredigt zu beschränken, werden sie in Deutschland von einer Vielzahl anderer Aufgaben in Anspruch genommen, die sie überfordern. Seelsorge, Trauungen, Jugendarbeit, Mediationen und Beratung stehen dabei im Mittelpunkt.
Ceylan kritisiert das soziale und intellektuelle Gefälle der Geistlichen: Nicht alle unter ihnen hätten ein theologisches Studium abgeschlossen. Besonders heikel ist für ihn die Rolle der "Selfmade-Imame", also derjenigen, "die sich durch Selbststudium Kenntnisse über den Islam angeeignet haben". Und problematisch ist für ihn auch der Umstand, dass Imame von den Gemeinden meist aus dem Ausland geholt werden, um dann nach einigen Jahren wieder zurückzureisen. Die in Ceylans Augen notwendige Eingliederung in die deutsche Gesellschaft findet dadurch nicht statt.
Besonders weist der Autor auf die Gefahr der extremistischen Imame hin, die als "Hüter der Religion" das Interpretationsmonopol für den Islam für sich beanspruchten, indem sie Begriffe aus dem Koran umdefinierten und mit neuen, politischen Inhalten füllten. Ziel dieser Prediger sei es, die demokratischen Staaten in einen muslimischen Gottesstaat zu verwandeln. Einen Hoffnungsschimmer sieht der Religionswissenschaftler hingegen in jenen Imamen, die er intellektuell-offensiv nennt: Akademisch gebildet und mit einer offenen Einstellung zur nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft, stehen sie in diesem Buch als Prototypen für den Typus des muslimischen Geistlichen in Deutschland in naher Zukunft.
Ceylan belässt es in seinem Buch nicht bei der Analyse der Probleme. Er plädiert vielmehr für eine Fortbildung der Geistlichen in landeskundlichen Seminaren. Fernziel müsse aber die Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie in Deutschland sein. Vor dem Hintergrund der aktuellen Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Etablierung solcher Lehrstühle an deutschen Hochschulen ist Ceylans Buch ein wichtiger Beitrag.
Besprochen von Abdul-Ahmad Rashid
Rauf Ceylan: Die Prediger des Islam. Imame - wer sie sind und was sie wirklich wollen
Herder Verlag, Freiburg 2010
192 Seiten, 12,95 Euro
Eines macht Ceylan von Anfang an klar: Imamen kommt eine Schlüsselfunktion bei der Integration der hier lebenden Muslime zu, da sie einen großen Einfluss auf die muslimischen Gemeinden und deren Verhältnis zur Mehrheitsgesellschaft ausüben.
Doch Ceylan weist auch schnell auf die Problematik hin, auf die die meist aus dem Ausland nach Deutschland geholten Imame treffen: Sind sie es in ihren Heimatländern gewohnt, sich auf die klassischen Funktionen wie Gebet und Freitagspredigt zu beschränken, werden sie in Deutschland von einer Vielzahl anderer Aufgaben in Anspruch genommen, die sie überfordern. Seelsorge, Trauungen, Jugendarbeit, Mediationen und Beratung stehen dabei im Mittelpunkt.
Ceylan kritisiert das soziale und intellektuelle Gefälle der Geistlichen: Nicht alle unter ihnen hätten ein theologisches Studium abgeschlossen. Besonders heikel ist für ihn die Rolle der "Selfmade-Imame", also derjenigen, "die sich durch Selbststudium Kenntnisse über den Islam angeeignet haben". Und problematisch ist für ihn auch der Umstand, dass Imame von den Gemeinden meist aus dem Ausland geholt werden, um dann nach einigen Jahren wieder zurückzureisen. Die in Ceylans Augen notwendige Eingliederung in die deutsche Gesellschaft findet dadurch nicht statt.
Besonders weist der Autor auf die Gefahr der extremistischen Imame hin, die als "Hüter der Religion" das Interpretationsmonopol für den Islam für sich beanspruchten, indem sie Begriffe aus dem Koran umdefinierten und mit neuen, politischen Inhalten füllten. Ziel dieser Prediger sei es, die demokratischen Staaten in einen muslimischen Gottesstaat zu verwandeln. Einen Hoffnungsschimmer sieht der Religionswissenschaftler hingegen in jenen Imamen, die er intellektuell-offensiv nennt: Akademisch gebildet und mit einer offenen Einstellung zur nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft, stehen sie in diesem Buch als Prototypen für den Typus des muslimischen Geistlichen in Deutschland in naher Zukunft.
Ceylan belässt es in seinem Buch nicht bei der Analyse der Probleme. Er plädiert vielmehr für eine Fortbildung der Geistlichen in landeskundlichen Seminaren. Fernziel müsse aber die Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie in Deutschland sein. Vor dem Hintergrund der aktuellen Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Etablierung solcher Lehrstühle an deutschen Hochschulen ist Ceylans Buch ein wichtiger Beitrag.
Besprochen von Abdul-Ahmad Rashid
Rauf Ceylan: Die Prediger des Islam. Imame - wer sie sind und was sie wirklich wollen
Herder Verlag, Freiburg 2010
192 Seiten, 12,95 Euro