What's new Pussycat?

Von Rudolf Schmitz |
Im Dialog mit dem Grundbestand - wertvolle Stücke der Pop und Minimal Art - zeigt das Frankfurter Museum für Moderne Kunst, was es in den letzten Jahren Neues gesammelt hat. Neben Schätzen von Roy Lichtenstein und Andy Warhol sind ungewöhnliche Installationen und Raumsettings zu sehen.
Mit Speck fängt man Mäuse, und mit griffigen Titeln kriegt man die Menschen ins Museum. Nichts dagegen, solange die Substanz stimmt. Nach einer Serie von Sonderausstellungen zeigt jetzt das Frankfurter Museum für Moderne Kunst, was es seit dreieinhalb Jahren, also seit dem Amtsantritt von Udo Kittelmann, gesammelt hat. Und zwar im Dialog mit dem Grundbestand des Museums: der Sammlung Ströher mit ihren wertvollen Stücken der Pop Art und Minimal Art.

Und so präsentiert der Eingangssaal, geradezu respektlos übereinander geschichtet, die millionenschweren Schätze der Pop Art: Jasper Johns, Roy Lichtenstein, Andy Warhol, James Rosenquist, Robert Rauschenberg, Jim Dine. Hier dreht Udo Kittelmann so richtig auf:

" Es ist ein opulenter Auftakt, wie es ihn sicherlich in keinem Museum dieser Welt noch einmal gibt, er zeigt 20 Inkunabeln der jüngeren Kunstgeschichte. Man steht fast ehrfürchtig davor, aber gleichzeitig, durch diese Form der Präsentation, erhalten sie auch eine Frische, wie ich sie in den letzten Jahren kaum gesehen habe. Und sie sind letztlich die Inkunabeln, die den Maßstab bilden für die Arbeiten, die sich ansonsten im Haus zeigen, die viel jüngeren Ursprungs sind, und siehe da: Sie können mit den so genannten Inkunabeln sehr wohl mithalten. Also: Qualität gibt es immer, man muss nur diese Qualität finden und entsprechend präsentieren. "

Aber Udo Kittelmann wär' nicht Udo Kittelmann, hätte er nicht noch eine kleine Pointe eingebaut. Da sieht man, auf einem Sockel unter einem kleinen Glassturz, ein silbernes Auktionshämmerchen liegen. Eine neu erworbene Arbeit von Andreas Slominski, jenes Künstlers, der so verschwörerisch zu zwinkern versteht:

Kittelmann: " Es ist letztendlich auch ein ironischer Kommentar (...), dass die Kunst zunehmend, so meine Beobachtung, mit einer finanziellen Rendite gesehen wird, sprich: die Folgen, die die Kunst hat auf den Kunstmarkt und umgekehrt. "

Ein kleines Kunstwerk, aber eine treffsichere Pointe. Doch Udo Kittelmann belässt es nicht bei kleinen und dezenten Gesten. Manchmal wird’s auch monumental wie bei dem Video von Douglas Gordon, ebenfalls im Erdgeschoss. Da ist ein Elefant zu sehen, der sich offensichtlich in einem museumsartigen weißen Raum befindet, vorsichtig herumtapst und sich schließlich fallen lässt. Die Kamera umkreist ihn auf Erdbodenhöhe und sorgt für seltsame Schwindelgefühle.

Die Wucht dieses Videos zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Und es wirkt wie eine leitmovische Metapher für diese Ausstellung: Das Museum ist manchmal eine schwerfällige Maschine, aber es geht darum, diese Institution zum Tanzen zu bringen. Und dies mit der nötigen Überwältigungskraft zu inszenieren.

Kittelmann: " Es ist ja auch, was wir in den vergangenen drei Jahren gemacht haben, wiederum der Versuch, an der Idee des Museums zu arbeiten. Und diesmal eben mit dem Focus der eigenen Sammlung. Und daraus können wir ja auch nur als Museum unsere Kraft, unsere Energie für die zukünftigen Projekte schöpfen. Und die Sammlung ist sozusagen unser Archiv, unsere Bibliothek, unser Wissen und unser Gewissen."

Auch in dieser Präsentation der Neuerwerbungen wird deutlich, dass Udo Kittelmann keinen Aufwand scheut, um der Kunst ihre größtmögliche Wirkung zu sichern. Im ersten Stock wird die Malerei verhandelt, in einer Installation, die der Maler Günter Umberg besorgt hat. Da gibt es dann noch einmal Dialoge von alt und neu. Roy Lichtensteins schmachtendes Mädchen neben einer abstrakten Leinwand von Steven Parrino, die lediglich dekorative Faltungen zeigt. Andreas Slominskis durch Eierwürfe erzeugte Drippings neben einem monochromen Format von Günter Umberg.

Kittelmann: " Es ist ein Raum, in dem sich eine ganze Reihe von Arbeiten befinden. Zum Beispiel sehr berühmte Arbeiten von Gerhard Richter. Bilder, die sich sofort als Malerei ausmachen lassen, in traditionellem Sinne, und dann gibt es wieder Arbeiten, die Malerei nur noch zitieren, oder die nur noch eine Erinnerung an Malerei wecken. Und all das in einem relativ kleinen Raum und ich habe vorgestern gesagt zu einem meiner Kollegen: Es erscheint mir wie ein Labor, wie ein Malerei-Labor, wo man wunderbar sehen kann, was Künstler heute umtreibt. "

Ob Videos, Installationen oder Malerei: Viele der Neuerwerbungen haben kommentierenden Charakter und bedürfen der nötigen Hintergrundinformation. Das mag man als Manko sehen. Aber es ist auch eine Absichtserklärung des Frankfurter Museums: Die Kunst ist heute nicht nur das, was man sieht, sondern eben auch das, was man über sie erfährt, was sie als politisch sozialer Kontext umgibt. Dass Udo Kittelmann dabei trotzdem für sinnliche Opulenz sorgt, ist seine große und mitreißende Leistung.

Service:

Die Ausstellung "What's new Pussycat?" ist vom 19. März bis 31. Juli 2005 im Frankfurter Museum für Moderne Kunst zu sehen.

Link:

Museum für Moderne Kunst Frankfurt/Main
Anton Henning: Frankfurter Salon, 2005, Wandmalerei, Diverse Möbel, Verschiedene Gemälde von Anton Henning
Anton Henning: Frankfurter Salon, 2005, Wandmalerei, Diverse Möbel, Verschiedene Gemälde von Anton Henning© Dornbracht Installations Projects / Anton Henning