"Wetten auf das Wetter an den Börsen"

Peter Wippermann im Gespräch mit Gabi Wuttke · 12.04.2011
Das scheinbar triviale Thema Wetter ist von gesellschaftlicher Wichtigkeit, meint Trendforscher Peter Wippermann: Als Unterhaltungsangebot in den Medien habe das Wetter zum Beispiel "ungeheuere wirtschaftliche Bedeutung".
Gabi Wuttke: Was haben Hunde, Kinder und das Wetter gemein? – Immerzu wird darüber geredet. In geballter Form ab heute wieder in Hamburg beim Extremwetter-Kongress, bei dem auch Peter Wippermann teilnimmt. Er ist Professor im Fachbereich Kommunikationsdesign in Essen und gründete zusammen mit Mattias Horx in Hamburg vor fast 20 Jahren das Trendbüro. Guten Morgen, Herr Wippermann.

Peter Wippermann: Guten Morgen, Frau Wuttke.

Wuttke: Was macht ein Trendforscher auf einem Wetterkongress?

Wippermann: Er versucht, sozusagen die Blickrichtung zu ändern, und zwar nicht aus der Expertenposition der einzelnen Forscher im Klimabereich, sondern wie nimmt eigentlich die Bevölkerung das Thema an, und das Interessante daran ist, dass es eben ganz unterschiedliche Positionen gibt, wie man über Wetter redet.

Wuttke: Das heißt, Sie wollen sagen, Wetter ist kein Klassiker, sondern tatsächlich einem Trend unterworfen?

Wippermann: Erst einmal hat man früher über das Wetter vor allen Dingen in der Seefahrt und bei den Bauern geredet, heute ist es ein Unterhaltungsangebot vor allen Dingen im Fernsehen geworden.

Wuttke: Unterhaltungsangebot! Das wird aber das meteorologische Wetteramt in Offenbach nicht freuen, was Sie da sagen.

Wippermann: Na ja, das ist insofern interessant, dass wir natürlich über das Wetter reden können, jeder kann seine Meinung einbringen, man hat sofort ein gemeinsames Thema, das ist etwas, was enorm trivial ist, was aber eine ungeheuere wirtschaftliche Bedeutung zum Beispiel in den Medien hat.

Wuttke: Wie ist denn das überhaupt mit dem Reden über das Wetter? Es gibt ja dann die Optimisten, die sagen, schlechtes Wetter, zieh dich ordentlich an, der Pessimist, für den gibt es nie ordentliches Wetter. Ist die Kommunikation über das Wetter mal jenseits der Prognose auch etwas, wo wir ganz kurz kundtun, wie wir zum Leben stehen?

Wippermann: Das mit Sicherheit, aber vor allen Dingen verbindet uns eins, nämlich die Idee, dass man durch die Wetterprognose in die Zukunft schauen kann. Also man kann sich sozusagen - als Optimist oder als Pessimist - anders auf das Kommende einstellen, und das Interessante ist, je weiter das Wetter und die Beobachtung des Klimas liegen, desto eher grenzen wir eigentlich diese Informationen aus, und damit sind wir beim Extremwetter und beim Klimawandel.

Wuttke: Was verheißen Sie denn der Wettervorhersage für eine Zukunft?

Wippermann: Sie wird noch wichtiger werden. Man kann heute schon sehen, dass zum Beispiel das Einkaufsverhalten in den Supermärkten nach den Prognosen der Wetterforscher vorhergeplant wird. Schönes Wetter bedeutet mehr Waren in den Lägern und im Supermarkt, schlechtes Wetter weniger. Das hat eine ökonomische Bedeutung. Es gibt mittlerweile Wetten auf das Wetter an den Börsen, also Rückversicherungen, wenn es ein schöner oder ein schlechter Erntezyklus wird, und natürlich ist das ganz Entscheidende das Thema Klimawandel. Hier gibt es vor allen Dingen im Moment einen Verdrängungsprozess. Noch 2008 waren vier Prozent der Meinung, die Klimakatastrophe steht uns nicht ins Haus, mittlerweile sind es neun Prozent, die das leugnen oder verdrängen, und das ist etwas, was man gesellschaftlich sehr genau beobachten muss.

Wuttke: Wie erklären Sie die Verdrängung?

Wippermann: Die Finanzkrise ist einfach wichtiger. Immer das Nächstliegende wird stärker wahrgenommen als das, was in der Ferne sich aufbaut. Und die Meteorologen sind eben in der Lage, doch relativ konkret zu berechnen, dass eine Verhaltensänderung im Alltag notwendig ist. Und hier kann man sehen, in dem Moment, wo das emotional dargestellt wird, also wenn wir sehen, wie Gletscher abbrechen, wie Eisbären auf Schollen treiben, sind wir sofort beim Thema Klimawandel. Wenn wir aber im Konsum sind, wenn wir fliegen wollen, wenn wir mit dem Auto unterwegs sind, interessiert uns das Thema kaum.

Wuttke: Aber auf der anderen Seite müssen wir an vielen Tagen damit leben, dass das, was man uns am Abend gesagt hat, oder was wir vielleicht auch gerade noch im Internet nachgelesen haben, nämlich wie das Wetter am heutigen Tag wird, dann letztlich ganz anders aussieht in der Wirklichkeit. Würden Sie sehr gerne ein Wetterfrosch sein, oder benutzen Sie Ihren Vortrag beim Extremwetter-Kongress auch, um vielleicht den Meteorologen ein wenig Trost zu spenden, niemand ist perfekt?

Wippermann: Also ich glaube, dass die Meteorologen viel, viel besser geworden sind. Interessanterweise verkaufen sie ihre Informationen jetzt schon nach sehr engen lokalen Gebietsvorhersagen. Und man kann den Meteorologen eigentlich nur Mut machen, ihre Arbeit weiter voranzutreiben, und meine Empfehlung wäre auf jeden Fall, dass sie nicht den Personenkult so sehr zum Beispiel im Fernsehen nach vorne schieben sollen, sondern auch so ein bisschen die Zusammenhänge zeigen, was nach der Vorhersage von morgen und übermorgen einfach langfristig das Wetter für einen Einfluss auf unseren Alltag hat.

Wuttke: Den kleinen Hinweis, glaube ich, haben wir ohne Namensnennung verstanden. Vielen Dank! – Der Trendforscher Professor Peter Wippermann. Er ist Referent auf dem Extremwetter-Kongress, der von heute bis zum Donnerstag wieder in Hamburg stattfindet. Schönen Tag, Herr Wippermann.

Wippermann: Schönen Tag, Frau Wuttke.
Mehr zum Thema